Zehn Jahre Unbekannter S.A.-Mann

EINFÜHRUNG

 

            ZEHN JAHRE UNBEKANNTER S.A.-MANN Ist die Geschichte eines Nationalsozialistischen Freiheitskämpfer der "ersten" Kampfzeit. Sein Kampferleben ist uns Nationalsozialisten der "zweiten" Kampfzeit Vorbild und Mahnung sogleich.

            Dem der Nationalsozialismus ist nicht bloß eine "Ideologie". Er ist viel, viel mehr als Dogmen, als ein Parteiprogramm, als einige Lehrsätze, die man einfach auswendig lernen kann. Der Nationalsozialismus ist eine Weltanschauung, die einem die ganze Haltung und Wertordnung bestimmt.

            Der Hitlergeist, der in diesem Buche so lebensnah zum Ausdruck kommt, lebt nicht im Kopf, sondern im Herzen und in der Seele jedes wahren Nationalsozialisten. Er offenbart sich in seiner Kampf-, Opfer- und Elnsatzbereitschaft.

            Den inneren Wert eines jeden Nationalsozialisten entscheidet weder Rang noch Berühmtheit noch eimnal der Erfolg, sondern dieses pflichtbewußtsein, das sein ganzes Denken und Handeln bestimmt. Kurz gesagt: sein Hitlergeist.

 

Gerhard Lauck

den 30. Januar 1989 (100)

 

 

Herausgeber: NSDAP AUSLANDS- UND AUFBAUORGANISATION NSDAP/AO), PO Box 6414, Lincoln, NE 68506 USA

 

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EIN UNBEKANNTER S.A.-MANN

 

der mit Stolz das Abzeichen der alten Garde trägt, geht auf den folgenden Blättern in der Erinnerung noch einmal den Weg zurück, den er In der zehnjährigen Zugehörigkeit zur braunen Armee Adolf Hitlers Schritt um Schritt mit erkämpften half, bis in unsere Zelt, in der Nationalsozialismus und Staat eins geworden sind.

            Er schreibt aus seinem Gedächtnis, aus der überfülle der Gesichte, alles das nieder, was seine Teil Saatkorn und Baustein zum Dritten

Reiche wurde.

            So, wie er als unbekannter Soldat der deutschen Freiheitsbewegung, In den Sturmabteilungen der nationalen Revolution, es in ihren vordersten Linien erleben durfte, so und nicht anders hat er bis heute seinem Führer, seiner Idee und seinem Vaterlande die Treue aus den Schützengräben des Weltkrieges weiter gehalten.

            Mag dieser Weg, den er als einfacher S.A.-Mann marschierte und gehen wird, solange es der Führer befiehlt und Deutschland seiner bedarf, auch noch so schwer gewesen sein, und mag vielleicht noch Schwereres von ihm gefordert werden, das Bewußtsein der Pflichterfüllung Ist der Ehrenschild des S.A.-Mannes.

            Diesen Schild trägt er fleckenlos, wie es sein oberster S.A.-Führer von Ihm erwartet hat.

            Dem Führer die Treue!

            Dem Vaterlande das ganze Sein!

 

Dem Buche zum Geleit und dem unbekannten S.A.-Mann zum Dank für das erste Miterleben seiner Erinnerungen, schrieb der Bearbeiter dieses

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VORSTÜCK

 

Kameraden, die Rotfront und Reaktion erschossen. Marschieren im Geist In unsern Reihen mit."

 

            Heute singen das Lied Millionen. Es Ist die zweite Nationalhymne des neuen Deutschlands geworden. Tausende mögen es sein, deren Stimmen aus einem Lautsprecher zu mir herüberdringen. Wie viele waren wohl damals mit dabei?

 

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Damals!

            Manchmal will ich es kaum glauben, daß Jahre zwischen dem Heute Und dem damals liegen. In all diesen Jahren war jeder Tag, dort der Herrgott werden ließ, ein Tag des Kampfes.

So und so!

Und so- und sooft!

            Doch immer wieder war es ein Tag, von denen ich keinen heute aus meiner Erinnerung steichen möchte. Erst recht nicht die bitteren, in denen-Sorge und Entbehrungen den Löffelstief hielten, und jene, in denen ein kaum aufgeglommener Dunkel der Hoffnung wieder in dem trüben Grau des Harrens auf das Morgen zerfloß.

 

Die Straße frei dort braunen Bataillonen!

Die Straße frei dem Sturm-Abteilungsmann ...."

 

            Wie lange hat das jeweils gedauert? Ein paar Wochen höchstens, und ein neues Verbot machte uns wieder zur unsichtbaren braunen Front!

            Die Hemden, Hosen und was sonst noch Staatsgefährlich war, Frist man uns vom Leibe, und eine Freifuhre nach IA auf dem Alex, mit allen Schikanen neudeutscher "Schutz"polizef-Umgangsformen, ließ uns dort Unterschied zwischen Ideal und Wirklichkeit meistens handgreiflich bewußt werden.

 

Zum letzten Mai wird Sturmalarm geblasen!

Zum Kämpfe stehn wir alle schon bereit ....

 

            Der Herrgott allein wird gezählt haben, wie oft das der Fall war!

            Denn das Reich sollte unser werden:

            Weil Deutschland leben mußte, auch wenn wir es nicht mehr erleben sollten: das Dritte Reich!

            Wie mein Kamerad und Sturmführer Hanns Eberhard Maikowski. Er wurde in dort ersten Strahlen des Morgenrots der Freiheit zur TotenStandarte Horst Wessels abberufen.

            Er war noch mit durch das Brandenburger Tor marschiert, er hatte noch dort Führer des neuen Deutschlands als Reichskanzler gesehen und seinen gehaßten und gefürchteten "Mord"sturm 33-nach Charlottenburg zurückgeführt, als ihm zum letzten Male Sturmalarm geblasen wurde.

            Er wird der erste gewesen sein, der Horst Wessel Meldung machte,

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das "der Tag für Freiheit und für Brot" angebrochen war!

Hanns Maikowski, dein Sturm 33 steht noch hinter dir, und du gehst ihm noch voran!

            "Achtung!", kommt es aus dem Lautsprecher.

            Das reißt mich aus meinem Sinnen hoch. Ich erhebe die Hand. Singen kann Ich nicht. Die Worte wollen nicht über meine Lippen.

 

Die Fahne hoch, die Reihen dicht geschlossen! SA. marschiert mit ruhig festem Schritt ...."

 

            Ich sehe in mich hinein und schaue jene Tage wieder, an denen !ich und die wenigen andern mit dir den rötesten Teufel aus dem damals noch knallroten Berlin geholt hätten, Horst Wessel, mein Kamerad vom Sturm 1.

            Was waren wir doch für ein verlorener und verfemter Haufen!

            Wenn die jüdische-marxistische, mehr oder weniger, Intelligenz unsere Stammrollen auszuschreiben gehabt hätte, diese Herrschaften vom "Nie wieder Krieg!", diese Internationalisten, Pazifisten, "Menschenrechtler", "Freunde der Sowjetunion", Radikaldemokraten und Patenrepublikaner, sie hätten uns, das für sie viel, für uns noch weniger als nichts sagende Wort: "Staatsverbrecher" schriftlich gegeben. Sicher hätten sie das Wort "Staat" noch weggelassen, wie sie es in der Praxis ja auch handhabten und uns als Verbrecher durch dort gesamten, damals noch dementsprechenden, Blätterwald geschleift.

            Weil sie die zwingende Gewalt deiner Persönlichkeit kannten, weil diesen Tinten niemals das Geheimnis des Arbeiters der Stirn und der Faust dämmerte, weil sie nicht anders an dich konnten, deshalb warst du ihnen ein "Zuhälter"!

            Denn das war ja ihr Milieu!

            Diese Verteidiger der "Gannovenehre", denen der "Unterwelt"-Abschaum der Menschheit von Film, Theater und Schlagerfabrikation als Paprika ihres "geistigen" Nahrungs- und "Unterhaltungs"bedürfnisses - je faustdicker, desto lieber! - am laufenden Bande geliefert und mit asiatischer Gier geschmatzt wurde!

            Diese Verherrlicher und Propagandisten eines "Dirnen"ideals, das ihnen die deutschen Mädchen als seelisch waidwundes Freiwild für Ihre orientalisch-erotischen Orgien auslieferte, diese moralisch minderwertige Meute warf sich als Richter über dich und uns auf!

            Der Teufel soll mich reiten, Horst Wessel, wenn in dort langen und

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gehetzten Tagen und Nächten, in denen ich mit dir um die Wiedergeburt der deutschen Menschen kämpfte, bei mir nur für dort Bruchteil einer Sekunde ein Zweifel an deinem reinen Wollen aufgestiegen wäre! Und was du lehrtest, lebtest du, Horst Wessel!

Heute stehst du auf ragendem Sockel.

            Soweit die deutsche Zunge klingt, zieht dein Lied als wehendes Banner der Hoffnung und des Zukunftsglaubens durch Millionen von Herzen und Hirnen! Denn:

 

...Nun flattern Hitlerfahnen über allen Straßen...I"

 

Siehst auch du sie, Herbert Gatschke?

            Als du auf dem Heimwege von kommunistischen Mordgesindel niedergeknallt wurdest, und wenige Stunden später für immer eine Lücke in unsere Reihen gerissen war, wird sie de in brechendes Auge in verklärtem Glanz geschaut haben, und hinter ihnen her reihtest du dich ein in die Standarte Horst Wessels.

            Trupp um Trupp marschieren die Schattengeister an meiner Erinnerung vorüber, während der Lautsprecher drüben, wie in ehrfürchtiger Andacht, schweigt.

Jetzt winkt mir einer zu!

Nun erkenne !ich ihn.

Es ist Vater Gemeinder aus meiner Frankfurter Zeit.

            Damals einer unter wenigen. Heute weiß jedes Kind in Hessen, wer Peter Gemeinder war. Wie er in zähem und unverdrossenem Kämpfe um Rhein, Main und Neckar seinem ganzen und kerndeutschen Mann stellte, das ist längst in die Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Heimat eingegangen.

Sieg-Heil, Peter Gemeinder!

            Die Bäume am Rande des Bürgersteiges rauschen leise, als ob sie sich durch die Stille der Nacht zuflüsterten, wie oft wir mit geballten Fäusten das Lied meines Sturmkameraden singen mußten:

 

"Die Fahne hoch! Die Reihen dicht geschlossen!..."

 

HEIMKEHR AUS DEM FELDE

 

Vierundeinviertel Jahr hatte ich an der Front gekämpft. Dann kam die Revolte und das Ende.

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            Mit dort Hunderttausenden meiner Kameraden marschierte auch ich in die Heimat zurück, für die wir Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr für Jahr mit dem Tode auf du und du gestanden hatten.

            Und das war unser Heimat:

            Zusammengelaufene Haufen mit roten Fetzen und Armbinden zogen johlend durch die Straßen. Kam ihnen einer entgegen, der an seiner Schützengrabenkluft noch ein Rangabzeichen trug, und waren diese Marodeure in vielfacher überzahl, dann rissen sie ihm Kokarden und Achselstücke herunter.

            Ungezählte, die das nicht widerstandslos mit sich geschehen ließen, mußten dieses Banditengebahren noch in der Heimat mit dem Tode oder als Krüppel von ihren eigenen Volksgenossen büßen.

            überall hatten sie Schilder und Plakate angebracht mit hochtrabenden Zukunftsversprechungen, wie: "Friede, Freiheit, Brot! Kommt in unsere Versammlungen! Ihr sollt ein Leben in Schönheit und Würde haben!"

            Mit der Zelt erregten die Aufzüge und Aufschriften nicht einmal mehr meine Neugierde. Denn ich hatte mir sehr genau diese Herrschaften angesehen, die da die Bannerträger der neuen Freiheit sein wollten. Die lautesten und die ersten vorneweg, waren immer die gleichen Menschen, mit dem gleichen Gesichtsausdruck. Das war jene Sort, die Parole ausgab: "Es ist alles gleich, was Menschenantlitz trägt!"

            Dahinter kam'meist eine Masse ernst dreinblickender Männer, deren Gesichtszüge die vier Jahre hart herausgemeißelt hatten. später fiel mir immer mehr auf, daß sie weniger und weniger wurden, und daß sie schließlich ganz fehlten.

            Das gab mir zu denken! Ich legte mir in stillen Stunden häufig die Frage vor: "Wo waren meine Frontkameraden hingekommen? Hatten sie sich restlos diesen Aposteln der Internationalen verschrieben oder begann ihnen schon zu dämmern, daß dieses laute Getue nur leere Phrasen bemänteln sollte?"

            Ich ging wieder meiner alten Zivilbeschäftigung nach und arbeitete mit dem besten Einsatz meines Könnens, wie viele andere um mich. In meiner freien Zeit suchte Ich die Gesellschaft irgendwelcher Menschen und horchte hier und dort herum.

            So stand ich denn eines Tages In einer roten Versammlung. Dom Redner war keine Brot- oder Fleischkarte oder gar "Heldenfett" anzusehen. Sein Umfang war sehr gewichtig, und was er redete, sollte ebenso klingen. gewiß hörte sich zwischen dem vielen Geschwafel manches ganz brauchbar an. Aber der Köder, auf dort alles so und sooft

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hinauslief, hieß natürlich: "Proletarier aller Länder vereinigt euch! Für euch Arbeiter fängt nun ein schöneres Leben an! In Palästen sollt Ihr wohnen! Das Lohnsklaventum Ist endgültig aus!", und wie die Sirengesänge sonst noch lockten.

            Beifall donnerte bei jedem derartigen Himmel auf Erden durch den Saal. Wem sollte es auch nicht recht sein, wem seine Kinder es einmal besser hatten, als es Ihm ergangen war? Und wem von uns stand der Sinn nach vier Jahren Frontdienst nicht nach Ruhe und einem sorgenfreien Leben, was ja der Bank des Vaterlandes sein sollte?

            Ich sah viele ältere Arbeiter zustimmend klatschen. Doch bis zu einer Verbrüderung schien mir noch ein weiter Weg.

            Der andere erwies sich sehr bald als kürzer. Denn die Versammlung hatte noch nicht ihr Ende erreicht, und schon prallten gegenteilige Meinungen im weitesten Umfange handgreiflich aufeinander. Viele, trotzalledem noch national denkende, Arbeiter glaubten nicht, daß diejenigen, gegen die man eben noch mit der Waffe in der Hand gestanden hatte, nun plötzlich ließ Freund und Bruder sein sollten.

            Aus dieser, wie aus so vielen vorhergegangenen, Versammlung ging ich gleichfalls mit leerem Herzen heim. Nichts, was in die Zukunft weisen konnte, hatte mich aufgerichtet.

            Doch dauernd mußte Ich an diese Menschen denken, die nun das gleiche Parteibuch besaßen, das sie international verbrüdern sollte, und die sich bei dem leisesten Anlaß im eigenen Hause In die Wolle gerieten. Um wessentwillen haderten diese Volksgenossen eigentlich mit- und gegeneinander?

            Von da ab blieb Ich wieder allen Küchen, in denen politischer Brei umgerührt und marxistischer Kohl aufgewärmt wurde, fern. Wohin man blickte, und wohin man sein Ohr richtete, nichts als Rot, In allen möglichen und den unmöglichsten Schattierungen! Bis in die damalige "Mitte" hinein.

            Um diese Zeit fand eine Stadtverordnetenwahl statt. Wem aus dem vielversprechenden Haufen sollte Ich meine Stimme geben?

            Sozialdemokrat war ich nicht und wollte es auch nie werden. Dieser Internationalismus ging mir gegen den Strich, den Ich von Hause aus gewöhnt war,

            Deutschnational? Ja, wo waren die Herrschaften, und was taten sie für das Volk? Nein, auch das konnte nicht mein Fall sein.

            Wenn es eine Partei gäbe, die beides vereinte, Nationalismus und Sozialismus! Dieser Gedanke hing mir in den Gehirndrähten!

            Ich sprach mit meiner Frau darüber, die natürlich, wie alle Frauen

 

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damals, vollkommen unpolitisch war. "Wenn das die richtige Mischung ist, meinte sie, dann wird sie schon noch einer herausfinden."

            "Schon noch?" Mir jedoch war jeder Tag, als ob er für Deutschland nutzlos gewesen sehen.

            So blieb Ich der Wahl fern, um mir hinterher lange den Vorwurf der Feigheit zu machen. Es war mir eben ergangen wie Bileams Esel, der zwischen zwei Heuhaufen nicht wußte, von welchem er fressen sollte.

 

DIE FRANZOSEN IN FRANKFURT

 

            Die Besetzung Frankfurts gehört als ein starker Anstoß mit zu dem Emporkeimen unserer Bewegung. Denn dieser, jedes Völkerrechts verhöhende Wilikürakt lieferte uns Material, wie man es beweiskräftiger nicht haben konnte, um der Bevölkerung zu zeigen, was die anderen unter "Verbrüderung" verstanden.

            Dem International sein gehörte in diesem Nachkriegsdeutschland zum guten politischen Ton. eine gewisse Presse triefte nur so von Völkerversöhnung, von allgemeiner Verbrüderung. Wenn man diese pazifistischen Heilslehren las, dann lag es nur an uns Deutschen, daß sich Europa noch nicht In den Armen lag und sich den Bruderkuß gab.

            Nein, noch mehr! alle Völker der Erde, weil ja alles gleich sein sollte, was Menschenantlitz trägt, warteten geradezu mit Ungeduld darauf, uns in ihre Arme zu schließen.

            Alles Reden dagegen half nichts. Fast verzweifeln wollte Ich manchmal, wenn Ich merkte, wie es nicht gelingen wollte, meinen Landsleuten diesen Wahnsinn auszureden!

            Die wenigen, die nicht in diesem internationalen Seichtwasser segelten, verloren sich In dem lauten Lärm der Marktschreier, die ihnen die Erlösungsmedikamente nach dem Rezept jenes Karl Marx einflößten. Es hörte sich so schön an, und man versprach ja so viel! Warum sollte sich dieses Völkerparadies nicht wahr machen lassen?

Da kamen schon die ersten Friedensboten an!

            Mitten hinein In dieses "Leben in Schönheit und Würde" schallt eines Tages Negermusik. Tanks dröhnten heran, aus deren Sehschlitzen schwarze und andersfarbige Gesichter grinsen. Marschtritte hallen durch die Straßen der Stadt. Hotels und Privatquartiere werden bezogen. Patrouillen mit aufgepflanzten Seitengewehren gehen überall auf und ab.

            Nach 9 Uhr abends darf niemand mehr die Straße betreten. eine

 

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lange Liste von Strafen vervollständigte die Unmenge der Verbote. Wie ein Hagelschauer trommelte das über die Bevölkerung der Stadt nieder, die noch eben von einem ewigen Frieden geträumt hatte. Bestürzt fragten sich alle, wozu dieses militärische Aufgebot eigentlich sein sollte. Der Feind im Lande, und wir waren doch bereit, die unerhörten Forderungen unter den größten Opfern zu erfüllen, die uns die Entente zudiktiert hatte?!

            Wozu so waffenstarrend, da wir doch alle Waffen abgeliefert hatten, da wir wehrlos waren?!

            Und dann noch die Franzosen, diese Musterknaben an Edelmut?! bis blieb diesen beschwatzten Menschen Unverständlich.

            Aber das eine Gute war erreicht, sie waren aufgewacht! Was monatelanges Reden nicht vermocht hätte, ergab sich nun von selbst. Man lehnte uns Nationalisten nicht mehr rundweg als Hetzer ab. Man begann uns zuzuhören, man fragte uns, man glaubte uns plötzlich.

            Der Boden was aufgebrochen!

            Hier müßte gesäet werden!

            Ich versäumte Tage und Stunden im Geschäft und war mehr auf der Straße als im Büro. Wo die Menschen am dichtesten standen, gesellte ich mich dazu. Hatte man mich früher verlacht und als einen verächtlich gemacht, der "die Nase noch nicht voll genug hatte von der Massenschlächterei", so konnte ich mit einmal und immer mehr Zustimmung hören.

            wie ein Rausch kam es über mich. alle Nationalisten in unserem Bekanntenkreis mußten überallhin mit, um zu reden, zu überzeugen, zu bekehren. Gerade jetzt, mit diesem Beispiel als Helfer! Ein Beispiel, das bei allen denen zeitlebens haften geblieben ist, die man damals erfassen, denen man es klar hatte machen können! Viele von !ihnen sind mit die ersten in unserer Bewegung gewesen und die treuesten.

            In der alten Hauptwache im Stadtinnern hatte sich die "Sanktions"armee eingenistet. Neger, mit Gewehr bei Fuß, bewachten ihren weißen Generalstab. Das lockte ganz von selbst eine grosse Menge Neugieriger an.

            Als sich der Kreis der Männer, Frauen und Kinder, die sich die exotischen Gäste aus der Nähe betrachten wollten, verdichtete, wurde das als "bedrohliche Haltung" aufgefaßt und ohne Warnung in dort Menschenknäuel gefeuert.

            Meine Frau und Ich kamen gerade auf der gegenüberliegenden Straßenseite näher. Eine Schwerverletzte wurde an uns vorübergetra-

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gen. Ein Sturm der Empörung machte sich Luft. alle Vorsicht außer Acht lassend, rückte man wie eine Mauer gegen die Hauptwache vor. Aber schon hatte sich der Stab in ein Auto retiriert und jagte in rasender führt davon.

            diese Gelegenheit nahm Ich wahr, um an dem Augenschein auf dort Wahnsinn einer Internationalen Verbrüderung hinzuweisen. während wir so in eifriger Unterhaltung vor einem Hauseingang standen, rief es: "sie kommen zurück!" Aus der Ferne tönte bereits Negermusik heran.

            ein einzelner Alpenjäger naht auf einem Rad. Einer springt aus der Menge heraus, ruft etwas, was in der allgemeinen Erregung unverständlich bleibt, der Franzose stürzt vom Rade und verliert seine Schußwaffe. Der Arbeiter reißt dort Karabiner an sich und läßt ihn niedersausen. Wir hatten versucht, Ihn zurückzuhalten, aber es war in Sekunden geschehen.

            Kaum hatten wir uns in den Flur verzogen, wo ich ihm seine verstauchte Hand verband, da donnerten auch schon die Tanks auf der Straße. Ich machte dem Manne Vorwürfe über sein unüberlegtes Tun und mußte als Antwort hören, daß er in französischer Kriegsgefangenschaft Mißhandelt und bespuckt worden war. Als Gefangener habe er sich nicht wehren können. Aber beim Anblick des herausfordernden Auftretens dieser Soldateska habe Ihn eine heiße Blutwelle überfüllt, der er nicht Herr werden konnte.

            Wir nahmen dort Unbekannten zwischen uns und schafften ihn schleunigst aus der Gefahrenzone, so daß ihn die nachgerückten Franzosen, trotz eifrigens Suchens, nicht mehr greifen konnten. Am Nachmittag verhafteten sie dafür einen anderen, den wir jedoch durch unsere Zeugenaussagen als unbeteiligt aus der Haft befreien konnten.

 

 

            Die Besetzung hatte zwar nur etwas über einen Monat gedauert, aber in der Erinnerung der Bewohner Frankfurts haftete sie fest. Die Journaille möchte noch so schön färben und Wortkunststückchen zwischen ihren Zeilen aufführen, daß uns unsere eben noch Feinde mit offenen Armen aufnehmen würden, wenn wir nur unseren guten Willen zeigten, der Einzug und der Aufenthalt der Franzosen war ein stummer, doch beredter Belastungszeuge gegen sie.

            Noch eigenes fällt mir da ein. Es hatte wieder einmal eine Gruppe Menschen sich zusammenfunden, die es zu Hause nicht litt, die sich das Treiben des Feindes ansehen wollten. Platzt ein junger Mann mit der Behauptung heraus, in einer französischen Zeitung habe gestanden, die "Festung" Hochstadt, ein Städtchen bei Frankfurt, so! im Sturm genommen worden. Allgemeines Gelächter ob dieses stürmischen

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Erfolges des "Schangels". Denn es warf ein Schlaglicht auf unsere ehemaligen Schützengrabennachbarn. "im Sturm nehmen, aber auch im Sturm wieder abhauen", sagten ein paar Umstehende und waren nur um so verbissener bei dem, was ich ihnen vorzustellen versuchte. bei dieser mündlichen Propaganda versäumte ich einen ganzen Arbeitstag, ohne die etwaigen Folgen zu bedenken, die main Fernbleiben für meine Familie haben konnte. Und ähnlich werbend verbrachte ich dem später noch manche Arbeitsstunde statt im Büro auf der Straße.

            Ach Ja, das möchte ich doch auch noch erzählen! Wir wollten in der Mittagspause Besorgungen machen. Meine Frau holte mich vor der Bank ab. Wir sind kaum ein paar Schritt gegangen, da kommt ein französischer Offizier auf mich und fragt, ohne vorher zu grüßen, auf deutsch, "wie weit es bis Homburg vor der Höhe sei?"

            Wir Süddeutschen sind impulsiv, und mich juckt gerade das Fell. Da mich der Blaue außerdem auf deutsch gefragt hatte, mußte ich ihm doch auch eine deutsche Antwort geben:

            "Nach Homburg sind es ungefähr drei Stundm, main Herr. Aber wenn sie laufen, wie anno vierzehn, dann schaffen sie es in einer Stunde!" Ich hatte es doch in den Augusttagen gesehen, damals!

            Doch vor den wildrollenden Augen des "Herrn Monsieur" machte ich vorsichtigerweise kehrt in die nächste Toreinfahrt. Ich hatte Glück und gelangte in die Parallelstraße, die dem Fremdling Ja nicht bekannt sein konnte.

Hoffentlich ist er noch nach Homburg gekommen!

            Als ich meine Frau auf Umwegen wieder traf, schien sie mit etwas bleicher als sonst. Aber die Fraude, daß ich heil aus der Affäre geschlüpft war, ließ ihre Wangen schnell wieder rot werden.

 

WIE ICH NATIONALSOZIALIST Würde

 

            Nationalist sein, zu dieser Zeit, brachte mich, wenn ich allein war, immer wieder in Zwiespalt mit mir selber. Man sah auf Schritt und Tritt das Elend, das der Krieg verursacht hatte, und man sah auch, daß ernstlich nicht viel getan wurde, um den übeln abzuhelfen.

            Sozial sein können, wie es das Gefühl wollte und trotzdem national bleiben, das müßte ein schoner Zusammenklang sein! das ging und wollte mit nicht aus dem Sinn!

            Aus einen solchen Brüten nach Wegen, die zu dem Ziel meiner Sehnsucht führen könnten, weckte mich ein Brief meiner Frau, die auf der

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Durchreise nach der Sommerfrische einen Mann mit Namen Streicher hatte reden hören. Der hätte nach ihrer Meinung das ausgesprochen , worüber ich mir ständig Gedanken machte. Wenn ich selbst bestätigt haben wollte, daß mains Hoffnung auf ein anderes Regime sich verwirklichen lasse, dans sollte ich nachkommen. Der Mann nenne sich Nationalsozialist.

"Ist das nicht, was du immer meinst?" Schoß der Brief.

            M einem Samstag fuhr (ich nach Bayern, un es mit bestätigen zu lassen. Nicht ein Wort von Streichers Rede entging mit. Am liebsten hätte (ich (ihm zum Schlusse seiner Ausführungen die Hand gedrückt. Denn nun hatte ich ja wieder einen Glauben und eine Hoffnung auf eine Wende der Dinge!

            Ein Mann hatte den Mut, zu sagen, wie es in Wirklichkeit um uns stand. Und dieser Mann mahnte seine Zuhörer: "Deutschland kam und wird nicht untergehen, wenn ihr es nur wollt! Wem ihr tätig mithelft, unser gedemütigtes Vaterland wieder aufzurichten!"

            Mit Herz und Hand wollte ich!

            In dem Zuge nach Frankfurt zurück sprach man mit einmal, so schien es mit nun, lauter belangloses Zeug. In mir wühlte und bohrte es. Wenn ich eine Rede hätte halten können, um diese Lauen und Gleichgültigen aus ihrem Dämmerschlaf aufzurütteln! Aber leider hat das Schicksal vergessen, mit eine gute Sprechmaschine in die Wiege zu legen.

            Endlich kam die erste Sendung an. Dom ich hatte meiner Frau auf die Seele gebunden, alle nur erreichbaren Schriften und Zeitungen dieser Nationalsozialisten zu kaufen und mir zu schicken. Ich brannte darauf, mich zu vergewissern, ob alles so war, wie der Anfang verheiBen hatte.

            Jetzt fing auch in meiner Heimatstadt die Bewegung an, festeren Fuß zu fassen. Ein paar Männer nur und einige beherzte Frauen fanden sich in einem kleinen ungeheizten Zimmer ein, um einem Manne zu lauschen, dessen Ausführungen, an den heutigen Rednern unserer Bewegung gemessen, blutige Stümperei war. Aber was schadet das! Er sprach etwas aus, was wir alle fühlten: es muß gehandelt werden!

            Monate angestrengter Arbeit vergingen. Wieviel Nächte haben wir uns damals um die Ohren geschlagen! Jeder einzelne mußte ran und tat es willig. Auch mains Familie stand im Dienste der Bewegung.

            Wir feierten bescheidene Feste. Dem nur so konnte man vorläufig Menschen heranholen, um ihnen von unserer neuen Idee zu erzählen.

            Was war das doch für ein mühsamer Weg! Schritt um Schritt arbeite-

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tan wir uns voran. Wenn es uns allen auch zu langsam ging so klagte doch niemand. Wir hatten den unbeugsamen Willen und Zuversicht. Weshalb sollte es dann nicht werden?!

            An meiner Arbeitsstätte waren wir inzwischen ein Trio geworden. Ein ständiger Meinungsaustausch ging von Pult zu Pult. Wem wir in den Freizeiten, mal der, mal jener loslegten, so empfanden es die sonstigen Zuhörer allmählich als etwas ganz Selbstverständliches.

            Nach solchen "Festen" fanden sich gewöhnlich zu der nächsten Versammlung einige neue Gesichter ein. Aber dort rechten Bekennermut brachen nur wenige auf. Weil sie innerlich zermürbt waren, Weil alles dahinlebte, als ob nach uns die Sintflut kommen würde, hielten sie jade Aussicht auf Kämpfenmüssen von sich fern.

            Jemand zu überzeugen, war damals eine Sisyphusarbeit! Wir drängten keinen und nie. ging sich nicht freiwillig zu uns bekannte, war doch nur ein welker Ast an unserem jungen Baum.

            Wir hatten den Glauben und die sichere Hoffnung, daß sie eines Tages doch noch kommen würden.

Weil sie kommen mußten!

 

DIE ERSTE FEUERPROBE

 

            Wir arbeiteten, wurden größer und zäher. Man mußte sich mit uns wenigen schon in der öffentlichkeit beschäftigen. So lud man uns mit ein. Gäste, dachte man wohl, müssen sich hübsch artig und still verhalten. Man vergaß dabei aber, daß wir aus anderem Hölz geschnitzt waren. Daß unsere Aufgabe von uns nicht als erschöpft angesehen wurde, wenn wir reden gehalten hatten. Wir wollten unsere Volksgenossen wachrütteln, ihnen die Gleichgültigkeit aus den Hirnen schütteln!

            Eine Vorschrift für jeden Fall gab es zur Erreichung dieses Zieles nicht. Das konnte nur der jeweilige Augenblick bestimmen. Ein einziger, der für unsere ldee gewonnen wurde, war Lohn genug fil unser Mühen. möchten die anderen über unsere Methoden denken, wie sie wollten!

            im "Zoologischen" sollte eine Versammlung steigen, zu der "alle Nationalgesinnten Frankfurts" eingeladen waren. Dazu rechneten wir uns selbstredend auch. Also hin! Vielleicht ließ sich dort die Werbetrommel für Adolf Hitler rühren. Einen solch größen Saal konnten wir kleines Häuflein uns nicht leisten. Und erst wäre es damals eine Unmöglichkeit für uns gewesen, ihn zu füllen.

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            Die Versammlung glich in ihrem Verlauf allen anderen. Für den Kehrreim: "Hakenkreuz am Stahlhelm..." hatten wir schon unsere eigene Fassung: "Hakenkreuz am Stahlhelm, blutig rotes Band, Sturm-Abteilung Hitler werden wir genannt."

            Mit vereinten Jungen wurde das von unseren Aktivisten von der Galerie, wo wir Postten bezogen hatten, in den Saal hinuntergeschmettert. Und verfehlte seine Wirkung nicht.

            Ein Herr des Vorstandes bemühte sich mit fliegenden "Schwalbenschwänzen" zu uns auf den Olymp. Er drang mit aufgeregten Gebärden und mit gewölbter Brust auf uns ein, während er es für nötig erachtete, uns zur Ruhe zu mahnen.

            Dann platzte er mit der Frage nach dem "Vorstand dieses Vereins" heraus. Worauf ihm main Kamerad, ein stämmiger Metzgergeselle, die schlagfertige Antwort gab: "Dar ist in München und heißt Adolf Hitler! Sie haben doch sicher gehört, wie wir schon dauernd seinen Namen gesungen haben."

            Der Herr trat einen strategischen Rückzug an. Die Musik setzte ein, und wir sangen wieder, nunmehr um ein paar Lungenzüge Kräftiger, unseren Text: "...Hitlers Geist im Herzen, kann nicht untergehn. Sturm-Abteilung Hitler ist im Auferstehn!"

            Das bewirkte, daß der Vorstand dieses Vereins jetzt eine Abordnung von zwei Mann zu uns auf den Olymp entsandte. Der Umfangreichere aus dieser Deputation straffte seine mutgeschwellte Hemdbrust und hub erneut also zu mahnen an: "Meine Herren, Sie sind doch hier Gäste bei uns. Wenn Sie sich nicht ruhiger verhalten, werde Ich von meinem Hausrecht Gebrauch machen und Sie zwangsweise entfernen lassen. Bilden Sie sich nicht ein, daß wir Angst haben. Auch vor Arbeitern nichts"

            Sprachs, und die beiden machten kurz auf der Hinterhand kehrt. Sie möchten noch nicht auf der Treppe sein, da ging im Saale unten ein wildes Schreien, drängen und Gewürge los. Ein KPD.-Rollkommando war gewaltsam eingedrungen.

            ging eben noch als Vorstand sich auf dem Podium gefühlt hatte, im Handumdrehen waren diese Würdenträger unsichtbar, und im Saale gähnte eine Leere.

            Dafür aber warm meine Kameraden, eben noch "unerwünschte Gäste", im Marsch-marsch die Treppe hinabgestürmt, und schon war eine anständige Keilerei im Schwunge. Um die Sache noch etwas zu verdeutlichen, kam noch verschiedenes Gutes von der Galerei herab.

            als die Abrechnung schon beendet war, erschien ein überfallkom-

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mando, das einen Bericht der ersten "Saalschlacht" mit den uns später so "liebgewordenen" Moskauer Fremdenlegionären "dienstlich" zur Kenntnis nahm.

            Die überzahl der Versammlungsteilnehmer hatte längst den zweiten Teil der Tapferkelt erwählt. Wir auf der einen Seite, die Marxisten auf der anderen, verließen zwar gerupft, aber ungeschlagen die Stätte unseres ersten Großkampfes und gingen auf Schleich- und Umwegen heimwärts.

            Am nächsten Morgen las man: "Wir hatten gestern abend im Saale des Zoologischen Gartens eine gut besuchte Versammlung, zu der auch die Nationalsozialisten eingeladen waren. Die Veranstaltung kann als gelungen bezeichnet werden und verlief in vollstem Einvernehmen, bis plötzlich Kommunisten in den Saal eindrangen. Nur dem unerschrockenen Eingreifen der jungen, tapferen Nationalsozialisten ist es zu verdanken, daß Manschenleben nicht zu beklagen sind."

            Nun wußte man in Frankfurt über uns Bescheid!

            Einige neue Mitgleider waren der Erfolg dieses Versammlungsbesuches, und wir wurden bekannter. Gelacht haben wir natürlich später noch manchmal über diesen Abend.

 

EIN SEPARATISTEN-HÄUPTLING ENTKOMMT UNS

 

            In der Zeit des schwersten Behauptungskampfes, den Deutschland, und mit ihm unsere Bewegung, in der Nachkriegszeit zu führen hatte, wollten ein paar bestochene Individuen unter dem Namen "Rheinische Republik" für Frankreich einen Vasallenstaat an dem deutschesten Strome ins Leben rufen. Die Dr. Dorten, Heinz Orbis und ein gewisser Mathes waren die Kreaturen, die in der Rheinpfalz und im übrigen Rheinland unserem Vaterlande den zweiten Dolchstoß zu versetzen gedachten.

            Von dem nahem Frankfurt aus spielte viele und feine " nach diesen Verrätern hinüber.

            Wir sitzen eines Abends wieder bei einer Zusammenkunft in unserem Sturmlokal, als ein Kamerad hereineilt, mit der Meldung, daß sich der Separatisten-Häuptling Mathes in einer Wohnung des Nachbarhauses aufhalte.

            Eine kurze Beratung, und zwei Kameraden und ich werden bestimmt, sofort diese Woll aufzusuchen, um diesem Lumpen den Dank für sein landesverräterisches Treiben abzustatten.

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            Wir hatten uns für alle " Fälle "warm angezogen". Dern so oder so sollte dieser Halunke Frankfurt nicht mehr verlassen dürfen!

            Aber er möchte sich beobachtet gefühlt haben, denn der Vogel war " vor unserer Ankunft ausgeflogen. Da wir persönlich nichts mehr ausrichten konnten, doch einwandfrei festgestellt haben wollten, ob der Kerl wirklich da gewesen war, machten wir auf der Polizei " dung von unserer Beobachtung.

            Es wurde uns ein Beamter mitgegeben, der herausbekam, daß Mathes in seiner Wohnung etwas all hatte und schleunigst wieder verschwunden war. im besetzten Gebiet, unter dem Schutze französischen Bajonette, war man doch sicherer!

 

ERSTER WERBEMARCH ÜBER LAND

 

            Mühsam und langsam ging der Anstieg weiter.

            Wir hielten in den Dörfern, viele Kilometer im Umkreis, zahlreiche Versammlungen ab. Meist waren wir 30 bis 40 Mann, die hinauszogen, um die Veranstaltungen zu schützen. Wir ging fast nie ohne einen Verwundeten "

            Das schweißte uns aneinander. Es stählte uns und machte uns zäh und verbissen. Man griff uns an. Weshalb? Wenn wir belanglos gewesen wären, hätte man uns sicher ungeschoren gelassen. Daß man uns Knüppel zwischen die Beine warf, um uns vielleicht zu Fall zu bringen, " uns, daß wir im Recht waren. Und deshalb sagten wir uns: Wir müssen und wir werden es schaffen!

            Die neue " hatte uns durch die ihr innewohnende Kraft und Zuversicht gefangengenommen und uns zu begeisterten Verkündern werden lassen. Wer aber hatte unseren Führer persönlich gesehen, den Mann, der uns diese " und mit ihr den Glauben an eine bessere deutsche Zukunft gab! Keiner! Und doch brannten alle auf das Glück einer Stunde, in der sie dem unsichtbaren Trommler Auge in Auge gegenüberstehen würden, dessen Ruf wir vernahmen, und hinter dessen Fahne wir bedingungslos und hoffnungsfeudig marschierten ....

            Die Zeit bis zum Sommer 1923 wurde uns keineswegs lang. Dienst und wieder ging ohne Rast und " freiwillig und kommandiert. In jeder Freistunde wurde für Hitler und seine herrliche Idee geworben. Von " zu " ging das am besten.

            Die immer irrsinniger werdende Inflation ließ uns Bankmenschen wenig freie Zeit. Die Papiergeldbündel bekamen phantastische Rundun-

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gen. Dabei wurde ein Volk ärmer und verwirrter. Da die Arbeit 10 12 Stunden im Tag beanspruchte, wurden die Nächte zur Diskussion zu Hilfe genommen. Einige Stunden Schlaf mußten eben ausreichen!

            Wir kannten nur das eine Ziel, das Ende dieser himmelschreienden Zustände mit herbeiführen zu helfen. Das konnte nur durch und mit Adolf Hitler sein! Der Mann, der uneigennützig uns den Weg zeigte, den wir zu gehen hatten. Der als Einziger in dieser Zeit seine Stimme ernstlich erhob gegen das volksmordende Treiben gewisser Kreise.

            Deshalb war uns gerade die "Frankfurter Zeitung", dieses "vornehm" und "gutgeleitete" Blatt, immer der Maßstab für den wahren Stand unserer Bewegung. Beschäftigte sich die "Frankfurterin" wieder einmal, und, wie sie das ja nicht anders konnte, ironisch und böswillig mit dem Führer und seiner Organisation, dann wußten wir besser, als auf alle andere Art, es stand gut um uns.

            wie es um uns im engeren Kreise stand, mag auch ein kurzer Rückblick auf unsere damaligen Ausmärsche erhellen. Wenn wir baute marschieren, in endlos langen Kolonnen, In einheitlich brauner Uniform, in Stürmen, Standarten usw. formiert, die eigene Kapelle an der Spitze, die uns mit zackigen Märschen aufmuntert, dann muß Ich jedesmal an unseren ersten größeren geschlossenen Ausmarsch denken.

            Sonntagsmorgen in aller Frühe. Treffpunkt am Ostbahnhof, an einem etwas abseitigen Platz. als ich sie mit meinem Freund und SA.-Kameraden, denn wir waren die ersten dort, ankommen sah, konnten wir uns ein Lächeln nicht verkneifen.

            Man sollte möglichst in Uniform erscheinen. Kinder, was darunter alles verstanden wurde, oder besser, verstanden werden mußte, weil es bei den meisten mit den Zechinen knapp war! Blaue und graue Skimützen und Sportanzug. Hitlermütze und blaues Arbeiterhemd. Sportanzug und alte Soldatenmütze. Aber jeder hatte, unaufgefordert, einen handfesten Knotenstock mitgebracht. So waren allmählich ungefähr 30 Hitlersoldaten zusammengekommen.

            Nach einer raschen Besichtigung der Truppe ging es In den Zug, der uns hinter die Stadtgenze entführte. Bald ging der Marsch durch ein Dorf, in dem unsere Landknechtslieder, die wir in den frischen Morgen sangen, die Schläfer aus den Federn schreckten. In einam Wald ist Halt. Der Inhalt aller Taschen und Brotbeutel wird auf einer Zeltbahn ausgeleert, und jeder bediente sich, wie es ihm paßte. Frontsoldaten erzählten Erlebnisse aus dem Felde.

            Anderthalb Stunden mögen wir gelagert haben, dem geht es wieder

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weiter im gleichen Schritt und Tritt. im nächsten Ort war gerade der Gottesdienst zu Ende, als wir anlangten. Wir! Das heißt mit einem Fähnchen, das unsere Frauen selbst angefertigt hatten. Das wehte uns voran, als wir in dem wirbelnden Staub der Dorfstraße an den Häusern vorbeizogen. Die Leute blieben stehen und sahen uns verwundert nach, so ungefähr, als ob wir eine Berliner "Herrenpartie" seien.

            In diesem Aufzug kamen wir ohne Zwischenfall durch einige Ortschaften. Am Nachmittag wurde In einer Gartenwirtschaft eingekehrt. als das erste, von uns umgedichtete, Soldatenlied erscholl, war das Erstaunen größ. Aber man ließ uns vorläufig in Ruhe. Nach dem 5. oder 6. Kantus jedoch hat der Wirt um Ruhe.

Schön! Also diskutieren wir!

            Bald waren eine ganze Anzahl jüngerer und älterer Leute unsere Zuhörer. Warin bei einem Kameraden der Faden der Erzählung zu Ende war, oder wenn eine Frage eingeworfen wurde, die er nicht sogleich beantworten konnte, sprang ein arderer ein. Von einem festen Programm konnte so natürlich noch nicht die Rede sein.

            Wir wiesen nur Immer und Immer wieder darauf hin, daß es in Deutschland nicht lange so Weitergehen könnte, wie es getrieben wurde.

            "Der einzige, der uns helfen kam und wird, ist Adolf Hitler! Denn er hat einen unbeugsamen Willen, und ihm geht Deutschland über alles!" Das versuchten wir in die Gehirne einzuhämmern.

            Zum Schlusse schüttelten uns einige die Hände. Andere sahen geringschätzig mit einem höhnischen Blick an uns herunter. Mit dem Bewußtsein, unsere Sache vorangetragen zu haben, marschierten wir an diesem Tage heimwärts.

            In meiner Tasche hielt Ich stolz und glücklich die Anschrift einen jungen Mannes, als einen Wechsel auf die Zukunft, die er mir mit der Bitte gegeben hatte, wir möchten doch auch einmal sein Dorf besuchen.

            Man wartete demnach schon auf uns!

 

KAMERADEN UND SPIEßER

 

            An einem sonnigen Sommertag fuhr ich nach dem schönen Gemünden in Bayern. Ich wollte alles hinter mir lassen. Ich wollte einmal ganz ausschirren und meine Ferien in vollen Zügen genieBen. Auch die Politik sollte eine Weile Stiefkind sein. Um dies wahr zu machen, hatte Ich keine Zeitung nachbestellt.

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            Drei Tagen möchten in Gemünden vergangen sein, ich hatte mich schon mit dem und jenem angefreundet, da höre ich an einem Samstag auf der einzigen Dorfstraße vor meinem Fenster singen. Alte Soldatenlieder wechselten mit Volksliedern in der heimischen Mundart.

            Nach einer Weile gehe ich hinunter auf dort Hof. Ältere und jüngere Leute lagern hier. Sie warteten auf Befehlsempfang für den morgigen Sonntag. Einer reinigte sein Gewehr.

            Mit "Heil Hitler!" trete ich hinzu. Ohne irgendwelche Umstände werde ich in ihrem Kreise aufgenommen.

            Wohl eine Stunde plauderten wir miteinander. dem blieb Ich noch mit zweien von ihnen zusammen, als die Sommerfrischler längst schlafen gegangen waren und der Schlag der Uhr zögernd und schwer wie ein Nachtwächter durch den nunmehr leeren Raum stapfte.

            Ich stieg in meine Kammer hinauf. Unten verklang der Tritt der Nagelschuhe der sich entfernenden Kameraden.

            Beim Auskleiden dachte ich, es " wohl so sein, daß man nicht ausspannen darf. Man war im Dienst, immer und immer! Und das war gut so. Rollte doch das Schicksal Deutschlands immer weiter dem abgrunde entgegen. Wie konnte ich nur glauben, hier einige Wochen tatenlos verlungern zu dürfen?!

            Die letzten Tage hatten mir offenbart, wie öde und langweilig ein Leben sein mußte, das in dieser Zeit sich selbst stets als Mittelpunkt ansah und nichts weiter kamte als sein eigenes verhätscheltes Ich. Aus Gesprächen mit den anderen Kurgästen hatte ich ein leider nur zu deutliches Bild erhalten, wie diese Spießer auch heute noch dahindösten. Aus der Vorkriegszeit waren sie mir ja noch in vielen Prachtexemplaren in Erinnerung. Aber baute? Am Rande des Verderbens! Diese Gedankenlosigkeit war mehr als strafbar!

            Freilich, selbst hatte man ja genug und übergenug! Was scherten einen die anderen Hunderttausende, die darben mußten in diesem Taumel des Dollar-Wahnsinns! Mit fetter und satter Stimme redete man Worte des Bedauern, machte einen Verdaungsschlaf, ging spazieren und stahl so dem Herrgott einen Tag um den anderen . "Es wird schon wieder werden!" Damit lullte man sein Schiebergewissen ein und machte es mit Strömen von Alkohol empfindungslos. Außerdem bemühen sich ja unsere "Führer", haben den besten Willen, weshalb sich also in Ungelegenheiten bringen? Nain, das wollte man lieber "Dümmeren" überlassen!

            als aktiver Soldat war ich ins Feld gerückt. Die Front hatte main ganzes Sein und Sinnen auf Kampf erzogen. Deshalb müßte Ich in der

 

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Front ausharren, die wiedererobern wollte, was wir in der Welt verloren hatten: Ehre und Freiheit! Unser Führer war uns hierbei ein leuchtendes Vorbild nimmermüder Pflichterfüllung am Vaterland. Ich wollte immer hinter ihm bleiben. baute, morgen, übermorgen .... bis er sein Ziel erreicht haben würde! Mit diesem Gedanken und Gelöbnis schlief ich ein.

            Am nächsten Morgen In aller Herrgottsfrühe stöberten mich kernbajuwarische Klopfer gegen meine Tür aus dem Schläfe auf. Ich hatte versprochen mitzumachen. Auf einem freien Feld wurden Schießübungen abgehalten. Ich war nun hier mit Kameraden zusammen, die ich gestern um diese Zeit noch nicht gekannt hatte. Und es war bei ihnen genau wie bei uns in meiner Vaterstadt, man sang dieselben Weisen und teilte seine Mahlzeiten.

            Wer nur konnte dieses Wunder wirken , diese echte Kameradschaft, dieses selbstlose Verstehn zwischen Menschen aus ganz verschiedenen Gegenden unseres Vaterlandes und verschiedenen Ständen? Es war echter und rechter Hitlergeist! Wie der Führer immer wahr und schlicht blieb, so konnte ein solches Vorbild seine Anhänger nur so und nicht anders gestalten und erhalten.

            Erst am Abend kehrten wir heim. Es war ein langer Marsch an einem heißen und schwülen Tag gewesen. Das Abendbrot schmeckte uns bestimmt tausendmal besser als den gelangweilten Sommerfrischlern. Befriedigter als sonst schaukelte mich die Müdigkeit in den Schlaf. Denn ich hatte ein mal mehr gesehen und gespürt, daß es noch viele Deutsche gab, die Deutschland nicht verkommen lassen wollten.

            Ich war nun, wem man es so nemen soll, wieder bedeutend aktiver geworden. Aus diesem Gefühl heraus litt es mich nicht länger mehr an diesem weltfernen Ort, wo einem die Langweile den tatkräftigen Willen schwachte.

            Was sagt langem wie eine verzehrende Flamme in mir fraß, reifte nun zum Entschluß, dem die Ausführung auf dem Fuße folgte:

            Ich reiste nach München, um den Führer sehen und sprechen zu hören.

 

MEIN SCHÖNSTER lag

 

ICH SAH ZUM ERSTENMAL ADOLF HITLER

 

            In München mußte Ich mich noch einen Tag gedulden. Endlos lang wurde mir diese Zelt. Dann sah ich meinen Führer zum erstenmal

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leibhaftig vor mir stehen. Ich hörte ihn sprechen, und alles, was ich bislang von ihm vernommen hatte, versank bei dieser Begegnung in das Wesenlose.

            Ein Mann stand da vorn, der in klaren und steinharten Worten die Dinge bei Ihrem richtigen Namen nannte. Der den Mut hatte, sich aufzulehnen gegen alle diese kleinen und sich wichtig nehmenden Größen, die sich in ihren fetten Pfründen herumdrückten und ein Volk derWeilen sterben, es Körperlich und seelisch dem Ruin entgegentreiben lassen.

            Ja, und tausendmal ja!, so wie es Adolf Hitler hier aussprach, so war es grausige und erschütternde Wirklichkeit! So konnte nur ein echter deutscher Mann die rechten Worte finden! Sie hämmerten mir für meine Zukunft den festen Glauben ein, daß er allein der Mann sein konnte, der uns aus dem Sumpfe herausführen und leiten sollte.

            Ich schwur mir in dieser Stunde, daß Ich Adolf Hitler immer und überallhin folgen werde! Diesen Schwur habe ich gehalten.

            Ich ging nach der Versammlung in das erste beste Hotel. Denn ich hatte das unabweisbare Bedürfnis, mit mir allein zu sein, um alles noch einmal zu überdenken, was der Führer uns gesagt hatte. Damit es, komme, was wolle, nie mehr aus meinem Gedächtnis wich.

            Me in Gedächtnis ist mir bis auf dort heutigen Tag nicht untreu geworden1

            Auf Unwegen fuhr ich am nächsten Morgen über Nürnberg, Würzburg und Aschaffenburg nach Frankfurt zurück. meine Frau war sehr erstaunt, mich so bald schon wiederzusehen. Als ich ihr aber die Begegnung mit dem Führer schilderte und ihr von meinem Schwur Mitteilung machte, nun für immer und wo es so!, ihm zu folgen, da war und blieb sie es, die mich fortan durch alle Schicksalslagen zum Aushalten ermunterte. Für dort Rest der Ferien aber arbeitete und warb ich mit verdoppelter Kraft für das Evangelium meines Führers.

 

HITLER-PUTSCH UND TARNUNG

 

Herbst 1923.

            Man sprach viel vom Führer. Ein Zeichen, daß etwas in der Luft lag. Wir hatten das Gefühl, daß das politische Stimmungsbarometer auf Sturm vorrückte.

            Wie aus heiterem Himmel und wie ein Lauffeuer ging die Nachricht durch die Stadt: Hitlerputsch in München!

 

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Herrgott, und wir sollen nicht dabei sein?!

            Schnell zum Personalchef, dem einzigen Chef im ganzen Bau, der mit uns sympathisierte, die Sachlage geschildert und um einen größeren Vorschuß gebeten. Dem man konnte ja nicht voraussehen, wann man wieder zurück war. Und es geschahen noch Wunder, der Herr bewilligte uns augenzwinkernd - wahrhaftig! - ein volles Monatsgehalt, mit dem Hinweis, daß ich ja überarbeitet und krank sei, und deshalb Ruhe dringend nötig hätte.

            Dann im Schweinsgalopp zum Ostbahnhof, dem Fernbahnhof ins Bayerische. Ein Schlag Ins Genick, es ging kein Zug mehr dorthin! alle Verbindnungen mit Bayern waren wie abgeschnitten. Wut und Ärger kochten in mir. Sollten wir wirklich nicht dabei sein dürfen, wenn es ernstlich galt, seinen Mann zu stehen? Unmöglich

            Da nahte ein Lastauto. Kürze Verhandlung, und wir hatten die Karre zur führt nach Bayern gemietet.

            Ja, hat sich was mit Bayern! In Kahl, gleich hinter der Grenze, hielt uns Gendarmerie an, die uns aufforderte, sofort umzukehren, da wir sonst als politisch verdächtig in Haft genommen werden müßten. Mit ein paar kräftigen Flüchen machten wir unseren Zorn vor der hohen Obrigkeit Luft und dann, in Dreiteufelsnamen, wieder zurück nach Frankfurt.

            Dort schwirrten die wildesten Gerüchte, richtige Latrinenparolen, durch die Stadt. Die Gazetten brachten in fetten Schlagzeilen und Sonderaushängen die Meldung:

 

Hitlerputsch niedergeschlagen!

 

            Und wie tobten in dort nächsten Tagen diese Tintenfische! Wie Indianer um ein gefangenes Bleichgesicht. Das war so recht ein fraß nach ihrem Schmonzetten-Geschmack!

            Wir aber waren fast verzweifelt. Was war Wahrheit, was Lüge? Nichts zu erfahren, da auch unsere Zeitung, der "Völkische Beobachter", nicht mehr kam! In Unruhe und Ungewißheit liefen wir von einem Kameraden zum anderen, um vielleicht doch irgend etwas Neues, sei es auch nur eine Kleinigkeit, zu erfahren.

            Durch einen Gewährsmann bekamen wir die nackte und so bittere Wahrheit zu hören: man hatte es gewagt, auf Adolf Hitler zu schießen!

            Da man in der übermacht war und Verrat mithalf, war es ihnen gelungen, heute noch einmal dort Sieg davonzutragen. Aber das Ende

 

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für Hitler und seine Idee konnte das nicht sein. Das stand bei uns felsenfest!

            Nur, was tun, um die Menschen zusammenzuhalten, die wir mit so vieler Mühe und Ausdauer für uns geworben hatten? Da kam einem von uns der glückliche Gedanke, einen Sportklub zu gründen. Unter dem Namen: "Turn- und Sportklub 23" ließen wir unsere Tarnkappe ordnungsgemäß in das Vereinsregister eintragen und konnten uns nun ungehindert treffen.

            Damit waren wir unter Dach und Fach. Aber die vielen Sympathisierenden? Es war jammerschade, daß die vielen Menschen, die wir schon halb für uns gewonnen hatten, nun aus Angst vor der Polizei und ihren Spitzeln wieder in ihren alter Trott verfallen sollten. Wie Schön früher, beschlossen wir "Feste" zu feiern.

            Der "Turn- und Sportklub" hielt alle möglichen Vergnügungen ab, bei denen wir von Mund zu Mund diese uns freundlich gesinnten Volksgenossen auf dem laufenden halten konnten. Bis uns die Polizei hinter die Schliche kam!

            Wir wurden wegen Geheimbündelei unter Anklage gestellt. Vorladungen auf Vorladungen. Haussuchungen. Unauffällige Beobachtungen.

            Aber alles verlief mit dem gleichan Resultat, wie das Hornberger Schießen. Etwas Wesentliches, worauf sich eine Anklage hätte stützen können, kam trotz eifrigster Bespitzelung und Schnüffelei nicht zutage.

            Wegen Mangel an Beweisen mußte das Verfahren schließlich niedergeschlagen werden. Wir aber turnten und "feierten" weiter.

 

WAHLEN MIT DEM "VÖLKISCHEN BLOCK"

 

            Wenn auch in dieser Verbotszeit jeder sein Mögliches für die Bewegung tat und bemüht war, die Menschen, die er für unsere Sache geworben hatte, bei der Stange zu halten, so mußten wir doch immer an das Wort denken, daß Stillstand Rückschritt bedeuten konnte. Wir wollten aber dem Führer, wenn er wieder frei war, durch eine staatliche Zahl Anhänger zeigen, daß wir die Hände nicht in dort Schoß gelegt hatten.

            Deshalb begrüßte jeder von uns die neue Verbindung, die sich "Völkischer Block" nannte. Nun konnte man wieder öffentlich werben! Dieses geduckte Unter - der - Decke - arbeiten, diese Maulwurfsmanier, liegt uns Deutschen ja nicht. Wir wollen offen und mutig und Auge in

 

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Auge dem Gegner gegenübertreten! Wir waren wie aus Kerkerhaft erlöst!

            im Mai sollten diese Wahlen sein. Die erste Versammlung wurde in dem kleinen Ort Geschehe bei Frankfurt abgehalten. Dort sollte ein Rechtsanwalt Dr. Freisler, der heutige Staatssekretär, sprechen.

            Ein schwüler Abend senkte sich auf die staubige Landstraße, auf der wir marschierten. Bald brach ein Gewitter los. Es goß in Strömen. Doch wir marschierten zu. Gerade das Toben der Elemente wollte so recht zu uns passen. Es war der Erregung in unserm Innern ähnlich. Dem wir kannten die kommunistische Hochburg, nach der unser Marsch ging, nicht erst sagt gesterni

            Was so lange zurückgedrängt und unterdrückt hatte werden müssen, konnte sich nun wieder frei und frank an die öffentlichkeit wagen. Adolf Hitler war zwar auf Festung, aber seine Soldaten waren bereit, damit seine Idee lebt, ins Gefängnis oder in den Tod zu geten.

            Wir waren alle gute Kameraden. Aber als wir das Dorf schon vor uns sahen, fiel mir auf, daß diesmal fast kein Wort gesprochen worden war. Es war uns allen wohl ähnlich zumute, wie vor einem Gefecht.

            Wie wir den Saal betreten wollten, Ist er bereits gefüllt. Die Gesichter, die man sehen konnte, verrieten nicht gerade leidenschaftliche Liebe für völkische Belange. Wir mußten also draußen bleiben. Deshalb waren wir zwar nicht so weit marschiert, aber um die Versammlung nicht auffliegen zu lassen, schickten wir uns in das Unvermeidliche.

            Aus Irgendwelchen Gründen entwickelte sich am Ende eine böse Schlägerei. Die Kommune war in mindestens 20facher überzahl. Keiner von uns kam ungerupft aus der Bataille, der eine leichter, andere hatten mehr abbekommen.

            Ein Student erhielt sieben Messerstiche. Wir brachten ihn zu dem nächsten Arzt, der zufällig Jude war. Dieser Mann verlangte für seine erste Behandlung sage und schreibe 25, in Worten fünfundzwanzig Mark!

            Hier muß Ich erwähnen, daß es auch damals, In einer Zelt, in der Pazifismus mit Hochdruck gepredigt wurde, noch unbekamte Heldenmütter gab. Obwohl dieser Student durch seine schweren Verletzungen mit ziemlicher Sicherheit mit dem Verlust eines vollen Semesters rechnen mußte, und es in seiner Familie kaum zum täglichen Leben reichte, sagte mir seine Mutter, der Ich mein Bedauern aussprach: "Ich bin stolz darauf, daß gerade mein Sohn für Adolf Hitler und die Erneuerung Deutschlands bluten durfte!"

 

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            So denken echte deutsche Mütter! Die 25 Mark in Kameradenkreisen aufzubringen, war uns allen selbstverständliche Ehrenpflicht. Ohne Befehl, aus wahrem Hitlergeist heraus, standen alle für einen und einer für alle.

            Mein Bruder und ich wählten, um abzukürzen, zum Nachhauseweg einen Wald, obwohl wir von früher wußten, daß wir dabei mit überraschungen zu rechnen hatten. Und wirklich hatte man uns im nächtlichen Dunkel aufgelauert und fiel In Übermacht über uns her. Wir wehrten uns, so gut es ging. Aber wenn nicht, wie von der Vorsehung geschickt, ein Parteigenosse vorübergekommen wäre, weiß Ich nicht, ob mein Bruder oder ich heute noch in der S.A. wären.

            In dieser knallroten Gegend galt im politischen Kämpfe ein Menschenleben nichts. Man war in jedem Falle rücksichtslos bis zum Äußersten. Dem man wollte sich seine Hochburg nicht unterminieren oder gar nehmen lassen.

            Wenn ich heute mit meinem Bruder, der jetzt dort Standartenführer ist, Meinungen austausche, so erfüllt uns das Bewußtsein im stillen doch mit Freude, so viel an uns gelegen hatte, dazu beigetragen zu haben, daß hier das Hakenkreuzbanner wieder über einer wahrhaft deutschgesinnten Bevölkerung flattert.

            damals jedoch ließ uns unsere Niederlage keine Ruhe. Wir hatten durch die offenen Fenster beobachten können, daß manche unter den Zuhörern den Ausführungen Freislers, wenn auch verschüchtert, zustimmten. Diese Volksgenossen mußten wir für unsere Sache zu gewinnen trachten. Einige Bauern versprachen uns sogar für die nächste Versammlung ihre tatkräftige Unterstützung.

            Als wir nach acht Tagen wieder auf dem Plan erschienen, ging alles in Ruhe ab, und die Versammlung konnte zu Ende geführt werden. Außerdem hatten wir einen anderen Erfolg dieses Abends nicht erwartet, nämlich fünf Neuaufnahmen, was für jene Zeit und In dieser Gegend recht beachtlich war.

            Bald darauf stieg in Frankfurt die erste größe Wahlversammlung des Völkischen Blocks. Sie fand im "Volksbildungsheim" statt. Daß sie allgemeines Interesse erregt hatte, zeigte, daß der für die damaligen politischen Verhältnisse größe Saal bis auf den letzten Platz gefüllt war.

            Unter der dichtgedrängten Menge hatten wir bald alle bekannten Gegner herausgefunden. Sie hatten sich hauptsächlich auf der Galerei zusammengeschart. Die Taktik des Verteilens im Saale war noch nicht so üblich wie später.

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            Dieses Massenaufgebot unserer Gegner ließ uns keinen Zweifel, daß heute wieder "dicke Luft" werden würde. Aber, koste es, was wolle, die Kraftprobe mußte durchgehalten werden! Denn es ging um unser Ansehen und unseren Aufstieg.

            Leicht war es nicht. Aber es gelang doch, dem Redner Gehör zu verschafen, so daß er zu Ende sprechen konnte. Am Schlusse, das war gewöhnlich das Ende vom Liede, wurde die Meinungsverschiedenheit noch einmal handschriftlich durchgearbeitet. Die Galerei hatte nur einen Ausgang. An ihm bezogen die Störenfriede unsere Antwort auf ihre Sprengversuche.

            Diese Belehrung war so nachhaltig, daß wir am nächsten Tage einen Kommunisten in unserer Mitte hatten. Unser mannhaftes Eingreifen hatte Ihn zu der überzeugung gebracht, daß der Weg, den wir mit mutigem Einstehen für unsere Sache gingen, doch wohl kein unrechter sein könne.

            Auch auf diese Art warb man für Deutschland!

 

IM WERBEBÜRO, BOMBEN UND WAHLERGEBNISSE

 

            Für ein anderes Deutschland wurde damals ebenfalls die Werbetrommel gerührt.

            Gehe ich da eines Tages mit einem Kameraden an dem Verlagsgebäude der °Frankfurter Zeitung" in der größen Eschenheimerstraße vorbei. In einem Auslagefenster der "Frankfurter Sozietätsdruckerei" prangte ein überlebensgroßes Plakat, mit der freundlichen Aufforderung zum Eintritt in das "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold", das sich angeblich ganz dem Schutze der Weimarer Republik weihen wollte.

            Reichsbanane? Das war doch noch was!

            Nun hatten wir schon gehört, daß diesen streitbaren Mannen die Original-Schutztruppenmontur gratis und kostenlos von den in Frankfurt begreiflicherweise sehr verbreiteten und zahlungskräftigen Interessenten geliefert würde. Wir beschlossen daher, uns einmal eine Probekluft anzuprobieren.

            zwei Mann hoch betreten wir das Werbebüro der Palästina-Garde. Auch um uns einmal anzusehen, wie man zum überzeugten Republikaner hergerichtet werden konnte, wem man gewollt hätte. Was ja nicht in unserer Absicht lag.

            Schön! ein Herr mit einem Synagogenschlüssel in seinem festen Gesicht wendet sich an uns: Was wir denn wünschten?

 

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            Der Herr hält zuerst eine kleine Ansprache über die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Verteidigung der Erfindungen von Weimar gegen die wieder regsamer werderden "Staatsfeinde". Dann legt man uns ein Eintrittsformular vor.

            Nun mußten wir zu unserem Bedauern gestehan, daß wir nicht in der Lage seien, uns vorschriftsmäßig einzupuppen.

            Keine Verlegenheitspause. Sofort werden Hände und Mund in Bewegung gebracht: "Das ist lassen so unsere Sorge sein! so wer'd tipptopp eingekleidet. Kost' so kein Fennig."

            Mit der Begründung, daß wir uns die Bedingungen erst noch genauer durchlesen wollten, verkniffen wir unser Lachen und verließen das Werbelokal für die Schutztruppe der Welt-Internationalen.

            Die Verteilung von Propaganda-Material und Versammlungen ließen uns Tag und Nacht auf den Beinen sein. Einen Marsch durch Frankfurt hatten wir schon hinter uns. Da kam ein Kamerad, der tiefer In die Tasche greifen konnte, auf den kühnen Gedanken, auch einmal auf einem Lastauto durch die Stadt zu führen.

            Ungefähr 30 Mann bestiegen wir im Osten der Stadt die Rolle. Vorne stand ein SA.-Mann mit der Hakenkreuzfahne. An den Seiten des Wagens hatten wir Schilder mit schwunghaften Aufschriften abgebracht. Einer brüllte ständig mit Stentorstimme durch ein blechernes Sprachrohr. Lieder singend ging es kreuz und quer durch die Mainmetropole bis zum Westen, wo wir uns mit einem kräftigen "Heil Hitler!" trennten.

            eine solche Unverfrorenheit hatte man in Frankfurt schon lange nicht erwartet. Man denke sich, mit einer Hakenkreuzfahne! im ersten Augenblick, da sie unser Symbol flattern sahen und unsere derben Landsknechtweisen singen hörten, waran die Juden starr vor Staunen. Die meisten verzogen sich in das nächste Kaffee oder in ihre Häuser.

            daß wir unser Banner frei und ungehindert durch die Straßen eines Zentrums der Demokratie in allen Schattierungen hatten zeigen können, gab uns das Gefühl eines Sieges. Die Flugblätter allerdings, die wir abgeworfen hatten, blieben ohne Erfolg. Man fürchtete sich, in unser Lokal in der Altstadt zu kommen.

            Der Spießer fand es umbequem und gefährlich und blieb uns fern. Er zwinkerte uns wohl manchmal verständnisvoll zu und glaubte damit seine Ptlicht erfüllt, und dem Vaterland einan unbezahlbaren Dienst erwiesen zu haben. Lange aber haftete bei ihnen die Erinnerung an die verwegenen, die den Juden, schwarzen und weißen, gezeigt hatten, daß in Deutschland auch noch ein anderer Geist am Leben war, als kommunistischer und marxistischer.

 

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            Die Vorarbeiten zur Wahl gingan mit Hochdruck weiter. Die nächste größe Versammlung im Hippodrom ist mir aus zweierlei! Gründen noch gut im Gedächtnis.

            Nach den Ausführungen unseres Redners sprach ein Kommunist, der mit der deutschen Sprache erheblich auf dem Kriegsfuß stand, sich aber als "deutscher Prolet" vorstellen zu müssen glaubte. Da unterlief Ihm ein Schnitzer, der ihm für lange Zeit dem Gelächter preisgab. sehen es, daß unsere treffenden Zwischenrufe ihn verwirrt hatten, oder ob er es wirklich nicht besser wußte, jedenfalls gab es ein zwerchfellerschütterndes Hallo, als er einen neuen Satz mit den Worten begann: "Arbeiter und Arbeiterinnen beiderlei Geschlechts ...!" Natürlich hatte der Mann verspielt, da ihm niemand mehr zuhören wollte.

            als unser Redner eben sein Schlußwort begann, wurde plötzlich eine Bombe geworfen, die einen Kameraden schwer und andere leichter verletzte. Die Sprengstücke wurden untersucht, und dabei ergab sich, daß die Bombe in Rußland hergestellt sein mußte.

            Man nahm uns also sogar schon in Rußland ernst! Man wußte dort anscheinend sehr genau, daß wir nur räumlich von unserem Führer getrennt waren, daß seine Idee aber wuchs und gedieh, wie nie zuvor. Unser Erfolg bei den Wahlen mit 32 Abgeordneten, wozu noch "Knüppel"Kunze mit 4 Mandaten kam, waren in der damaligen Zeit keine Kleinigkeit.

            Deshalb setzte nun auch wieder die Hetze gegen alles wahrhaft Deutsche ein. Verdoppelt und verdreifacht! Unser Wahlergebnis wurde in langen Artikeln von allen nur möglichen seiten beleuchtet und mit miesmacherischen Kommentaren versehen und zerpflückt. Der ganze verfügbare Wortschatz wurde aufgeboten, um unseren Sieg in seinem unerwarteten Ausmaß zu schmälern.

            Unter dem Deckmantel des Kommunismus mußte das Gesindel wieder überfälle auf überfälle ausführen. Es gab zwar keine Toten, dazu war man wohl noch nicht genug entmenscht. Aber wenn ich auf meinen langen Dienst in der Bewegung zurückschaue, dem war diese Zeit eine der nervenaufreibendsten, die ich erlebt habe.

Wir waren ja noch wenige, die sich öffentlich zu ihrer überzeugung

bekannten. Deshalb waren wir den Gegnern sehr bald vertraut. Man lauerte uns überall auf. Es setzte Serien von Faustkämpfen ab, mit und ohne Knalleffekte. Sogar an meiner Frau vergriffen sich die marxistischen Wegelagerer, wenn sie abends von einer Zusammenkunft kam, und sie scheuten sich nicht, ihr bis in die Wohnung nachzudrin-

 

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gon und ihr das Abzeichen abzureißen. Wir trugen ständig Waffen bei

uns, und mehrere Kameraden wohnten beisammen. Dadurch wurde das Schlimmste verhütet.

 

PETER GEMEINDER

 

            Gegen das Ende dieses Monats lernte Ich bei einer Zusammenkunft in geschlossenem Kreise einen Mann kennen, von dem bei seinem Tode viel in dort Zeitungen zu lesen war, Peter Gemeinder.

            Nach Schluß der Sitzung hatten wir denselben Nachhauseweg. Wir gingen zu Fuß, weil es eine wundervolle Nacht war. Unsere Gesprüche drehten sich zuerst natürlich um die Bewegung. Später tauschten wir auch unsere privaten Verhältnisse aus, besuchten noch ein Kaffeehaus und trennten uns als zwei Menschen, die aneinander Gefallen gefunden hatten.

            Wenn ich einen Rat brauchte, ging Ich zu ihm in das Finanzamt, wo er als Hilfsarbeiter beschäftigt war. Manchmal suchte ich ihn In seiner Wohnung auf, oder wir trafen uns in einem Kaffeehaus in der Altstadt.

            Ich lernte ihn als einen aufrechten und durch und durch deutschen Mann kennen, der nur für die Verwirklichung der Idee Adolf Hitlers und für seine Familie lebte.

            Er war ein guter Katholik, kein Lippenchrist, der es mit dort Geboten seiner Kirche sehr genau nahm. als ich nach so vielen Jahren hier in Berlin die Nachricht von seinem Ableben las, war es mir unfaßbar, wie man Ihm ein kirchliches Begräbnis verweigern konnte, einem selbstlosen und bescheidenen Menschen, der die Gebote seiner Kirche geachtet hatte, der überzeugt und zäh zu Deutschland gestanden hatte. Was auch über uns kam, Peter Gemeinder hat für die Erneuerung seines Vaterlandes sein Alles eingesetzt! Ich habe im Kriege in viele Gräber gesehen, die manchem guten Kameraden zur letzten Ruhestatt wurden. Auch in dort Jahren als SA.-Mann holte der Tod manchen liebgewordenen Kameraden von unserer Seite.

            Aber nur einige wenige, die man als ganze Menschen in ihrer Unauffälligen Schlichtheit persönlich kennengelernt hatte, bleiben uns im Gedächtnis. Man denkt ihrer, auch wem man dem Schicksal grollen möchte, nur mit Wehmut und andächtiger Trauer.

            Einer von diesen bist du, Peter Gemeinder!

Ich hätte dich sehen mögen, als wir am Ziele waren, und dein

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geliebter Führer Kanzler des deutschen Volkes geworden war! Du hättest mir wahrscheinlich wortlos, wie es deine Art war, die Hand gedrückt, fest und freudigen Auges.

            Dieser Händedruck wäre für uns beide alles gewesen!

            Und dann wärst du wieder zur Arbeit am Wiederaufbau deines neuen

Vaterlandes gegangen!

 

WIR TROMMELN daß LAND WACH

 

            Eines Tages kam mir wieder die Einladung des jungen Bauernsohnes in die Hand und es wurde beschlossen, ihn aufzusuchen.

            An einem spätherbstlichen Sonntagsmorgen machten wir uns schon um 4 Uhr nach dem 17 Kilometer entfernten Dorf auf dort Weg.

            als die Stadt mit dort schwankenden Gestalten, die vom Nachtbummel nach Hause torkelten, hinter uns lag, ertönte unser erstes Lied in dort kaltfrischen Morgen. Wir schritten rüstig aus, um uns zu erwärmen.

            In der Nähe des Taunus setzte ein eisartiger Regen ein. Die jüngeren Leute in unseren Reihen, an Märsche in geschlossener Abteilung noch nicht gewöhnt, mit marschuntauglichem Schuhwerk, konnten einem leidtun. Sie bisses jedoch nach 12 Kilometer tapfer die Zähne aufeinander, hielten Tritt und sangen mit.

            Unter einem größen Felsen machten wir Halt, um unsere Oberkleider ein wenig am Feuer zu trocknen. Ich hörte niemand um mich murren. Man teilte seinen Mundvorrat, täuschte auch wohl einen Schal gegen eine Windjacke aus und probierte, wie jeder am besten weitermarschieren könnte.

            Ich saß etwas abseits und mußte beim Anblick dieser opferbrereiten Männer an Adolf Hitler und an Deutschland denken. Es mußte gelingen unter Führung dieses Mannes unser Vaterland wieder aufzurichten. Mit Männern, wie diese hier, war alles möglich

            Darunter waren 45- und 18jährige. Jene hatten die Front mit all Ihren Schrecken durchlebt, diese waren noch halbe Kinder, die ihren Eltern einen harmlosen Spaziergang vortäuschten und alle Anstrengungen willig auf sich nahmen, um an einem Neubau des Vaterlandes mitzuarbeiten. Keiner wollte dort anderen an Opfern für unsere Sache nachstehen. Denn soviel hatten wohl alle begriffen, daß dieser Dienst für Deutschland sein mußbei

            Noch einige Kilometyer wurden heruntergemacht. Wir glaubten schon

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das Dorf zu sehen, da platzte einem jungen Kameraden der Schuh mitten entzwei. Was war da zu tun? Wir ließen ihn vorläufig zurück, marschierten weiter, um im Dorfe nach Hilfe für unseren maroden Fußinfanteristen zu suchen.

            im Dorfe selbst war es nicht einfach, zu der aufgeschriebenen Adresse zu gelangen. Das Haus lam am Ende des Ortes. Auf unser Klopfen bedeutet uns der Vater, daß sein Sohn zum Gottesdienst sehen. Solange konnten wir aber nicht warten.

            Aufs Geratewohl kehrten wir in der nächsten Schenke ein, ums uns aufzuwarmen und zu erfrischen. Um die Mittagszeit fand sich unser Bekannter bei uns ein. Wir erzählten ihm von den Mißgeschick unseres Jungen Kameraden, und er holte ihn uns auf seinem Rade her. Der Arme war steif und blau gefroren. Aber unsere Fürsorge und Scherze hatten ihn bald wieder mobilgemacht.

            Ein Marsch durch das Dorf sei unmöglich, bedeutet man uns. Hier sehen alles rosa, rot und noch röter. Einige Bauern waren, wohl durch unsere Lieder angelockt, hereingekommen, die mitgebrachten Propagandaschriften wurden verteilt, einer von uns hielt eine kurze Ansprache, und es kamen auch Gegner, mit denen wir uns aber weiter nicht einließen.

            In einem Gartenlokal gegenüber lagen in Stühlen dicke Juden mit ihrem Anhang und hielten ihr sogenanntes Wochenend. Der Wirt schickte herüber und ließ uns sagen, seine Gäste möchten in Ruhe ihren Mittagsschlaf halten. Was kümmerten uns solche Gäste in Deutschland? Wir diskutierten und sangen in aller Seelenruhe weiter.

            Erscheint ein Auge des Gesetzes und mit uns, wir möchten, wem wir keine Schwerverletzten mit nach Hause nehmen wollten, diesen Ort noch bei Tageshelle verlassen. Daran lag uns sehr wenig. Wir rückten ab, machten auf dem Felde noch einige übungen und führen dem heim.

            Ein paar Tage später kam ein Schreiben unseres Bekamten mit der Bitte, ihm doch Propagandamaterial zu schicken. viele Bauer zeigten reges interesse für unsere Sache.

            Wenn nun in den letzten Jahren so oft im Rundfunk Zahlen von Wahlergebnissen, die für uns günstig waren, durchgegeben wurden, und wenn darunter Orte waren, in denen auch ich für unsere Idee geworben hatte, dann fielen mir solche Erlebnisse ein.

            Die Befriedigung der Pflichterfüllung an Deutschland und zu allen

Zeiten ist wohl das schönste Bewußtsein für einen deutschen Mann.

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DER ERSTE TOTE

 

Rote Strolche hatten unseren Gauleiter, als er von einer Versammlung kam, hinterrücks überfallen. Er schleppte sich, mit dem Messer im Rücken, auf die nächste Polizeiwache.

Die Verletzung war so schwer, daß er lange mit dem Tode rang.

            Mit Frau Tochter stand ich in diesen Tagen vor dem Aushang einer Zeitung. ein Telegramm zeigte sein Ableben an. Neben uns stehen drei rasseechte BörsenJobber. Sie lesen den Aushang und reiben sich befriedigt die Hände. Sie hatten es ja schon so oft gesagt, daß ein Mann, der mit solcher Offenheit In einer Stadt wie Frankfurt Antisemitismus treibt, daß der nicht lange leben würde.

            "Soetwas lassen sich die 'Arbeiter' nicht bieten!" Und einen verständnisinnigen Blick über die umstehenden Arbeiter werfend, verschanden die drei.

            Uns aber war im Augenblick alle Lest zum Streiben vergangen. Denn er wäre der erste Tote der Bewegung gewesen, den wir persönlich gekannt hatten. Ich erkundigte mich in meinem Parteilokal und fand dort einen Widerruf vor. Es hatte eine Namensverwechselung stattgefunden. Wohl war unser lieber Kamerad schwer verwundet, aber er befand sich doch schon mit einiger Voraussicht außer Lebensgefahr.

 

            ich konnte nicht schnell genug nach Hause kommen, um meinen Angehörigen den wahren Sachverhalt mitzuteilen. dem sie sorgten sich um jeden SA.-Mann und Parteigenossen, als ob er zur Familie gehörte. Schon lange waren wir nicht so zufrieden und dem Schicksal dankbar eingeschlafen, wie an diesem Abend.

            Noch 14 Tage zerrte das Fieber an diesem Marne. Dann aber ging er endgültig der Genesung entgegen.

            An einem Morgen fand man einen Mann , der in der letzten Zeit oft den Weg zu uns gefunden hatte, aber noch nicht offizielles Mitglied geworden war, von roten Banditen ermordet in einem Blumenbeet einer Anlage mitten in der Stadt auf. Der Brave hatte in einer Wirtschaft diskutiert, und man war ihm nachgeschlichen. Aus dem Hinterhalt hatte man Ihn gemeuchelt.

            Es war zu Anfang des August, als die Leiche freigegeben wurde, und der 11., der sogenamte Verfassungstag, stand vor der Tür. Unser Gauleiter ordnete von seinem Krankenbette aus die Beerdigung an.

            wir trauten unseren Augen nicht, am nächsten Morgen stand der Schwerkranke, bleich, mit Mühe sich aufrecht haltend, den linken Arm in der Bande, wahrhaftig roter uns! Dieses stalle Heldentum machte

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einen unbeschreiblichen eindruck auf uns alle. Obwohl ihm die Ärzte das schlimmste vorausgesagt hatten, litt es ihn nicht im Bette, wenn ein Kamerad seinen letzten Gang gehen mußte. Er wollte dann dabei sein!

 

            Nachdem die Trauerfeier auf dem Friedhof zu Ende war, traten wir zu einem Zuge an. Die Fahne und den verwundeten Gauleiter an der Spitze, ging es, trotzig unsere Lieder singend, auf dem weitesten Wege durch die mit den Weimarer Farben geschmückte Stadt.

            Die Leute kamen aus den Häusern auf die Straße. Alte Soldaten, denen wohl die Erinnerung an echte Kameradschaft aus dem Felde wieder in die Erinnerung gekommen sein möchte, marschierten im gleichen Schritt und Tritt rechts und links von uns mit. Männer und Frauen säumten auf beiden Seiten die Bürgersteige. als wir in das Stadtinnere kamen, waren wir ein stattlicher Zug geworden.

            Merkwürdigerweise behinderte uns niemand auf diesem Marsche am Verfassungstage. Vorbei an der Tribüne, die das Reichsbanner aufgebaut und mit schwarz-rot-gelben Fahnen geschmückt hatte, und die nun ihrer Festredner harrte. Wem alles, was in diesem Augenblick über die republikanischen Symbole gesagt wurde, an die Ohren einer hohen Obrigkeit gekommen wäre, dann hätte ein Menschenalter wohl kaum ausgereicht, um die verhängten Strafen abzubrummen.

            als jedoch laut und vernehmbar das Lied: "wir sch... auf die Freiheit der Judenrepublik" erschallte, forderte uns ein damals noch Grüner zur Ruhe auf. Allerdings wußte er nicht so recht, wie er ins das beibringen sollte. Vermutlich war ihm unsere Kaltschnäuzigkeit überraschend gekommen.

            Immer die Hauptstraße hinunter! Je weiter wir kamen , desto mehr ließ man uns in Ruhe. Wenn jemand eine allzudicke Lippe riskierte, bekam er nach links oder rechts einen Wischer ab. Diese unsere Handschrift, und die Anzüge, die wir Kräftig abgebürstet hatten, mußten Eindruck gemacht und uns Respekt verschafft haben.

            wir wenigen S.A.-Männer hatten alle Hände voll zu tun. Wie die Schäferhunde waren wir dauernd an dem Zug entlang auf den Beinen, um Ordnung zu halten. Unsere Augen aber waren immer auf die Fahne gerichtet. Denn man konnte nicht wissen!

            Auf dem Bahnhofsplatz wurde wie üblich der Zug aufgelöst. als schon "Weggetreten!" kommandiert war, erschien die heilige Hermandad im Tschako und forderte die sofortige Auflösung des Zuges. Mit einem Heil auf Deutschland und den Führer taten wir lachend das, was wir schon zu tun im Begriffe gewesen waren.

 

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            Gewisse Zeitungen aber schäumten vor Wut. So weit sehen es schon gekommen, daß wir "Staatsfeinde" uns erfrechten, ausgerechnet am Verfassungstage und dazu noch in Frankfurt, der angeblichen Hochburg der Demokratie, mit Fahne und Liedern durch die Stadt zu ziehen!

Wir hatten eben die Republik auf unsere Art geehrt!

Diesen Abend war es mir wieder eimnal, als ob es einen Ruck nach

vorwärts gegeben hätte.

 

RACHE für UNSERE "VERFASSUNGSFEIER"

 

            Daß es uns gelungen war, an einem ihrer Feiertage einen Demonstrationszug durch die Stadt zu machen, ließ den Roten auch diesmal keine Ruhe. Dafür wollten sie sich rächen.

            Verschiedenen Kameraden hatte man schon aufgelauert. Aber an über-

fälle gewöhnt, sah man sich nach Möglichkeit vor. Daher mußten sie etwas anderes ersinnen .

An einem der letzten Augustabende hatten wir eine Zusammenkunft in

unserem Lokal in einer engen Gasse in der Nähe des Domes. Das zu ebener Erde gelegene Zimmer hatte nach der Gasse zwei Fenster.

Noch nie hatten wir die dünnen Rolläden heruntergelassen. Denn

erstens hätten sie doch keinen wirklichen Schutz gewährt, und zweitens glaubte niemand ernstlich an einen überfall auf unser Lokal.

Wir übten gerade das umgedichtete Soldatenlied ein: "0 Deutschland

hoch in Ehren..." und hatten die erste Strophe vor:

 

"Auf Adolf Hitler schwören wir, das rote Banner weht.

Heil! Unserm Führer folgen wir, zum Freiheitskampf es geht,

Wir tragen stolz das Hakenkreuz und kämpften nicht um Geld,

Und trifft die Kugel uns ins Herz, so sterben wir als Held!"

 

            Da krachen beide Fenster zugleich, und die Scherben fliegen im Zimmer herum. Heraus aus dem Zimmer und in das Wirtslokal! Auch hier sind die Fenster eingeschlagen, und sämtliche Stühle und Tische liegen wirr durcheinander. Likörflaschen sind zertrümmert und der Inhalt ergießt sich über den Fußboden.

            Kaum hat uns die rote Meute erspäht, fallen auch schon Schüsse.

Wir blieben die Antwort in derselben Tonart nicht schuldig.

Die Polizei, die in diesem engen Winkel der Altstadt nicht so

rasch zur Stelle ist, erschien erst, als die Gaststube nur noch ein

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wüster Trümmerhaufen war.

            Die Maiwahlen hatten uns größe und unerwartete Erfolge gebracht. Man konnte uns nun nicht mehr einfach beiseite schieben. Hatte man uns bislang als ein Häuflein Phantasten lächerlich zu machen gesucht, so mußte man jetzt Stellung zu uns nehmen. so oder so!

            Nun rauschte es wieder eimnal im Blätterwald. Neuwahlen sollten stattfinden. Es war vorauszusehen, daß man alles daransetzen würde, um uns wieder kelin zu kriegen. Hitler war, ob im Gefängnis oder nicht, ein Mächtiger geworden, einer, für welchen sich eine immer größer werdende Zahl deutscher Männer mit Hab und Leben einsetzte.

Es wurde verbissen gekämpft!

            Für uns war es klar, daß wir zahlenmäßig verlieren würden. bis trug zur Klärung bei. Aber an Zähigkeit und Entschlossenheit wollten wir gewinnen.

            Es hatten sich uns allerlei Mitläufer und Parteisplitter angeschlossen. Um unsere Bewegung in der öffentlichkeit am Leben zu erhalten, " ließen wir damals fünf gerad sein.

            Wie wir vermutet haten, kam es dem . Die innere Zerrissenheit derer, die nicht gewohnt warm, die Befehle Adolf Hitlers blind auszuführen und bedingungslos zu gehorchen, fanden und erfanden allerlei, um einen eigenen Laden aufzumachen. Wir jammerten ihnen nicht nach.

so kamen die Wahleh vom Dezember 1924 heran.

            Wir waren auf Verluste gefaßt. Das Ergebnis jedoch ließ uns erkennen, welcher schwere und lange Weg noch gegaren werden mußte, um unseren Führer an der Stelle zu sehen, wo wir ihn hinhaben wollten.

 

HINDENBURG NACH SEINER WAHL IN FRANKFURT

 

            Friedrich Ebert, der Mann, der die Revolte von 1918 hatte mitinszenieren helfen, die uns jene herrlichen Zelten bescherte, die Millionen von Volksgenossen für Kinder und Kindeskinder nicht vergessen werden, war als Reichspräsident in die Jagdgründe seiner Marxistenväter versammelt worden.

Neuwahlen mußten stattfinden.

Ein Sturmwind ging aufrüttend über Deutschland!

            .Dank der unermüdlichen Auflärungsarbeit Adolf Hitlers und aller wahrhaft nationalen Männer hatte man sich wieder auf seine deutsche Art und Vergangenheit besonne.

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            Die Stellung der roten Volksbetrüger war schon damals erschüttert, wenn sie überhaupt je festgestanden hatte.

            Man fühlte in allen Kreisen der Deutschen, daß sich 18 nur eine Revolte in unserem durch die lange Kriegsdauer aus den fügen geratenen Vaterlande ausgetobt hatte, daß es zu einer wirklichen Revolution, zu einer Umkrempelung des Geistes, nicht hatte kommen können durch Leute wie Wels, die kein Vaterland kannten, das Deutschland heißt, durch Kriegsdienstverweigerer vom Schlage eines Löbe und anderer Dolchstößler.

            Adolf Hitler und seine Ihm Trotz ergebenen Anhänger sorgten in unermüdlichen Fleiß durch Aufklärung In Stadt und Land dafür, daß deutsches Denken und Fühlen im Volke nicht ganz erstarben.

            als Präsidentschaftskandidaten waren aufgestellt: der heute unrühmlich bekannte Herr Braun, Held, Hellpach, Jarres, Ludendorff, Marx, Thälmann und in der Stichwahl unser allverehrter Feldmarschall von Hindenburg.

            Wir hatten auch in unserer Heimat alle Hände voll zu tun. Es ging hinaus auf die Dörfer in alle Himmelsrichtungen. Manchmal brachte der Lastkraftwagen unsere Klebekolonne in einer Nacht an drei verschiedene Orte. Die verwegensten und eindringlichsten Plakate wurden ersonnen.

            Denn unsere Gegner lagen ja auch nicht auf der Bärenhaut. Sie hatten reichliche Geldmittel zur Verfügung und konnten deshalb mit der Ausführung ihrer Ideen aus dem Vollen schöpfen.

            Weil uns das Sprichwort bekannt war, daß Geld Macht sein soll, wollten wir beweisen, daß Idealismus eine noch größere Macht sein kann! Daß eine zwar kleine, aber opferbereite Schar jedes Ziel zu erreichen imstande ist, das sie sich gesetzt hat, oder das ihr gesetzt ist.

Und der Sieg blieb unser!

            Gewiß hat uns das Schicksal noch lange kämpften lassen, bis unser Ziel restlos erreicht war, unseren Führer an der Macht zu sehen. Doch denkt man heute zurück, so Ist es einem manchmal, als ob es für einen Großteil deutscher Volksgenossen nötig war, durch die Folgen der skrupellosen Machenschaften ihrer damaligen Führer am eigenen Leibe zu verspüren, wohin ein solches eigensüchtiges Treiben führt.

            alle waren im Dienste und auf Ihren Post en. Jeder Mann und jede Frau mußte Ins Geschirr. Es gab kein Postamt und kein sonstiges öffentliches, staatliches oder kommunales Gebäude, in dem nicht unsere Flugschriften schon am frühen Morgen lagen.

 

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            Da hieß es eines Tages: Hindenburg kommt nach Frankfurt! Unser neuer Reichspräsident!

            diese Freudemachricht schlug wie eine Bombe ein. Aber wie sollten wir ihn empfangen? im Felde hatte ich Hindenburg anläßlich einen Urlaubs zum letzten Male gesehen. bei dieser Nachricht war mir, als wenn es ein Zeichen einer neuen Zeit sehen, daß man nun ihm die Führung des deutschen Volkes anvertraute, in dem man im Felde die Verkörperung aller vaterländischen und soldatischen Tugenden gesehen hatte.

            Hindenburg sollte die Kaiserstraße vom Hauptbahnhof heraufkommen. also mußten wir dort Postes beziehen, da anzunehmen war, daß sich hier der überwiegende Teil der Bevölkerung aufhalten würde, von dem wir gesehen sein wollten.

            In Uniform, so gut ein jeder bei Kasse gewesen war, standen wir am Rande der Bürgersteige und es war unschwer zu erkennen, ein wie kleines Häufchen unsere S.A. damals noch war, wie wenige noch den Gang unter die Hakenkreuzfahne angetreten hatten. Die sehr ausgedehnte Straße wies manche Lücke auf, die ausgefüllt wurden durch Stahlheim, Wehrwolf, Jungdo und andere nationalem Verbände und durch Zivilisten, denen wir Fackeln in die Hände gedrückt hatten.

            Am Ende der Kaiserstraße sah ich den Generalfeldmarschall freundlich lächelnd an mir in langsamer führt vorbeikommen. Bei seinem Anblick stieg in mir der Wunsch auf: "0 Gott, laß ihn die Geschicke Deutschlands so lenken, daß das Ziel unseres Führers seiner Verwirklichung entgegenreift, daß junge, kraftvolle, deutsche Männer öffentlich und ungehemmt für Deutschlands Wiedergesundung wirken können!"

            Als der Wagen an uns vorüber war, formierten wir uns, und wir zogen geschlossen an all den Menschen entlang, die gekommen waren, um den Helden des Weltkrieges zu ehren. viele Hände erhoben sich, und unter der Augenblicklichen Begeisterung marschierten wir unter dem Gesange des Deutschlandliedes In unser Verkehrslokal zurück.

            Dieser erhebende Abend aber nahm für mich ein häßliches Ende. Ich hatte mich mit einigen Kameraden auf den Heimweg gemacht. Es war spät geworden und wir legten ein gutes Tempo vor. Morgen früh wollten wir wieder zeitig auf den-Beinen sein, damit wir dem Arbeiter, der zum Betrieb ging, die ersten Propagandazettel in die Hand drücken konnten. Wenn auch unsere Bewegung zahlenmäßig noch klein war, so glaubten wir doch aus dem Andrang und der Begeisterung der Nichtjüdischen Bevölkerung beim Empfange unseres neuen Reichsober-

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hauptes, die bei seinem Nahen in Hochrufe ausgebrochen war, entnehmen zu dürfen, daß die nationales Belange im Wiederauferstehen sein mußten. Nur Mut und mit unverdrossenen Kräften ans Werk!

            Wir waren ja gewöhnt, jeden einzeinen Deutschen, sozusagen bruchstückweise aus dem Marxismus zu befreien. Wir besprachen alle Möglichkeiten und Arten unserer nunmehrigen Taktik und trennten uns mit festem und zuversichtlichem Händedruck.

            Ich ging mit meinen Gedanken allein meiner Wege. Da schreckten mich Flüche in meiner Nähe aus meinem Sinnen auf. Ich blickte in die Richtung, aus der die Verwünschungen gekommen waren und sah in das Gesicht einen Individuums, das mich mit haßsprühenden Augen von oben bis unten maß und einen Totschläger über meinen Köpfe schwang.

            Nach meiner Pistole zu greifen gelang mir nicht mehr. Denn schon hatte der Strolch zum zweiten Schlage ausgeholt. Ich duckte mich, aber trotzdem erwischte der gutgezielte Hieb meinen Hinterkopf.

            Jetzt hatte ich meine Schußwaffe in der Hand. eine Kugel peitschte durch die nächtlich menschenleere Straße. Obwohl mir der Schädel wie eine zu dick eingelegte Dreschmaschine brummte, hielt ich mich mit aller Anstrengung auf den Beisen und schleppte mich in einen nahen Hauseingang. Die Türe gab beim Anlehnen nach. Ich trat in den Hausflur, stieg die Treppe hinauf und lauschte nach unten. Es blieb alles ruhig.

            Als der Nachtwächter kam, um die Tür zu schließen, erzählte ich ihm main Erlebnis, und er begleitete mich bis zur nächsten Straßenecke. Noch ein paar Häuser und ich war daheim. Es war auch höchste Zeit, dem main Kopf glühte wie eine Feueresse. Ich hatte hohe Temperatur.

            Aber morgen wollte und mußte ich ja wieder dabei sein! Denn ein Tag, in dem man nicht mitwarb, war dreifach verloren. Den überfall erzählte ich nur einigen älteren Kameraden, um den jüngeren nicht den wird aus den Segel zu nehmen.

            In Zukunft gingen wir dem nur noch gemeinschaftlich nach Hause, eine Methode, die später allgemein üblich wurde. Durch sie haben wir bestimmt manches Verlust vermeiden Können. Dan schon damals, wie Hunderte von Malen in der Folge, schwoll diesen roten Halunken der Kamm nur dem, wenn sie in der überzahl waren. Dem Kämpfe Mann gegen Mann jedoch wichen sie in der Regel aus.

 

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AUF DIE STRAßE GEWORFEN

 

            Adolf Hitler war aus der Haft entlassen worden und hatte drei Jahre Redeverbot erhalten. Dafür wurde um so eifriger in der S.A. und der zivilen Parteigenossenschaft weltergearbeitet. Der gesamte Parteiapparat wurde 1925 umgebaut. Das gelang in voller Planmäßigkeit, denn die Getreuen des Führers hatten alles zum besten verwaltet.

            Wohl hatte man von solchen gehört, die sich während seiner Haft schon als über ihm stehend betrachteten und sich als Führer unserer Bewegung aufspielen wollten. Doch auch hierbei bewies Adolf Hitler einmal mehr seine unbeugsame Entschlußkraft und sein zielbewußtes Wollen: Er entfernte alles um sich, was nicht Trotz zu seiner Sache stand und sich ihm nicht in bedingungslosem Gehorsam unterstellte.

            Ohne finanzielle Mittel, allein auf sich selbst und seine Anhänger vertrauend, begann er seinen Kampf für Deutschland von neuem.

            Wie stolz waren wir damals, daß er dies tat! Der ganzen Welt wollten wir trotzen! Alles waren wir bereit daranzusetzen, um sein Ziel zu verwirklichen!

            Ihm nach! In die Freiheit oder in dort Tod hinter seiner Fahne her!

            Er war, wie er ungebrochen aus der haft kam, ein leuchtendes Beispiel für uns alle. Gereifter, zielbewußter und größer war uns der Führer zurückgegeben. Das bewies uns sein Werk: "Mein Kampf", das er auf der Festung niedergeschrieben hatte.

            Auf meiner Arbeitsstelle hatte Ich wohl zu viel für unsere Bewegung geworben. Das gefiel dort kleineren Herren des größen Internationalen Finanzkapitals nicht. Daß man sich offen für eine "hirnverbrannte und aussichtslose" Sache einsetzte, war ihnen unbegreiflich und dazu noch lästig. Ich erhielt eine Verwarnung.

            Aber mein innerer Trieb war stärker als Ich, und ohne daß ich mir darüber Rechenschaft ablegte, kam ich Immer wieder in das alte Fahrwasser. Das sollte Ich schwer zu büßen haben. An dort Folgen, die für mich daraus entstanden, zeigte sich, wie unerbittlich der Kapitalismus jeden zertrat, der sich ihm entgegenstellte.

            Die Zahl der Anhänger der Bewegung war auf der Bank gewachsen. Es wurde eifrig für dort "Völkischen Beobachter" geworben. Es war mein Ehrgeiz, die meisten Abonnenten zu gewinnen. Als Ergebnis hatte ich bald 28 Bezieher in unserem Betrieb zusammengebracht.

            In diesen Tagen kam der Briefträger mit einem ganzen Sack von Nachlieferungen an, weil der Monat schon vor einiger Zeit begonnen

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hatte. Ich verteilte sie in dort Pausen an die neuen "V.B."-Leser.

            Der scheele Blick eines gerade vorübergehenden Chefs deutete auf nichts Gutes hin. Ich machte mir weiter keine Gedanken über die Bedeutung dieses Blickbildes, denn wir hatten ja unsere Freizeit. Die Kollegen aber sagten mir gleich, daß ich auf meine Kündigung wohl nicht mehr lange zu warten brauche. Sie waren empört. Ich aber wollte nicht daran glauben.

            Da lag sie am nächsten Ersten fein säuberlich geschrieben und großzügig unterschrieben auf meinem Pult. Der Herr, der die Unterschrift vollzogen hatte, war natürlich Freimaurer.

            Der Dreh, auf den die Sache gebracht worden war, lautete, bitte nicht lachen: "...Wegen allgemeinen Abbaus." Liebevollst wünschte man mir in meinem Zeugnis: "Glück für später".

            Dieses Glück, Dauerbeschäftigung zu haben, ist mir seitdem mit beharrlicher Bosheit aus dem Wege gegangen.

Was hatte ich verbrochen?

            Weil Ich Deutscher, und nichts als deutscher Front- und Freiheitskämpfer war und aus meiner Gesinnung nie eine Mördergrube machte, deshalb wurde ich für viele Jahre brotlos!

            Mit dem Troste und der Hoffnung auf meine guten Papiere nahm ich das Mißgeschick vorläufig nicht tragisch und ging nach Hause. Bewerbungsschreiben wurden versandt. Ich mußte mich in Dutzenden von Betrieben vorstellen. Aber alles blieb, wie auf geheime Verabredung, erfolglos. Das war mir unbegreiflich. Dem andere Kollegen, die man abgebaut hatte, saßen bald wieder vor einem anderen Pult.

            bei meiner nächsten Vorstellung wurde mir die Binde von den Augen gerissen. Ich sollte meine Papiere hierlassen und am folgenden Tage Antwort holen kommen.

            Mit zynischer Offenheit wies man mich mit der Begründung ab, daß man Nationalsozialisten nicht beschäftigel

            Nun brauchte Ich mir also weiter die Beine nicht krumm zu laufen. ich war wegen meiner Gesinnung gezeichnet, man wollte solche Leute nichts

            wirtschaftliche Not wurde bei uns Immer häufiger und schließlich Stammgast. Ein Teil nach dem anderen der uns liebgewordenen und ererbten Gegenstände wanderte Ins Pfandhaus, ohne Aussicht, sie wieder einlösen zu können. Manches mußte um einen Spottpreis verkauft werden.

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PARTEITAGE

 

            im Jahre 1926 sollte in Weimar das Treffen der S.A. und der Parteigenossenschaft mit dem Führer sein. Wie gerne wollte man Adolf Hitler wieder einmal ins Auge sehen und ihn sprechen hören!

            Ich hatte alles aufgeboten, um mitfahren zu können, als ich wenige Tage zuvor ein Schreiben erhielt, mich als Aushilfsarbeiter bei einer Behörde zu melden. Guter Rat war teuer.

            Nur dieser kurzen und geringen Verbesserung unserer Lage wegen hätte es keiner Minute überlegung bedurft. Aber ich hätte jegliche Anwartschaft auf Beschäftigung verloren, wenn ich diesen Aushilfsposten nicht antrat.

            Meine Familie entbehrte schon beinahe alles. Das mußte den Ausschlag geben. Es war einfache Pflicht der Selbsterhaltung. Bitter schwer wurde mir dieser Entschluß, und es kostete mich nicht wenig überwindung, beim Abschied meiner Kameraden ruhig zu bleiben...

            Sie führen ab, kamen wieder und berichteten uns alle Einzelheiten aufs genaueste. Wir wurden nicht müde zu fragen und ihren Schilderungen zu lauschen.

            Den Parteitag 1927 aber durfte ich miterleben.

            Der Aufstieg der Bewegung hatte vielversprechend neu eingesetzt. eine entschlossene Gefolgschaft hatte sich um den Führer geschart, um ihm unverbrüchliche Treue zu geloben und aller zu zeigen, daß S.A. marschierte, zu allem bereit, zu jeder Stunde seinen Ruf gewärtig.

            Da Ich eingesehen hatte, daß es hoffnungslos war, hier in Frankfurt noch einmal eine Stellung zu erhalten, siedelte Ich einige Monate später nach Berlin über.

            Ich war bereit und gewillt, auf jede Art, als Kopf- oder als Handarbeiter, den Unterhalt für mich und meine Familie zu verdienen...

 

WIE WIR NACH BERLIN KAMEN

 

            Am 5. Oktober, an einem trüben und feuchten Herbsttag, langten wir, meine Frau, meine Tochter und ich, auf dem Anhalter Bahnhof an.

            Die bange Frage: "Was würde nun werden?" türmte sich unheimlich größ vor mir auf. Würde es gelingen, in dieser Millionenstadt auch für mich Arbeit zu finden? Sollte sich endlich wieder ein erträgIiches Leben ermöglichen lassen? Oder..., doch daran wollte ich nach

 

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all dem Schweren, was wir in Frankfurt durchgekämpft hatten, nicht denken!

            Unser erster Weg führte zum Gau Berlin, der damals in vier Zimmern in der Lützowstraße unterbracht war.

            Alles war verschlossen, dem die Bewegung war hier verboten! Nur die Zimmer der Abgeordneten waren von der Haussuchung verschont geblieben.

            So suchten wir denn aufs Geratewohl nach einer Verbindung mit Irgendeinem Parteigenossen. Das war eine fast aussichtslose Sache. Einmal, weil mit dem Verbot auch das Tragen der Abzeichen unter Strafe fiel. Wie also In der Riesenstadt die damals noch wenigen Mitglieder herauskennen? Fremd, wie wir drei hier waren.

            Endlich treffe ich am Potsdamerplatz einen Zeitungshändler, der den "Völkischen Beobachter" vertrieb. Er gab mir an, wohin ich mich wenden sollte.

            Nach einigen Abenden scharfen Aufpassens fand Ich in "Haverlands Festsälen" einige Parteigenossen zwanglos beisammen. Ich wies mich als S.A.-Mann aus. Aber man war trotzdem mißtrauisch. Das wird wohl seine guten Gründe gehabt haben.

            Nach einigen Abenden hatte man jedoch erkannt, daß ich ein treuer Gefolgsmann Adolf Hitlers war. Das muß ich zur Ehre meiner Berliner Kameraden besonders hervorheben, sie nahmen mich sehr herzlich in ihrem Kreis auf. Dank auch heute noch dafür!

            Unsere Tätigkeit erstreckte sich damals auf Interne Arbeit. Manchmal ging es in Zivil in die weitere Umgebung Berlins, wo wir noch nicht verboten waren.

            Zu Beginn des Jahres 1928 sah ich dann auch Dr. Goebbels wieder, den Ich von einer Versammlung in Frankfurt kannte. Er war gekommen, um uns zu sagen, daß er gewissermaBen nur "als Gast hier sei und ganz unpolitisch zu uns sprechen wolle".

            Ich spürte, wie man auch hier mit der gleichen Liebe und Verehrung an ihm hing wie in Essen und Frankfurt. Wenn Ich an die S.A.-Zeit zurückdenke und mir die Opfer und Kämpfe vergegenwärtige, aber auch die frohen Stunden nicht vergesse, dann ist immer und immer wieder "unser Doktor" dabei. Kampf um Berlin und Dr. Goebbels sind auch für mich ein Begriff.

            Er feuerte uns an. Er mahnte uns an unsere Pflicht, wenn etwas schiefgegangen war, mit beiBendem Spott oder mit freundlichen Worten. Uns war es selbstverstündlich, daß "unser Doktor" überall dabei und unter uns war. Der "Laden hatte nicht recht geklappt", wenn er

 

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einmal am Erscheinen gehindert war. Woher er seine Zeit nahm, war uns rätselhaft. Dem an jedem Tag der Woche sprach er in einer anderen Stadt, und trotzdem fand er noch Muße, Dampferfahrten, Weihnachtsfeiern und kleinere Freuden mit uns zu teilen! Aus solchem Hölz werden Minister geschnitzt!

 

ÜBERFALL IN DER MÜNZSTRAßE

 

            In der Altstadt In den Jahren 1928 - 1929 S.A.-Mann zu sein, in Uniform zum Dienst zu gehen und heil wieder nach Hause zu kommen, betrachteten die Angehörigen eines jeden als ein besonderes Glück. Tag für Tag atmeten sie auf, wenn ihre Manner und Vater wieder gesund bei der gemeinsamen und meist karglichen Mahlzeit saßen.

            Von der Größe der Gefahren, wie sie uns auf Schritt und Tritt in diesen Vierteln umlauerten, haben wir nie gesprochen. Es hat mich immer besonders und tief berührt, wenn meine Frau und Tochter bei der Heimkehr ein Mahl auftischten, dem man anmerkte, mit welcher hingebenden Liebe es zubereitet war, und wie sie beide wetteiferten, mir alles so bequem als meglich zu machen, wenn ich vom Dienst oder Ausmarsch zurückkehrte.

            Was megen alle diese Frauen in den heißumstrittenen Gegenden Berlins in all diesen Jahren ausgestanden haben! Und ich weiß von keiner, die versagt hatte. im Gegenteil! Wenn in meiner Abwesenheit ein Befehl eingetroffen war, dann lag Uniform und Lederzeug geputzt neben Diesem Befehl.

            Dieses stille Heldentum der Frauen gehört mit auf die Blatter der Erinnerung an die Zeiten des Kampfes um Berlin! Auch unsere Frauen haben zu ihrem Teil den Sieg mit erfechten helfen! Sie haben mit Ihrem Zuspruch uns nie erlahmen lassen.

            In diesen ersten Kampfjahren Nazis in seinem Lokal zu dulden, war für einen Wirt in ausgesprochenen Kommunevierteln gleichbedeutend mit dem Ruin seiner Existenz und meistens auch seines Inventars. Wer als sympathisierend mit uns verschrien war, stand in der Altstadt auf gefährlichem und verlorenem Posten.

            Da bot uns ein beherzter Wirt in der Münzstraße - man denke, damals und Münzstraße! -sein Lokal als Stützpunkt bei eventuellen überfallen an. Wir machten natürlich mit Handkuß von dem Anerbieten Gebrauch. Wie oft hat er uns und manchen Stahlhelmer mit der Pistole in der Hand geschützt! Hier flüchteten wir hinein, wenn man uns ver-

 

 

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folgte, und das hatte sich rasch herumgeflüstert. Das dicke Ende ließ dem auch nicht lange auf sich warten. Man besorgte seine Sache ja immer gründlich. Dreimal in vier Wochen wurden die Scheiben von außen zertrümmert, keine Glasversicherung nahm den Mann mehr auf!

            Als wir trotzdem blieben, drang man an einem Sonntagabend einfach mit Gewalt ein. Sie hatten wohl ausgekundschaftet, daß wir an diesem Abend besonders schwach vertreten waren.

            Wie ein Blitz aus heiterem Himmel krachen plötzlich die größen Scheiben klirrend auseinander, und die Scherben fliegen auf alle umstehenden Tische. Gleich hinterher pfeifen Schüsse durch den Raum.

            Ein Trupp verwegenster Gestalten dringt unter Führung eines jungen Burschen mit "Rot-Front"-Rufen durch die Türe ein. Wir erwidern das Feuer, und sie weichen zurück. Wir drängen nach, aber sie sind im Dunkel der Nacht verschwunden.

            Das sofort alarmierte überfallkommando trifft merkwürdigerweise, trotz der Nahe des Alexanderplatzes, erst nach Verlauf einer Viertelstunde ein. Es besieht sich den angerichteten Schaden, durchsucht uns nach Waffen und hatte damit seine Aufgabe erfüllt.

            Sechs Wochen lag dieser Vorfall schon zurück. Da sich damals derartige Erlebnisse häuften, war er uns schon aus dem Gedächtnis gekommen. Wieder einmal waren wir auf Saalschutz, diesmal in den "Musikersälen". Da sehe ich ein Gesicht, das schon über meinen Weg gelaufen sein mußte. Ich überlege, wo mir dieses echte Bolschewisten-Antlitz in die Pupille geraten sein konnte. Richtig, bei dem überfall auf unser Lokal in der Münzstraße!

            Horst Wessel stand zufällig in meiner Nähe. Den Vorfall kannte er aus meiner Erzählung. Ich hat ihn unaufällig, den Wirt und die Polizei zu verstandigen. Der Wirt aus der Münzstraße bestätigte meinen Verdacht, und die Polizei verhaftete das hoffnungsvolle Früchtchen.

            Vor dem Jugendgericht hatte man ihn aber sehen sollen! Ein eines Unschuldlamm war aus diesem dreisten Patron geworden. Natürlich war er nur verführt worden, denn sonst sei er ein braver Junge und der folgsame Sohn einer Witwe. So wurde eine ganze Weile Theater gespielt. Wenn es nach den Ausführungen des jüdischen Rechtsanwaltes gegangen wäre, dann wurden wir als Verbrecher eingebuchtet und nicht Dieser Bengel, der sich wohl die Sporen für die Moskauer Fremdenlegion bei dem überfall hatte verdienen wollen.

            Die Komödie endete dann auch mit seinem Freispruch. Aber mit dem Einspruch des Staatsanwaltes hatte man doch nicht gerechnet. Und so

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wurde er in der Berufungsverhandlung zu 6 Wochen und Bewährungsfrist verknackt.

            Soviel Arbeit und Kosten machten sich in jener Zeit deutsche Gerichte, so beriet man hin und her, ob man einen jugendlichen Verbrecher, der aufgelegten Hausfriedensbruch begangen und Menschenleben mit der Pistole in Gefahr gebracht hatte, der verdienten Strafe zufilhren sollte oder nicht.

            Wie abschreckend solche "Bestrafungen" auf dieses halbwüchsige Gesindel wirkten, kann ich gerade an diesem Beispiel belegen. Wir führen an einem Wahlsonntag durch die Kösliner Straße. Wer wirft die dicksten Steine hinter uns her? Dieser Bewährungsfristige Moskauljünger! Er war also durch die "Strafe" weder abgeschreckt noch gebessert worden!

 

AUFHEBUNG DES VERBOTES

UND REICHSTAGSWAHL 1928

 

            Februar 1928 war unsere Bewegung noch immer verboten. ängstlich lugten alle Augen des Gesetzes nach Uniformstücken oder Abzeichen aus. Erwischte man einen öfter, der Propaganda zu machen versucht hatte, dann war meistens die erste Stufe auf der Leiter der Beförderung betreten. Denn zuverläßige Beamte hatten nach der Meinung ihres Chefs gegen Deutsche rücksichtslos vorzugehen, die sich gegen Versklavung wehrten. Also frisch Jagd gemacht auf Menschen, die gegen Gummiknüppel machtlos waren!

            Aber trotz aller Verfolgungen stand unsere Sache nicht still. Es wurde eifrig von Mund zu Mund gearbeitet.

            Am ersten März 1928 erfahre Ich unterwegs, daß das Verbot aufgehoben sehen. Noch am Nachmittag werden alle Bekamten angerufen oder aufgesucht. Etwas Genaues wußte niemand. Sollte das wieder eine jener Enten sein, die zu irgendwelchen hinterhältigen Zwecken ja schon so oft in die Welt geflattert waren?

            Da alle Blätter die Nachricht brachten, schnell zum Gau! Hier brauchte man nicht zu fragen. Es kribbelte wie in einem Ameisenhaufen, und die freudigen Gesichter und die Stimmung sagte alles. Wieder öffentlich für seine Ideale Arbeiten zu können, zu werben, ohne immer auf eine Verhaftung gefaßt sein müssen?! Ein frischer und erfrischender wird wehte in Berlin durch die Bewegung.

            Das Jahr 1928 wurde dann so reich an Erlebnissen und Geschehnis-

 

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sen, die alle ein Steinchen im Bau des kommenden Reiches wurden. Durch diese sich beinahe jagende Fülle der Ereignisse sind die Daten nicht mehr genau haftengeblieben. Aber mein Gedächtnis hat alle Einzelheiten und Aussprüche festzuhalten vermocht. Ich will nicht lange in Büchern nachschlagen, sondern es so schildern, wie ich es in mir sehe. eine fehlende Zahl wird dabei wohl von keiner ausschlaggebenden Bedeutung sein.

            Die Reichstagswahl im Mai kam heran. eine Sintfult von Verleumdung und Hetze ergoß sich über Deutschland. Kein gutes Haar ließ man an dem Führer, seinen Getreuen und an seiner Bewegung.

            Man ließ es sich eine Unmenge kosten. Litfaßsäulen wurden gleich im Ganzen gemietet und von oben bis unten und rundherum verklebt. Wir dagegen waren arm. Es wurde in der Parbeigenossenschaft gesammelt und nicht einer verweigerte sein Scherflein zum Wahlfonds.

            alle gaben!

            Hatte "unser Doktor" eines seiner Plakate eingereicht, dann wurde es nach Einsicht durch die Herren am Alexanderplatz entweder ganz verboten oder es mußten Zeilen aus dem Zusammenhang herausgestrichen werden. Oder er entwarf ein neues, noch geschickteres, das ihnen auch bei dem besten Willen keine Handhabe zur Unterdrückung bot.

 

            Jedes noch so kleine Plakat erregte Aufsehen. Es standen immer Menschen davor. Hier war für uns die beste Gelegenheit zu Diskussionen, die auch solange geführt wurden, bis ein Schupo energisch zum Weitergehen aufforderte.

Alle setzten alles ein!

            Am Wahlabend versammelten wir uns nach unserem Dienst in "Wilheimsaue", um die Verkündung der Wahlergebnisse zu hören. eine drükkende Luft lag in dem Lokal, trotz des strömenden Regens draußen.

            Die Bezirke oder Orte, an denen man die erste oder die meiste Propaganda gemacht hatte, Interessierten uns naturgemäße besonders. Weil man an Hand der Zahlen einen unbestechlichen Gradmesser des Erfolges seiner Arbeit hatte.

            Immer neue Zahlenreihen schwirren durch das Telefon zu uns heran. Rufen und Laufen im Saal. dem Totenstille, wenn die eingelaufenen Meldungen verlesen wurden.

            Auf allen Lippen war die unausgesprochene Frage: "Wieviel Abgeordnete würden es diesmal werden?"

            Hatte sich das Verbot nach unserem Wünsche zum Segen oder nach ihrer Absicht zum Fluche ausgewirkt?

            Die Stunden verrannen trotz der fieberhaften Spannung, die uns

 

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keine Minute und keine Zahl entgehen ließ, viel zu langsam. Wir brannten auf das Entscheidung Endresultat.

            Dr. Goebbels saß mitten unter uns am Tische. Wenn ihm eine Zahl nicht ganz geheuer erschien, oder wenn zu lange keine Meldung durchkam, dann jagte er mit dem Auto davon, um sich an Ort und Stalle zu informieren und um dann von uns mit einem begeisterten "Heil!" empfangen zu werden, wenn sich eine größe Zahl als für uns gültig herausgestellt hatte.

            Spät in der nacht wurde das Endresultat verkündet. wir hatten es auf zwölf Abgeordnete gebracht!

            Wer beschreibt den Jubel in diesen Minuteni Als Dr. Goebbels reden will, heben ihn ein paar S.A.-Manner auf ihre Schultern. alle gratulierten ihm mit einem Händedruck. Er war überglücklich und sagte in einer Rede Dank für unsere treue Mitarbeit.

            Das "heil!" auf den Führer und die Bewegung, das am Schlusse ausgebracht wurde, Ist wohl selten so froh und zuversichtlich über die Lippen seiner Gefolgschaft gekommen, als an diesem Abend.

            Zwölf Manner im Braunhemd sollten also in den Reichstag einziehen und "unser Doktor" dort seine erste Rede halteni bei einer zufälligen Begegnung mit Dr. Frick versprach er mir Karten zum Eintritt In das Haus der Vertretung des deutschen Volkes. Ich hörte meinen Gauleiter im Wallotgebäude zum erstenmal zu den Erwählten meiner Volksgenossen sprechen.

            eine andere Luft wehte dabe! durch den hohen Kuppelsaal. Aufgeseucht wurden die meist beleibten Herren aus ihrer beschaulichen Ruhe und dem parlamentarischen Kuhhandel, bei dem sie sich gegenseitig Honig oder anderes um den Mund schmierten. Wie konnte es ein so junger Mann in so herrischer Art wagen, ihnen, den gewiegten und eingefuchsten Diätenbeziehern, die hier jahreland schon die Sessel drückten, so unangenehme Dinge zu sagen?!

            Damit die vornehme Ruhe und die Würde des Hauses wiederhergestellt wurde, setzten dern die Ausschlüsse und Verfolgungen unserer Abgeordneten ein. Sonderbarerweise waren bei solchen Anlässen die sonst feindlichen und feindlichsten Brüder ein Herz und eine Saale, wenn es gegen die rebellischen Nazis ging. Gegen sie kämpften, machte sie zu Freunden.

            Man ließ es sich äußerlich zwar nicht anmerken, aber das Dutzend, das Adolf Hitler In diesen Bau geschickt hatte, der dem Wohle des ganzen deutschen Volkes dienen sollte, war doch der Hecht im parlamentarischen Karpfenteich!

           

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HITLER SPRICHT WIEDER IN BERLIN

 

Sommer 1928.

            Das Redeverbot für Adolf Hitler bestand noch immer. In öffentlichen Versammlungen für seine Idee zu werben, war ihm so unmüglich gemacht. Aber man hatte ihm jetzt schon gnädigst erlaubt, vor dort eingeschriebenen Mitgliedern seiner Bewegung zu sprechen. Endlich sollten wir den Führer wieder einmal sehen und hören!

            Ein saharaheißer Tag neigte sich seinem Abend zu. im Saale sprach man von 38 Grad.

            Adolf Hitler erscheint. Die S.S. geleitet ihn auf das Podium. Minutenlange "Heil" rufe und ein begeistertes Klatschen läßt ihn erst lange nicht aus der Umklammerung los, In die ihn die Wiedersehensfreude der Berliner Parteigenossen genommen hatte.

            Unser Gauleiter sprach einleitende Worte zu diesem denkwürdigen Abend, und aus ihnen klang die Befriedigung heraus, daß wir uns hier in der Reichshauptstadt nicht nur gehalten und trotz aller behördlichen Schikanen durchgesetzt, sondern sogar noch zugenommen hatten.

            damals allerdings noch nicht in dem Ausmaß, zu dem es später kommen sollte. Das Glück, den Führer zu sehen und zu hören, entschädigte uns reichlich für den erlittenen Terror.

            Während der Rede des Führers, die alle in ihren Bann zog, herrschte atemlose Stille. Es war eine unerhörte Leistung, bei dieser trockenen Hitze im Saale eine programmatische Rede von solcher Wucht zu halten, die sich über zwei Stunden erstreckte!

            Der Erfolg blieb nicht aus. Sympathisierende meldeten sich, trotz des Verbotes, in müssen zur Aufnahme in die Bewegung.

            Erneut hatten die Machthaber Schlechtes gewollt und das Gute bewirkt!

 

HITLER zum ERSTENMAL IM SPORTPALAST

 

            Der Führer hatte nach der Verbotszeit zweimal vor Mitgliedern sprechen dürfen. Unermüdliche Arbeit war geleistet worden. überfüllte Säle, und der Zustrom hielt noch Immer an.

Berlin war im Erwachen!

Es waren stolze Erfolge für uns. wir sahen uns gut belohnt. Endlich Aussicht, unserem Ziele schneller näher zu kommen! alle blickten freier und froher in die Zukunft.

 

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            Da wurden wir vollstem der Nachricht überrascht, unser Führer werde öffentlich und sogar im Sportpalast sprecheni

            Wir konnten zuerst nicht an die Wahrheit dieser Meldung glauben. Wir waren ja verfemt und verfolgt! Die einen hielten uns für Narren, Dummköpfe, Scharlatane und politische Mätzchenmacher. Die anderen nahmen uns ernster und terrorisierten uns bis aufs Blut und bis In die häuslichen vier Wände.

            Es wurde uns bange bei dem Gedanken, wie und ob wir einen Riesenraum füllen würden, der ein Fassungsvermögen vollstem nahezu 20 000 Personen hat. Zwanzigtausend Menschen! Wo die hernehmen? Bisher waren es Immer nur wenige gewesen, die ständig und unverdrossen den Weg in jede Versammlung fanden. Daher kannte man auch fast alle von Ansehen. Sie hätten unter der gewaltigen Kuppel wie ein Nest voll Küken gesessen.

            Unser Sektionsführer gab einen jeden einige Karten zum Verkauf. Ein eifriger Wettbewerb begann . alles, was Beine hatte, war in seiner freien Zeit unterwegs, um auch den letzten Bekannten nicht zu übergehen. Es bedurfte meist erst einer langen Rede, bis sich die Betreffenden entschlossen, eine Karte zu bei

            Es war ein beinahe zum Verzweifeln mühseliges Werben. Obwohl oder gerade weil man als überzeugter Kämpfer wußte, du mußt für eine Sache beinahe betteln gehen, vollstem der jeder hätte froh sein sollen, daß sie so früh schon zu ihm kam. Denn alle Arbeit der Führer und der S.A. geschah doch einzig und allein um Deutschlands willen!

            Garantien wollten viele vollstem ihnen haben, daß sie ohne Schrammen wieder nach Hause kämen! Las man nicht fast täglich vollstem überfüllen um Schlägereien in den Versammlungen und hinterher?

            Wenn man nach einem Zusamnensein mit derartigen Spießern die Wohnung verließ, hatte man einen bitteren Geschmack auf den Lippen. Bilder vollstem 14 bis heute stiegen in einem auf. Das größe Völkerringen, der Führer auf Festungshaft, die Total der Bewegung, der Verlust der Habe und der Gesundheit bei vielen Tausenden, all das schien spurlos an dieses Menschen vorübergegangen zu sein! Nicht aus Bosheit, dem sie waren ja "auch national", sondern aus Gedankenträgheit und Mangel an Zivil.

            Was mußte noch an Aufklärung geleistet und angeeifert werden, bis sie das größe Wort Führers begriffen: "Gemeinnutz geht vor Eigennutz!"

            Und die anderen, die Rosa, Roten und Rötesten?

            Kam man mit Marxisten auf Adolf Hitler und seine Idee zu sprechen,

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dann schimpften sie los, als wolle man ihnen die Pest an den Hals hetzen. Meistens waren das Menschen, die das Schicksal hart angefaßt hatte, die nicht wußten, wie sie mit ihren Kindern satt werden sollten. Deshalb glaubten sie den verlogenen Versprechungen "Ihrer" Blätter und Anführer. Man redete sich jedesmal in Hitze, doch vorläufig noch ohne Aussicht auf Erfolg. Und trotzdem blieben sie ein dankbares Feld, das zu beackern wir nicht müde wurden!

            Es war unser fester Wille: alle mußten Adolf Hitler sprechen hören!

            Noch niemand war aus lainer Versammlung, in der er das Wort ergriffen hatte, ganz leer nach Hause gegangen!

            Noch jeder, den ich, manchmal beinahe buchstäblich, hingeschleift hatte, war irgendwo gepackt wordeni

            Ganz frei war niemand mehr, der einmal unter seinen Zuhörern gesessen hatte. Er mußte zugeben, daß der Führer ein Besonderer war, wenn auch...und dem folgten gewöhnlich die "Bedenken" vollstem Ihrer Warte aus.

            In unserer Sektion waren ziemlich alle Karten ungesetzt worden. Auch in den Nachbarsektionen war man mit dem Verkauf zufrieden. Aber was wollte das bedeuten, bei den Hunderttausenden in Berlin, das doch "rot bleiben" würde, wie man bei jeder Gelegenheit las?

            Oft, wenn Ich heimkam, fand Ich statt Essen einen Zettel auf dem Tisch vor: "Tee ist unter der Haube. Ich bin noch schnell zu einer Familie, deren Adresse ich bekam. Drückt den Daumen, daß sie eine Karte nehmen!" Wenn dann am Abend das verlegte Mittagsbrot aufgetischt wurde, drehte sich das Gespräch nur La die Sportpalastversammlung, in der wir den Führer wieder hören sollten.

            Sie kam. Schon am frühen Nachmittag drängten sich die Menschen in allen angrenzenden Straßen. Die Polizei mußte absperren.

            im Innenraum aber hatte sich das ganze, wirklich nationale Berlin versammelt. Diejenigen, die nicht bloß aus Herkommen und anderen Gründen national waren, so! weil sie begriffen hatten oder zu begreifen anfingen oder gewillt waren, daß Deutschland nur weiterleben konnte, wem es vollstem Grund auf erneuert wurde und alle starke Hand seinen Wiederaufbau leitete.

            Wie wäre es sonst zu verstehen gewesen, daß Menschen sich beinahe totdrücken ließen, hinter und neben ihnen Gummiknüppelspaliere? Sensationslust war das bestimmt nicht. Denn die Großstadt bot Amüsanteres!

            Man läßt seinen Blick die Runde schweifen. Die Riesenhalle ist bis

 

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unter das Dach gefüllt. Auch Stehplätze sind nicht mehr frei!. Gott sei dank! Das schier Unmögliche war erreicht worden!

Wir konnten den Führer in Berlin würdig empfangen!

            Die S.S. holt ihn ein. Die schneidigen Klänge der Kapelle elektrisieren die Tausende. Ein Orkan von "Heil"-Rufen stürmt los. Der Führer schreitet durch den Mittelgang nach dem Podium.

            sich umschauend, beginnt er zu sprechen, Es war Ihm wohl selbst unfaßbar, daß der Besuch ihm zeigte, daß die erste Etappe im Kämpfe um Berlin hinter uns lag.

            Seine Augen schienen in berechtigtem Stolz und in aufrichtiger Freude zu sagen: "Sien Mann damals! Und in wenigen Jahren vermögen wir einen solchen Raum zu füllen! In Berlin!!"

            Gespannt lauschen die Tausende seinen Ausführungen. Beifall schäumt immer wieder aus dem Meer der Köpfe auf. Und zum Schlusse will die Begeisterung fast alle Dämme niederreißen! Endloser Jubel bekundet dem Führer die Ergebenheil seiner Gefolgschaft.

            In den Stunden, in denen mein oberster Führer unter uns weilte, sammelte sich eine Kraft der überzeugung in mir, die mir für viele Monate die Stärke gab, selbst überzeugen zu können von dem endlichen Gelingen all seiner Vorhaben. Es ist nicht Schwärmerei, wenn ich dies hier ausspreche. Als Frontsoldat und S.A.-Man war man von Gefühlsüberschwang frei.

Es war der Segen der Kämpferweihe, den man jedesmal neu empfing!

 

KÜTEMEYER WIRD ERSCHLAGEN

 

            Hans Georg Kütemeyer hatte Adolf Hitler im Sportpalast sprechen hören. Das Leben hatte ihn schon sehr geschunden. Lange Erwerbslosigkeit und das Ringen mit der materiellen tot hatten ihn wohl zermürbt, aber unterkriegen ließ er sich nicht. Als Arbeitskräfte auf der Geschäftsstelle am Wilhelmplatz fehlten, meldete er sich zu ehrenamtlicher Tätigkeit. Beschieden und unaufällig tat er hier seine Pflicht,

            An diesem Abend hatte er seinen Führer zum erstenmal gesehen. Nach der Versammlung ging er mit einigen Kameraden zu Fuß nach Hause. Begeistert von der Begegnung sprach man über d Führer und von den Möglichkeiten, wie sich unsere Bewegung einst durchsetzen mußte und würde. Wer möchte nach einem solchen Abend gleich wieder in seine enge Wohnung, wo überall das Gespenst der Entbehrung umging. So

 

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blieb er unter Freunden.

            Man ging durch eine Straße, In der Arbeiter beim Pflastern waren. Da meinte Kütemeyer, auch sie müßten wissen, daß heute Feiertag der Seele sei und rief Ihnen ein "Heil Hitler!" zu.

            Die Antwort waren Fausthiebe, die von einer überzahl harter Hände auf ihn niederhagelten und ihn zu Boden streckten. So angefangen, möchte das der in ihnen erwachen. Mit ihren Holzpantinen Bearbeiteten sie Kopf und Körper des Zusammengebrochenen bis er bewußtlos war, schleppten Ihn eine Strecke weit und warfen ihn in den Kanal.

            Am anderen Mittag erfuhr ich von Diesem bestialischen Mord. Seine Freunde hatten uns schon viel von ihm erzählt, und dieser stille und bescheidene Mensch hatte für die Idee Adolf Hitlers sterben müssen, von der er gerade jetzt erst so recht überzeugt gewesen sein möchte, obwohl er der Bewegung schon seit langem diente. Einen Arbeiter, wie sie selbst waren, hatten sie erschlagen, der ihnen in seiner ersten Freude helfen wollte, mit aufzusteigen in ein Leben, das, wenn es auch schwer, so doch frei und menschenwürdig sein sollte.

            Noch als wir an seinem Sarge stand en, konnte ich das Geschehene nicht fassen. Trotz aller Empörung gingen mir Gedanken durch den Kopf, die nicht in den Arbeitern, die einen der ihren umgebracht hatten, die Schuldigen suchten, sondern bei jenen, die diese Menschen verwirrten und sie in die Irre leiteten.

            im "Tiergartenhof" hatte sich die Parteigenossenschaft zahlreiche zur Trauerfeier eingefunden. Als Dr. Goebbels noch einmal von diesem Toten sprach, hatte man das Gefühl, als trauerte eine größe Familie um einen ließen Heimgegangenen.

            Der Schwur, in verbissenem Kämpfe dahin zu wirken, daß einst die wahren Schuldigen an dieser Bluttat zur Rechenschaft und zur Sühne herangezogen werden könnten, war nie ernster als in dieser Stunde abgelegt worden. Man hatte uns wenigstens erlaubt, ihm das letzte Geleite geben zu dürfen.

            Nach der Beerdigung verließen wir den Friedhof und mußten die erstaute Wahrnehmung machen, daß die anliegenden Straßen von Polizei zu Pferd und zu Fuß nur so wimmelte. Sie ritt kurzerhand in die Menge, die vom Gottesacker kam.

            Von allen seiten drängen sie mit dem Gebrüll: "Weitergehen!...Weitergehen!" auf die Trauergäste ein, die nur langsam vorankamen, weil Tausende nicht mit einmal in die Untergrund- oder in die Straßenbahnen hinein können, und die nicht das mindeste Interesse an Händeln

 

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mit der Polizei hatten. Jeder währte die befohlene Disziplin.

            Ein hochnasiger und übermütiger Offizier meinte zu seinem Kameraden: "Na, sehen Sie, wenn WIR wollen, ktinnen Sie ruhigbleiben!"

            Weil ich sah, wie man die Menschen wie elne Hammelherde zusammenund vor sich hertrieb, und we!1 Ich woete, daB nur der strengste Befehl von Dr. Goebbels, dom wir blind gehorchten, diese Ruhe hier bewirkt hatte, wendete lch mich um und sagte diesen Herren moine Meinung:

            "Sie sind im Irrtum, moine Herrenl Nicht IHR Verdienst ist das, sondern Dr. Goebbels will, daB wir ruhig sirld. Und das ist uns Befehli Bel ihm sollten sie sich also bedanken, denn sonst wären bestimmt noue Tote in Berlinl"

            weiter wolite und hatte ich auch nlchts zu sagen. Angesichts des frivoien Spottes dieses Herrn in Uniform war es herausgerutscht. Ob or sich was daraus machte oder nicht, war mir gleichgültig.

            Lange noch saBen wir Kameraden belsammen, gedachten unseres Toten und harrten nouer Befehle, die helfen sollten, dieser Mordpest ein Ende zu machen .

 

UMZUG ZUM WILHELMPLATZ

 

            Unter der Le!tung von Dr. Goebbels erwies sich die Gaugeschäftsstelle in der Lützowstraße mit ihren vier Zimmern rasch als zu klein. als bekannt wurde, daB der noue Gau am W!Ihelmplatz 12 Zimmer umfaBte, brach unter don Parteigenossen ein Sturm im Wasserglas los.

            Die Angstlichen sahen uns schon in Konkurs gehen. Die Ntirgler aber meinten, Dr. Goebbels sei grtiBenwahnsinnig geworden.

            Zwtilf Zimmerl Kinder, nein, wenn das gut ging?

            Es war eine aufgeregte Zeit in der Parteigenossenschaft. Keiner konnte oder wollte begrelfen, daS es schon so weit mir uns sei, daB ein derartiges Risiko eingegangen werden konnte. Ich entsinne mich noch einer kleinen General-Mitgliederversammiurg in jerien Wochen, in der von allen seiten gerufen wurde: "Der noue Gau?I"

            Dr. Goebbels stand ruhig, wie immer, oben und gab eine ganz kurze Erklärung ab. Damit war die Sache für heute erledigt. Was muB es Ihn wohl gekostet haben, dieses Gemecker in Ruhe hinunterzuschlucken. Doch zielbewuBt und eisern hat or sich stets durchgesetzt. Er dachte und sah eben weiter, als wir aile zusammen!

 

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            Nun ging es an die Arbeit. Am einer verwahrlosten Mie, in der sogar auf Ungez!efer Jagd gemacht werden moete, wie mir ein Handwerker erzähite, der mithalf, elnstand der noue Gau. Freundliche helle Zimmer, die einfach und sachlich elngerichtet wurden, dienten der ernsten Arbelt am Aufbau unserer Bewegung. Auch hierbe! muBte die ganze Parbeigenossenschaft helfen.

            Das so oft In gegnerisdhen zeitungen angesagte Goldschiff aus Rom und dom übrigen Ausiand, und die Millionenspanden der "Industriekapitäne" und "Btirsenfürsten" sind nie bel uns eingetroffen. Wäre das ein Leben gewesenl

            Daher muBte wieder gesammelt werden. Geld, Iöbel, alles, was hier gebracht wurde, kam durch freiwillige Spenden auf. Die Arbeiten führte die S.A. noch nach ihrem Dienst aus. "Unser" Gau hieB es nachher so oft, und or war es ja auch im wortwtirtllchsten Sime.

            als der Gau fix und fertig slch sehen lassen konnte, kamen die Parteigenossen angestrtimt, um die noue Berliner Zentralstelle zu besichtigen. Verwunderung und Bewunderung mischten sich mit Stolz auf das Geschaffene. leder, der dabel betelligt gewesen war, konnte mit sich zufrieden sein.

            Nlcht wenige werden "unserem Doktor" ihr vorschnelles Urteil über Dinge Innerlich abgebeten haben, die or nun einmal allein und am boston verstandi

            Opferfreudig waren die Parteigenossen immer. Dern aile wirschaftliche und polltische Drangsal hatten das Zusammengehtir!gceitsgefühl zu etwas Selbstverstandlichem werden lassen.

            als die BergArbeiter in eiren Lohnstreik traten, spendeten auch wir aile zur Ruhrhilfe. Erwerbslose trugen lhr Schrerflein bel, trotz aller Opfer, die sie schon gebracht hatten. Die als Streikbrecher verschrienen Nationalsozialisten in Berlin unterstützten ihre Volksgenossen in einem anderen Telle Deutschlands unter e!genen Entbehrungen, damit sie lhre berechtigten Lohnforderungen durchsetzen konnten .

 

DER STUCKE-"PROZEf3"

 

 

"Morgen steigt der Stucke-'ProzeB'!" Am llebsten wären aile, die wir Zeit hatten, nach Moabit gekommen. Aber das mit dom Fahrheld war oins Sache, bel der bel don meisten das Moine Einmaleins nicht aufging.

            Dr. Goebbels stand unter Anklage, reil er In einer Versammlung durch eine Hancbewegung die S.A. angeblich zu Tätlichkeiten aufgefordert haben sollte. Bel dleser Gelegenheit soi ein Versammlungsteilnehmer, ein "Pfarrer", schwer verletzt aus dem Saale getragen worden.

            Als lch nach Moabit kam, hatten sie slch schon wie elne Mauer auf der Treppe aufgepflanzt, die bis zum Eingang des Sitzungssaales réichte, in dem "unser Doktor" vor die Schranken befohlen war.

            Es wurde rasch eine Sammlung für die Arbeitslosen der Bewegtng veranstaltet, die eine ganze nette Summe einbrachte. Noch war die Mütze nlcht in die Hand des Rittmeisters zurückgewandert, von dem die Sammlung ausging, als der Justizwachtmeister von innen aufschloB, um uns elnzulassen.

            Da saB nun unser allverehrter Doktor auf der Armsünderbankl Neben Ihm ein Arbeiter, den man verhaftet haben wollte, als er die "schurkische Tat" beging.

            Die Wut packte uns, daB unser Gauführer hier herumsitzen muBte, wo er doch für die Sache Adolf Hitlers aile Hande voil zu tun hatte und Arbeit für drel leistetel Rede und Antwort sollte er Menschen stehen, die für Deutschland nur das taten, was ihnen von Vorteil zum Karrieremachen war.

            An der ganzen Art, wle dieser "Fall" behandelt wurde, merkten wir bald, wie der Hase llef. Alles, was WIR aussagten, war zweifelhaft und in tiefschwarzes Dunkel gehüllt, wohingegen bel der anderen Seite alles im klarsten und hellsten Lichte der reinen Wahrheit erstrahlte. Auch wenn die Aussage von einem artfremden Redakteur gemacht wurdel

            Ntn der "würdige Pfarrer im weißen Haar", wie lhn die Journallle mit liebevoller Kleinmaierei dem geneigten Mitleid lhrer Leser anempfohlen hattel

            Ein aufgedunsenes Trinkergesicht tnd ein aufgeschwemmter Bierlelb waren die augenfälligsten üuBeren Merkmale. Sein Blick war stier tnd stur auf die gegenüberlegende Wand gerichtetm wie er so als ein Häufchen Elend dasaB.

            Um eines solchen menschlichen Wracks wlllen, dem er Alkohol die Takelage zersttirt hatte, wurde hier eine ernstliche Verhandiung tnd mit einer Genauigceit geführt, die ich nie beobachtet hatte, wenn das Leben tnd die Gestndheit eines S.A.-Marines zu Schaden gekomm:n war.

Na, txnser Doktor fuhr denn auch mit ihnen Schlittenl Er parlerte

 

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jaden Hieb als Meisterfechter. Abfuhr auf Abfuhr muBte "der hohe Herr Gerlchtshof" einstecken. Man muBte ihn eben auf aile Fälle mundtot machenl Er sollte eine Strafe angehüngt bekommen. Dern er war elne gefähriiche Macht im Staate von Weimar gewordenl

Sechs Wochen Gefangnis verkihdet man als Ergebnis dieser Verharxilungskomtidie. Der Mitangekiagte kam mit vier Wochen davon.

Und was war In aller Welt und in Wirkllchkeit geschehen?

            ein gekauftes Indlviduum, das wegen Trunksucht aus dem Kirchendienst entlassen worden war und sich immer noch "Pfarrer" nannte, hatte bel den Ausführungen Dr. Goebbels einen ungehtirlgen Zwischenruf gemacht und war verwarnt worden. Daraufhln wurde er lauter und randalierte, so daB lhn der Saalschutz an die frische Luft setzte, wo er wieder zur Besinrxung kommen konnte. Wem we bel dem Gedränge, das durch seine Aufsässlgkeit entstanden war, nicht eben mit Wildlederhandschuhen angefaBt worden war, so muBte man heute bedauern, daB man den Denkzettel nicht krüftiger ausgeschrieben hatte.

            Ein Mensch nümlich, der auf dem Abort, was Ich mit eigenen Augen gesehen habe, den Schnaps aus der Flasche gluckert, hätte in elne Trlr*erhellanstalt und n1cht in eine polltlsche Versammlung gehbrtl

            Der von oben gewollten Gerechtigkeit war jedoch Genüge getan. In den Abendstunden verlieB der Gerichtete das Justizgebüude, von den brausenden Heilrufen seiner Anhänger empfangen, die sich vor der Treppe gedrangt hatten, um das Urteil zu erfahren.

            Sein Weg führte ihn sogleich von Ioabit nach der Hasenheide, wo die Versammlung, für die er als Redner angekündigt war, schon begonnen hatte, tnd wo er mit überwältlgendem Humor und belBendem Spott seine heutige Verurteilung glossierte.

Das "Fiat justicia" hatte für uns wieder einmal eiren eindeutigen Beigeschmack bekommen.

 

KOMMUNE-VERSAMMLUNG IN CHARLOTTENBURG

 

            in der Nähe unseres damaligen Gaues sollte eine kommtnistische Versammiung stattfinden. Die Nazis waren mit eingeladen. Die S.A. und die Parteigenossenschaft, die es erfahren hatten, fanden sich natürlich ein. Denn auch Dr. Goebbels würde mit von der Partie sein.

Der Saal war, als wlr anlangten, schon proppenvoll. Unser Gauführer setzte sich mltten unter die Menge. Das hatten sie nicht erwartet tnd sie begamen unruhlg zu werden.

 

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Auf der Bühne ließ einer taro soundsovielten Mate die üblichen VerIeumdungen über uns vom Stapel. Warin ein S.A.-Mam durch einen Zwischenruf etwas richtigstellen wollte, wurde or geknüppelt and an die Luft beftirdert. Seine Kameraden wollten ihm be(springen, aber unser Doktor rief laut in den Saal hinein, daB or am Schlusse schon mit (hnen abrechnen wolle. Dazu versprach man (hm aine Redezeit von 20 Minuten.

            Als der Herr Kommune-Referont seine Lügenwalze abgeleiert batte, wollte man rasch, über das gegebene Versprechen hinweg, elnem anderen Moskowiter das Wort erteilen. Aber Dr. Goebbels springt auf und verlangt das ihm gegebme Wort. Man verweigert es ihm glatt. Trotzdem verschafft or sich Gehtir in dom einsetzenden Lärm.

            Dr. Goebbels betonte, daB or zu don anstandigen Arbeitern in dieser Versammlmg sprechen wolle. Genau so, w1e der Redner gelog;n, und wie man sein gegebenes "Arbeiterehrenwort" gebrochen bobo, "genou so lügt aura Presse und unsere Führer, und ailes betrügt euch!"

            Die mutigen Worte unseres Doktors verfehlen ihre Wirkung nicht. Zustimmung wird laut: "E in Harz bat or, der Jtibbels!", oder "Donnerwetter! Aile Achtung!", oder "LaBt 'n doch ran, don Jtibbels!"

            Einige sind hier bestimmt taro Nachdanken gebracht worden, die sonst nur nachliefen. Dann forderte unser Gauführer aile Nationalsozialistm ouf, mit (hm dm Saal zu verlassen. Am Eingang erwartete uns Schupo, die Jedem aine "Abreibmg" Oder wenigstens aine mit dom Gummiknüppel verabreichte.

            Am Wilheimplatz sammeln wir uns aile wieder. Or. Goebbels wird ouf die Schultern gehoben und spricht dock eirmal zu don Hmderten, die (hn umringten.

            Wir formiertm uns taro Zuge durch den Western, vorbei auch an dom Stammlokal des so unrühmlichen Herrn Ph(1(pp Scheidemam, der "Villa d'Este", wo or mit der nicht verdorrten Hand so manches liebe Mal dos Sectglas bel einetn echt proletarischen Abendessen gehoben haben wird.

            Immer muer Volksgenossen schlleBen sich der singenden S.A. an. Am Bahnhof Zoo ist die StraBe zu eng, um die Zugteilnehmer noch fassen zu ktinnen, die Dr. Goebbels sprechen htiren wollen. Erhtiht steht unser Gauleiter und raft die Sctmach der neudeutschen Ordnungsorgane in die Nacht, die statt die Kommunisten zu verhaften, die die Angreifer gewesen waren, seine S.A.-hrämer mit dom Gummiknüppel geschlagen hatten. Aber trotzdem solltm sie an sich haiten und

 

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keine Unbedachtheiten begehen, die nur Wasser auf die hKihlen dieser Herren solen. Wir bissen die Zühne aufeinander, obwohl einem jedem van uns das Blut vor Emptirung kochte.

            Oben auf don Bahnsteigen standen die Menschen, IIeBen einen Zug nach dom anderen abfahren, ua don Mklagen lauschen zu können, die hier ein Mutiger mit lauter St(mme gegen ein gantes System in den friedlichen Abend hineinsandte.

            Ein erneutes Geltibnis der Treue zu unserem Führer Adoif Hitler beschloB diesen Abend, der so gant anders endete, als wir gedacht hatten.

 

KLEBEN

 

            Das nächtliche Kleben gehërte zu jeder Wahl, wie der Pinsel taro Kleistertopf. Aber dos Auge des Gesetzes wachte, und die Gagner bewachten sich wtereinander, damit Ja kein lJnberufener die Yfände, Muser, Zäune und Bahnunterführungen zu Reklameflächen machte, die s(e vielleicht schon für sich in Aussicht genommen hatten. Also muBte diese Art Propaganda zu nachtschlafender Zeit ausgeführt werden, was auch don Vorzug patte, daB die Volksgenossen, die früh zur Arbeit gingen, sie als ersten Eindrudc mit fortnahmen. Deshaib war sie wirksam, und bot don Vorübergehenden AnIaB zu Diskuss(onen.

            Warin ich an dos Kleben denke, so fällt mir mancher Kamerad ein, der weiB Gott nicht die allerglücklichste Figur abgab. Be(spielsweise hatten wir einen Trommter, der selbst wie aine Kesselpauke aussah. Der erschien an einem solchen Abend mit einem Kleistertopf vor dom Bausch, dessen Form or ihm angepaBt batte. Darüber trug or aine WlndJacke und glaubte, aine gant geniale Erfindung gemacht zu haben. Die Plakate und don Pinsel nahm ein anderer roter seine Jacke.

            Elne gante Reihe von Zetteln prangten bere(ts in leuchtendem Rot an don WürxJen, da pfe(ft unser Radfahrer, der "Patrouille ritt". Das h(eB: Gefahr im Verzugl Also schleunigst die Beine in die Hand genommen!

            Roch an der nächsten StraBenecke ereilte uns dos Geschidc in Gestalt einer zwe(ten Pol(zeistreife, die uns Ilebevollst in Empfang zu nehmen gedachte. Vor allem hatten sie don Dicken "ouf dom Kieker". Der tritt pititztich pinter uns, Itist die Schnur von seinem Bauchladen, in dom Re(Bau, dos wir wie ouf Konmando nahmen, fälit

der Kleistertopf mit lautem Mail, als or aine Ecke umschiffte, auf dan Boden. Hose und Schuhe sied von klebrfgen Bahnen gestreift.

            Immer noch müssen wir Tempo vorlegen, da uns die Hüter der Ordrxng auf dan Fersen bleiben wollen. Aber bald sied w!r in bekamtem Ravier und vorlKUfig gerettet. Dom die Schupo bat sich entweder verrant oder das Rennen aufgegeben.

            Wlr gehen weiter. Vier voraus, der Dicke prustet und keucht hinterdrein und macht ein Gesicht, als ob (hm ein Hagel das ganze Korn verschlagen hätte. Hose und Windjacke sind hin! "Das nüchste Mal n(mmt abat ein anderer dan Klefstertopf!" mente or, wlihrend or seine "Schale" von oben bis unten mustere. So wurde es auch gehalten. Er durfte dan Pinsel schwingen.

            In Kommune-Gegenden ging es natürlich viol heiBer ber. Augen wle ein Luchs und Ohren muBte man haben, die das Gras wachsen hürten. Elne Kolome von 6 Mann sind wir schon aine Stunde dekorat(v tKt(g. Unser nüchstes Ziel (st eine lange Bahnunterführwg. Polize( ist nicht in Sicht. Dre(Big Piakate kleben wlrkungsvoll an (hren Bestlmmungsort. lJnser Vorrat jedoch geht zut Neige.

            Wir htiren von gegenüber sprechen. Augen aufgemacht und die stodcdunkie Nacht zu durchdringen versucht! wir müssen die Wahrnehmung machen, daB drüben we(Be Zettel kleben. Unsere schürfste Konkurranz!

            Zwei Kameraden gehan hinüber, um sich zu vergewissern, ob es tatsKChlich Kommune ist. Denn in diesen späten Stunden waren meist rxur wir auf nchtlichem Plan. Die andere Sefte schien sich ebenfalls für uns zu interessieren. Dem aine Grappe bewegte sich auf ms zu.

            Wfe in der Regel bai soldhen M lüssen wurden nicht viol Worte gewechselt. Es tarde gleich Fraktur geredetl Fast lautlos ging das Ringen um die PIKtze an dan Wünden minutenlang vor sich. Auf beiden Se(ten gab es Verletzte. Plötzlich sied die Moskauer spurios verschwunden. In dieser Gegend blieb kein Plakat von ihnen hilngen. alle Kameraden, die in der Nacht erreichbar waren, muBten bai ihrer Entfernung mithelfen.

            Diese Hetze (m Dunkel und das ew(ge Gehetztsein ging uns alimühIich dock etwas an die Nieren. Da kam Horst Wessel wieder einmal auf einen ebenso ausgefallenen, wie praktischen Gedanken: Der M(Ichwagen aines Kameraden wurde unser fahrbares Versteck. 14 Mann zwangten wir uns in dan Kasten, der ohne Fenster Oder sonst(ge tiffrxung war. Auch die Tür muBte geschlossen gehalten rarden.

            Gas gegeben und ungefKhr 8 StraBen weiter gefahren! Raus aus dan Kartoffeln, ritsch-ratsch gekleistert, Plakate darauf und wieder

 

rein in die Kartoffeln! Der Laden batte geklapptl

            Vom Fischerkietz ins ebenso berüchtigte Scheuenviertel gesteuert! Der Auto-Sesam üffnet sich, Schnellarbeit, wie im Akkord, zu die Klappel, und in Minuter sind wir wieder Kllometer weiter. So geht das kreuz und quer durch unseren schlatenden Bezirk. In einigen Stunden hatten wir mehr geklebt, als sonst in Wochen.

            Jetzt naht Bine Pol(zeistreife. Au verflucht! Wie aus der Schlinge z(ehen? Dar Bremshebel kreischt, der Wagon hült, der LeNcer krlecht enter dan Kühler, als ob dort etwas nicht in Ordnung sel, und wir verhalten uns im I mern mudcsmäuschenstlll.

            Die Streife nimmt sich unseren pferdekrKftigen Lenker vor. Wir müssen die Zähne aufeinanderbeiBen, denn das Lachen sitzt uns wie ein Distelkopf in der Kehle.

            Das blaue Zw(Ilingspaar (st mit unserem Fahrleiter iris Gespräch gecommen, und dan Polizisten ist es ein Rätsel, wie es mtiglich ist, in so kurzer Zeit und an dan verschiedensten Stalle Propaganda anzuklebenl Unser Wagenlenker schimpft wie ein Rohrsperling auf seine "Panne", denn irgendwie muB auch or sich das Lachen verknelfen! Dann IKBt Ihn die Schupopatrouille mit seinem "Bruch" allein, dan or gemacht bat.

            Vergnügt und zufrieden dampfen wir nach Hause. Ein echter tiorstWessel-Streich!

 

AUSMARSCH BEI 35 GRAD KXL_TE

 

            Es war im Winter 1928 auf 29, der sich von seinen Vorgüngern durch die hohen Kültegrade und seine Hartnàckigke(t auszeichnete. Dazu waran in Berlin stellenweise die Kohlenvorräte sehr knapp geworden.

            "Also morgen früh um sieben Ihr ist alles pLMtiich in der 'Wagenschm(edel!"', verabsch(edete uns unser Sturmführer am Abend zuvor.

            Dar Kamerad, mit dam ich nach Hause ging, mainte, wührend ihm fast die Zilhne klapperten: "Schwitzen werden wir morgen ja gerade nicht!"

            als mit am nKChsten Morgen um 6 Uhr der Wecker dan Schlaf aus dan Gliedern rasselte, waren moine Fensterscheiben ein phantastisches Blumetmeer. Solche didcen Eisblumen baba ich nie für mbglich gehalten. Was mochte da erst drauBen für ein Lüftchen weber?

alles rxir verfügbare YoIlzeug wird hervorgesucht und rasch einer

 

Musterung unterzogen. Dem marschiert muBte werdenl Die Kleidung

sollte daher nicht nur warm, sondern auch zweckdienlich sein. Mehrere Hemden und aine WoIIJacke darüber fielen unter dam Brauntend nicht auf. Hierbel zeigte sich, wie praktisch aine schianke Taille Ist, wie sie aine lange Erwerbslosigkeit ganz von selbst zuschneidert.

            Nach dam Anziehen noch aine Tasse recht helBen Kaffees, und dann hlnaus in don anbrechenden Wintertagl

            Donnerwetter, wle das um die Nase pfiff und auf dam Gesicht krlbbeltel Durch die Luft wehte buchstäblich Els. Der Boden unter don FüBen knisterte glüsern. Auf dan driten Gang umgeschalteti Das wärmt wm igstens ein blBchen.

            Auf dam Samnelplatz sind schon einige Kameraden anwesen. Sie empfangen mich mit faulen Witzen und Scherzen, wie sie der Galgenhumor in solchen lagen besonders gern erzeugt. Dam kamen von aile Seiten Braunhemden angerückt. Zun Schlusse waren 90 Prozent des Sturmes zur Stelle, die übliche Zlffer bel Ausmärschen. Die grimmige Kälte hatte also keinen Kameraden zu schrecken vermocht. Befehl was (Men Befeh I !

            Die Luft war jedoch derartig schne(dend und durchdringend, daB unser Sturmführer dan Marsch bel d(esem Wetter wohl nicht verantworton zu kümen glaubte. Es wurde daher jedem freigestellt, wer mltmachen wollte.

            Niemand trat vor die Front! im Gegenteil fanden aile dan Gedanken, siçh von der Kälte unterkriegen zu lassen, htichst abwegig. Der Dienst war n.n einmal angesetzt.

            Wir IfeBen unseren Zweltaktmotor ordentlich anlaufen. Aber erst belm überschreiten der Felder wurde uns fühlbar klar, was wir uns zugemutet hatten. Die Elswehen, die auf uns eindrangen, waren kaum noch zu ertragen,

            Kommt ein Fuhrwerk an und nimmt uns mit. horst waren wir aile Hans im Glück, Aber auch das war ein wenig wirksamer Notbehelf. Verschiedene Nasen und Ohren verfärbten slch, aus dan Gehwerkzugen begannen "Elsbeine" zu werden und mit dan Handen komte man bel unserem dichten Stand nlcht um sich hauen.

            Wleder runter auf die Pedalel Mir altem Soldaten war dlese Urgemütlichke(t aus dam Felde nidhts Noues. Doch genau wie die ülteren, schritten auch die jüngsten Kameraden rüstlg neben uns ber. In dünner und dümster KIeldung.

            Einer verzog dauernd das Gesicht in dan solsten GrImassen. Dem die braune Hose und das braune Hemd über einem weißen waren seine

 

gante Bekleidung. Woher sollte ein Jahrelang Erwerbsloser auch mehr besitzen? Aber keiner murrte. Es wurde (m Gegenteii noch schadenfroh geschertzt, wem dam Nebenmam die Nase oder die Lüffel noch r6ter oder blauer anllefen, als die eigenen.

In Blumberg in der Markt sollte Dr. Goebbels sprechen.

            Es dauerte nicht lange und sein Wagon stand neben uns. Wie immer, in blauer Witze und Lederjoppe, kletterte or aus dam offenen Gefährt, blau und steif gefroren. Aber zu eineln freundlichen Lachen langt es trotzdem noch, als or uns begrü6t.

            Rein in Bute Stube, die wir aufgesucht hattm , um unsere ungelenken Glieder wieder in SchuB zu bringen. Wir waren Ja selbst ein Stüdc Weges gefahren und konnten uns also so ungefähr ausmalen, wie gemütlich es in seinem offenen Wagon gewesen sein mochte. Das Marschieren war dagegen aine Wohitat gewesen.

            Vor der Türe hielt Dr. Goebbels im Frelon aine Ansprache, die trotz der KäIte von ein(gen Bauern mit angehtirt wurde. Wührenddessen wurde gef(Imt. Die Mimer am Kurbelkasten leierten wie wild, denn bel derartigen Tenperaturen übten sie ihren Beruf sicher nicht aile Tage aus.

            In das Lokal zurück! Unbeteilgte hätten vermutet, sie selon in aine Gymnastikschule geraten. Aile nur erfindbaren Systeme der Ktirperschulung wurden an diesem Tage ausprobiert. Dem aine gute Blutzirkulat(on ist immer nodh der baste Heizkürper. Auf eirmal ist einigen der Mund sowe(t aufgetaut, daB sie slch einen e(genen Vers zurechtlegen konnten. Das lautete: "Und unser Goebbels gibt uns dann zum Lohn ein FüBchen Bier. Holdrioh, ich bin ein Hitlermam von der Standarte vier."

            Aber unserem Doktor scheint das Trommelfell bai der Külte geplatzt zu sein, oder or bat E(sklumpen in seinen Ohrmuscheln, die rbch nicht aufgetaut sind. Das Lied steigt zum zwelten und etwas lauter. "Ein FäBchen Bier" wird fortissimo gesungen. Und wahrhaftig: "E(, el, wer tommt denn da?" Es kam ein bere(ftes Ttimchen angerollt mit "Hopfen und Malt, Gott erhaltsl". Wir darüber ber! Das tilts die Kehlen und machte dan Mund liederfroher bis zum Aufbruch.

            Kruz(türken, war denn Petrus von aile guten Geistern verlassen? Oder batte die 4uedcsilbersäule einen Tiefer~coller bekommen? Das war Ja drauBen noch nürdlicher gewordenl Oder kam es uns nur so vor?

            W(e Schön muB es Jetzt bai Muttern am Ofen sein! Aber es half nichts, es gang wieder zum Städtele hinaus. Erfrorene Hasan und Rehe lagen auf dan Feldern umher. Die Luftstand wie ein Elsklumpen un uns

herum. Weiterl Die Nase moines Nachbarn raurde kommunistisch rot. Merkwürdig komisch saB itm der Riechkolben in der Fassadel

            Ein anderer hat allmählich schneeweiBe Ohren an den Selten häncgen, die zu wachsen scheinen. Erfroren! Elnem anderen und noch violon Pst das oder jenes Glied erstarrt. Sie beiBen die Mme aufeinander, Durchhaltenl Die Hauptsache ist, daB sonst alles gut geht heutel

            Und endlich sitzen wir im Zuge. Fahren vorbei an zentralgeheizten Villen, die wir uns nicht lelsten ktinnen. im Norden Berlins springen uns die Lokale in die Augen, in denen wohl, in dichten Qualm gehülit, die Menschen sich drängen und sich mit schlechtem Fusel eine kurze Wärmewlrkung vortäuschen. Was sie dadurch zuhause an Helzung zu sparen sich einbllden, geht hier In den Knelpen doppelt und drelfach draufl

            Wir aber nmarschleren, zwar bis auf die Knochen kalt, jedoch mit Imerlicher Befriedigung helm. Zuhause harrtm unser verschiedene Lbffel heiBer Suppe, die wie ein Gtittermahl mundeten.

            Ein schwerer Tag, der beinahe übermenschliche Anfordenngen an die Selbstbeherrschung jedes einzelnen Kameraden gestellt hatte, und doch auch einer der schtinsten während meiner langjährigen Zugehtirigkeit zur S.A. war zu Ende gegangen.

 

DIE GANZE STANDARTE 4 WIRD VERHAFTET

 

            Wieder einmal nähert sich der Kampf für die Stadtratswahlen seinem Htihepunkt. Am Abend des vorletzten Tages werden treppauf, treppab noch Flugblätter in die Briefkästen gesteckt. Morgen sollte eine Propagandafahrt durch die roten Viertel Berlins steigeni

            Am Sonntag früh sind wir mit unter den erstm, die zur Wahlurne gehen. Dam sammelt sich die ganze Standarte 4. im Nu sind die Lastautos besetzt, und wir fahren kreuz und quer durch unseren Bezirk, den berüchtigten Berliner Norden.

            Kampflleder lassen die FuBganger aufmerken. im Sprechchor gibt jeder seine voile Lungenkraft her, um das deutsche Gewissen von Berlin aufzurütteln. Durch einen groBen Trlchter brüllt ein S.A.-Mam , was sein Brustkasten hergibt, unsere Listenummer In die Gegend.

            Dabel treibt der Berliner Humor audi bel uns und sogar in Versen die üppigsten Blüten, wle belspielwelse:

 

"Wer auf die SPO. vertraut,

Dem haben sie den Verstand geklautl"

 

            Diese Schlagerwalze wurde am meisten gespielt. Das schien besonders in den von Sozialdemokraten bewohnten StraBenzügen wie das rote Tuch auf den Stier zu wirken. Hier, wo ailes schwarzrotgelb geflaggt hatte, tellweise auch mit rein roter Belgabe, klang unser Ruf am lautesten.

            In den rotesten Vlerteln, wie Weddlng usw. wurden wir noch um elnige Tonarten deutlicher:

 

"Für Frelheit und Broti

Der Kommune den Todl"

 

            Wutverzerrte Gesichter und drohend geballte Fäuste verrieten die Wirkung. Auch Steinwürfe hagelten zwischen uns. Manchmal flogan uns auch BlumensträBe zu, allerdings waren die Ttipfe noch daran.

            Stundenlang kreuzte unsere Wagenkolonne im Norden hin und her. Wir hatten die Reinickendorfer StraBe im Wedding durchfahren, da, war das mbgllch?I

            Sollte unser Standartenführer wirklich den Befehl gegebm haben, in die Ktisilner StraBe einzubiegen, DIE StraBe der KPD., die jeder Kommunist als "unsere StraBe" bezeichnete. Die StraBe, von der die Moskowiter behaupteten, daB kein Nazi in Uniform sie je betreten würdel

            Tatsächlichl Der erste Wagon biegt um die Ecke und es geht hinein in die rote Htille. Transparente mit Hetz- und HaBgesangen gegen ms waren fast an jedem Hause angebracht. Das Schupobegleitkommando verweigerte uns den Schutz für diese Extratour. Es führt die Relnickendorfer StraBe weiter und erwartet uns am anderen Ende der Ktisliner StraBe.

            Ich selbst war auf dem letzten Wagon und komte so genau die Wirkung beobachten, die unser Auftreten ausitiste. Zuerst war man beinahe wle vor den Kopf geschiagen und traute seinm Augen nicht recht. Aber dam brach die rote Flut über die Dämmel

            Mit einem Platzregen von Pflastersteinen wurden wir überschüttet. Auch andere Wurfgeschosse prasselten auf uns nieder. Kübel von Unrat ergossen sich über uns. Ein ohrenbetäubendes Geheul und Gejohle der ganzen Anwohnerschaft erfüllte die Luft. Das zarte Geschlecht tat sich dabel ganz besonders hervor.

            Mitten in diesen Htillenspektakel knalit mehrere Male der Vergaser eines unserer Autos. Urplbtzlich ist aus dom Indianergeheul Klosterruhe gerrorden. Entsetzen und Angst malt sich in allen Gesichtern.

            Wie ein Amok läufer rennt an den Häuserfronten der Ruf entlang: "Die Nazis schieBenl"

            Rette sich, wer kannl Wir aber fahren lachend und nurmehr ungefährdet unseren Husarenritt weiter, nach Reinlckendorfer zu.

            Unterwegs hatte uns ein überfallwagen aufgelauert und stellt uns. Denn audh die Polizei hatten den Ruf: "Die Nazis schie8enl" für bare Münzen genommen. Wir werden auf Waffen durchsucht. Natürlich ergebnislos. Jedoch hatten wir die "pol!tischen Kinder" des Herrn Severing, unseligen Andenkens, in Unruhe versetzt, und das muBten wir selbstredend zu spüren bekommen.

            Elne zweite Untersuchung, die teilweise bis aufs Hemd ging, folgte und verlief mit dem gleichen Resultat.

            Wir muBten warten, bis das Telefongespräch, das unter vielem Hin und Her mit den Polizeigewaltigen am Alex geführt wurde, zu Ende war.

            Der Polizelgewaltigste lud uns zum Besuch seiner Burg an der AlexanderstraBe ein. Eskortiert von mehreren Schupoautos steuerte die ganze Standarte, etwa 400 Mann, dem befohlenen Ze!le zu.

Dauernd schroll von unseren Wagen im Sprechchor der Ruf:

 

"Wlr Sind verhaftet worden,

we i I die Komnwen morden I "

 

            Auf diese Weise wurde die Bevtilkerung auf uns aufmerksam. In der MagazinestraBe angelangt, traten wir vorschrlftsmäBlg an und zogen geschlossen unter dem Gesang des Deutschland-Liedes in das Prüsidium ein.

            Der Bau hatte sicher noch nie einen derartigen Massenbesuch gehabt. Nicht verangstigt und schuldbewu8t, sondern erhobenen Hauptes und mit Hohnlächeln ging der Einzug vor sich.

            Unseren mehrstündigen Aufenthalt in dem Bereich des Herrn Grzesinski verkürzten wir uns mit "Schinkenklopfen" und anderem Sctnack. Erst von halb zwëlf nachts ab wurden wlr in Trupps von drel Mann entlassen, um uns in teuflicher Freude an diesem erregten Abend eventuell der Kommune auszuliefern.

            Jedenfalls kamen wlr gerade noch zu der Verkündung des Endergebnisses der Wahl zurecht, das uns für ailes entschädigte, da sie

 

besonders günstig für ailes ausgefallen war.

 

DIE MÜTZE IM ANTI-KRIEGSMUSEUM

 

            "Ist das nicht eine Gemeinheit, dieser Hund von Friedrich hat noch imurer die M(Litze unter der Glocke in seinem Schaufenster liegen! Es ist mir fast unverständlich, daB sich keiner findet, der sle gewaltsam aus dem Laden herausholt. Mich kennen sie ja aile hier, und würden mich haarscharf beobachten, sonst würe sie längst nicht mehr dort!"

            Mit diesen Worten kam Horst Wessel eines Abends in meine Wohnung, Ich sagte ihm, daB ich nicht wüBte, worum es sich handele, und bat um eine nahere Erklärung.

            Also in der ParochialstraBe, im Schaufenster des berüchtigen "Ant!-Kriegsmuseums", Ifege unter einer KKseglocke eine Hitlermitze, die bel elnem Streit mit S.A.-Irfamern als Beute in den Händen der Kommune zurückgeblieben sei.

            Herr Friedrich hatte seinen Marxistengeifer mit der Aufschrift: "Vorsicht, Hitlerbazillenl" darüber ausgegossen.

            Ich versprach Horst Wessel, mir die Sache einmal anzusehen und die Münze nach Mdgllchke!t zurückzuerobern.

            Weil in elner Stunde mein S.A.-Dienst begann, wollte ich die Ausfihrung bis morgen verschieben. Nach dem Dienst aber trat ein Kamerad an mich heran und schlug vor, mit lhm zusammen die Mütze aus der giftbude zu holen.

            "Also wieder dlese Mützel" Ste muBte demnach schon IKnger dort liegen meinen Kameracen zum Xrger, den Gegnern zu billigem Spott. Wir einigten uns schi!eBlich, auf den folgenden Tag. Der Weg von melner Wohnung zur ParochialstraBe war kurz und wurde durch den Xrger Ins uns noch weiter verkürzt, denn der Kerl sollte merken, daB wie unserer nicht spotten IIe8enl

            Nie hatte ich dieses paziflstische Hetzkabinett betreten, das sich den bombastischen Namen "Museum" gefallen lassen muBte. Auf mich alten Frontkümpfer wlrkten die mit Erde und Blumen gefüllten Stahlhelme htichst albern. Der Inhait des Schaufensters war widerlich und mit soich verlogener und faustdicker defaltistischer Tendenz zusammengestellt, daB diese Kulturschande wlrklich nur unter den damaligen Machthabern müglich war. Der klelne halbdunkle Raum war mit dom Urumëgllchsten ausstaffiert, was auf Verhetzung oder Dummhelt speku-

 

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lierte und nur auf niedrlge und vertierte Instinkte noch Eindruck machen komte.

            An der Kasse saB ein ältllches Fräulein, das für ein Altertumsmuseum oder eine Raritütenschau überfülllg war. Wir entrichteten unseren Obolus in Htihe von einem Groschen. Dann taten wir so, als betrachteten wir diese "Nie-wieder-Kriegl"-Illustrationen sehr eingehend. Das eine Auge war alterdings stets in Richtung ILitze eingestellt.

            Ich mudB gestehen, sehr wohl war mir nicht in meiner Haut, und es waren bange Minuten, die verstrichen. Dem seibst wenn die Sache geklappt hatte, wuBte man nicht, ob einer von der Kommune, die auch hier Unterschlupfe hatte, noch im letzten Augenblick dazwischenkam. Es hätte auch ein Schupo sein ktinnen. Aber das war für einen S.A.Mann damais ja nichts angewbtnliches.

            Waren wir im Begriff, einen Einbruch zu begehen, uns an fremdem Elgentum zu vergrelfen? Neinl Dem die hlütze gehürte ja einem Kameraden. Sie war ein Tell der Uniform, die tragen zu dürfen wlr aile so stolz waren.

            Also, keine Zeit verstreichen lasseni Ran an den Speck, in diesem Falle die KKseglockel

            Ein Bllck nach hinten. Es war weiter niemand da. Zugegriffenl Einer hebt die Glocke, der andere zieht die Mütze darunter weg. Krach, die Glocke wieder aufgelegt, und dam raus aus der Rüuberhühle.

            Wie wir auf die StraBe kamen, kann Ich heute nicht mehr angeben. Ich will ruhig gestehen, daB mein Herz auf höhere Tourenzahl umschaltete, und daB wlr etwas versttirt am Alexanderplatz anlangten.

            Was mit der Witze anfangen? Wer sollte sie an sich netmen? Keiner wollte sie behalten, denn wir hatten belde dasselbe gewagt. Ohne viel Worte tauchen wir In den Schlund der Untergrund und fahren zum Gau, der zu jener Zeit noch am Wilhelmplatz war, um die Mütze abzuliefern. Der gerade anwesende Geschäftsführer drückte uns die Hand und sagte nur kurz: "Brave Kerle seid lhrl" Wir hatten ja nur einem Kameraden sein Eigentum zurückgeholt.

            Die nächste Nummer des "Angriff" brachte die Notiz, daB von unbekannten S.A.-Männern Bine Hltlermütze abgellefert worden soi, die sie aus dem "Anti-Kriegsmuseum" entfernt hätten, damit unser unbekannter Kamerad wuBte, wo er sie in Empfang nehmen konnte.

            So arbelteten wir immer: ohne groBes Drumherum, ohne mit der Nase daraufgestoBen werden zu müssen und ohne Namensnennung.

 

Herr Friedrich von der Kommune, der Besitzer des würdelosen Saftladens, schrieb sich in seinem Schmierblatt "Die schwarze Fahne" einen langen Wutartikel ab, über einen "Einbruch" und "Raub" der S.A., der hauptsächlich der Kasse gegolten haben sollte. Mit dem Inhalt von 17 Mark hütten wir uns aus dem Staube gemacht. Ein Mann, wie dieser unsaubere Herr Friedrich konnte uns mit solchen Verdächtigungen nicht an die Ehrel

            Dieses bedruckte Papier war eine jener Peststätten, die durch Lügen und Verleumdungen HaB in den verführten deutschen Arbeitern züchteten und wachhielten. Mit ihren Erwerbslosen-Groschen kauften sie sich diese mit allen Schlichen Moskauer Dialektik abgefaBten Wlderlichkelten und glaubten sie.

            Später einmal htirte ich diesen Herrn in "Haverlands Festsälen" zur Diskusslon sprecten. In seiner Erwiderung kaufte lhm unser Dr. Goebbels rasch die anfüngliche Kurage ab und schickte ihn mit tüchtigen Abfuhr nach Hause.

            Wann endlich wird dieser schäbigsten Sorte unserer Gegner in Deutschland das Handwerk gelegt, muBte ich auch hier denken.

 

KALAU

 

            Ein freier Sonntag war für uns um diese Zeit ein nutzlos verbrachter. Damit es mit dem heutigen nicht ebenso würde, machten wir uns auf elgene Faust auf Propagandafahrt. Das Ziel war das bekannte Kalau. Der Milchwagen, der uns zu so schneller Klebearbeit verholfen hatte, brachte uns an Ort und Stelle.

            Wie es zwölf immerhin ziemlich ausgewachsene Menschén in diesem kleinen Raum bis Kalau aushalten konnten, ohne daB Sauerstoffmangel eintrat, ist mir noch heute unbegreiflich.

            Ein Kamerad, der ein echter Kalauer war, hatte unsere Ankunft verbreltet, und der Empfang war wlrklich nlcht schlecht. Es gab relchIich zu essen. Speck, Schlnken und warmes Essen, alles Delikatessen für die meisten von uns, die wir von der Stempelkarte lebten. Selbst der, der als ewig hungrlg verschrien war, stand am Abend gesüttigt von den relchlichen Mahlzeiten, wem auch wehmütigen Blickes, auf, denn er rechnete sich wohl im Stillen aus, wle oft er stempeln gehen müBte, um sich solche Herrlldhkelten leisten zu kümen.

            Nach der ersten Atzung treten wir zum Umzug an. Unsere S.A.- und Kampflieder locken die Bevölkerung vor die Häuser. Wer woete damals

v(el, wer wir waren?!

 

            Dann hinaus auf das ffichste Dorf. Auf einen fre(an Platz wird eine Ansprache gehalten, und baid sind wir von Menschen umringt. Als wir we!terzogen, begleftete man uns sogar ein Stüdc Weges.

 

            Wfeder sied wir auf der LandstraBe. Von weitem sichten wir ein Lastauto. Die Faine (st nicht recht zu erkemen. Sollten andere Kameraden dan gleichan Gedanken gehabt haben? AusgerecMet haute?!

 

            Jetzt kümen wir die Fuhre erkemen. Es ist "ReichsJammer"! Nun aber drauf und dran l E i n Fishn t e i n von zwü t f Mann gegen die m i rxiestens zwülffache üherzahl!

 

            Und was tun die Sklarekhelden? ihr Wagenleiter muB Vollgas gehen, und die republikanische Garde verzfeht sich mit Remgeschwindigkeit.

 

            Mitten in unser Lachen hinein ertünt schon wieder Mus (k. Also: Auf in dan paf Torero! Unsere Kampfeslust war durch die Fehlanze(ge entfacht. Den (ummiknüppel fester gefal3t, und nun la8t sis komn!

 

            Sie kamen auch, (m Schritt und Tritt, die ...wadceren Feuerwehrmanner des Ortes, die zu (hrem Festplatz marsch(erten. Da blfeb uns denn nichts anderes zu tun übrig, als zu wenden und an dan Don Du(xote sel(g zu denken. Elne driihende Lache mit der wfr welterfuhren, hätten die würdigen Herren uns vielleicht verübeit. Das war ja nicht nütfg und lag nicht in unserem Programn.

 

            Efnen Erfolg hatten wir wen(gstens erz(elt, wieuns unser Kamerad, der echte Kalauer, spter erzählte. wir waren die ersten gewesen, die in lJniform durch disse Gegend gezogen waren und die Bevülkerung wachgerufen hatten. Man fing an, sich mit uns zu beschüftigen. Bas war für dan Anfang genug.

 

WERNER WESSEL

 

            Werner Wessel, der Bruder von Horst Wessel, war uns aller ein guter Kamerad. Ein I(eber, lustiger Junte, der ans mit seinem angeborenen Talent, mit spëttischem Humor auch heikle Lebenslagen nicht besonders tragisch zu nehmen, über manche Sache hinweggehoifen bat, wem sis anfing kitzilch zu werden. Ich kann mlch nicht entsinnen, daB er jamais efnen Dienst versNUmt hotte.

 

            Als wir, wie so oft In jener Zeit, nach einer Versamnlung (m Friedrichshain einen Protestmarsch antreten und aus aller angrenzenden dunklen StraBen mit Steinen beworfen werden, da sagte er, raban

 

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mir marschierend: "Ratsch! Vorbeigezielt! Beinahe hotte mich der Stein getroffan! Sonst nicht schl(mm. Aber morgen steige ich ins Examen, da hotte er mir müglicherweise ailes herausschmelBen künnen, was sich in meiner Gedankenscheune angesammelt hatl"

            Das war gegen ein Uhr in der Nacht. Er wolite eben beim Dienst nicht fehlen. Erst recht nicht, wo ailes in Aufruhr war, und obwohl er ein paar Stunden später geprüft wurde.

            Werner Wessel brachte uns auch das Wiener Jungarbeiterlied: "Es pfeift von aller Dächern..." von seinem Aufenthalt dort mit.

            Als er noch unschlüss(g iberlegte, ob er mit oder oMe Braunhemd auf Skitour in das Gebirge fahren solite, da dachten wir be(de niMt daran, da8 dies unser letztes Zusammensein war. Das war am letzten Samstag vor We(hnachten.

            Er batte ein Theaterstück verfaBt, in dam er auch die Hauptrolle spielte. Disses Stüdc war dan S.A.-Mnern so recht aus dam Herzen geschrieben. Das Bonzentum iNurde angeprangert, wie wir es täglich sehen muBten, und der Beifall am Schlusse ze(gte, daB er einen Volltreffer gelandet batte.

            Ich stand am BüMenausgang, als Werner Wessel herunterkam, und warf ihm ein paar Scherzworte zu, die er schlagfert(g parierte.

            Am folgenden Tage fuhr er ins R(esengebirge und kam im Schneesturm um.

            Die Nachricht traf bel uns ein, als wir gerade dan Christbaum putzten! Es war mir, als ob maire Hände lahm geworden saler. Tot, der noch eben so lebensfroh von uns gegangen war? Bas komte doch nicht mtigilch sein!

            Dam salien wfr ihn in seiner elterlichen WoMung aufgebahrt zur letzten Fahrt. Disse letzte Fahrt war ein Trauergelefte, wie es selten efnem gewüM lichen Menschen, und noch dazu einem so Jungen, zu tell wird.

            ein endlos langer Trauerzug, zu be(den Se(ten von Fackeltrügern flankiert, bewegte sich von der JüdenstraBe durch die Altstadt dam Nikolaifriedhof zu. Vorbel an Volksgenossen und Volksgenossinnen, die die Bürgersteige séiumten und mit erhobenen Armer dan totan jungen Kämpfer für ein kommendes Deutschland grüBten.

            Vorbei an dam Karl-Liebknedht Haus am Bülowplatz, der haute dan Namen seines Bruders Horst Wessel trägt, der Bruststätte ail der GemeiNheiten, die in Wort, Schrift und Tat gager unsere Bewegmg ersonnen und ausgeführt wurden. ihre intellektuellen Urheber standen an dan Fenstern und salien mit verhaltener Wut dan Zug vorbeiziehen,

der kein Ende nehmen wollte. Sie muBten auch aus der überwaltlgenden Teilnahme erkennen, daB die Idee Adolf Hitlers in Berlin schon stark in die Brelte gegangen war. Aus allen Schichten der Bevtilkerung bildeten sie Spaller, ohne sich durch die Anplibelungen entmutigen zu lassen, die auf Befehl aus dem Liebknechthaus und gegen Bezahlung von dort Stdrungen hervorrufen sollten.

            Es war bereits dunkel geworden, als die erhebende Trauerfeler am Grabe unseres heimgegangenan Mitkämpfers zu Ende ging. Die S.A. rückte geschlossen nach Stürmen ab. Am Neuen Markt verlieB ich moine Kameraden, da mich hier meine Frau erwartet hatte. Mit ihr und einem Kameraden ging Ich nach meiner einige StraBe weiter gelegenen Wohnung.

            Unterwegs, unter einer Bahnüberführung, werden wir von einem Halbwüchsigen, der unsere Uniform gesehen hatte, beschimpft. Das sollte das Vorspiel sein. Denn der Bengel hatte Schmlere gestanden. Uns war wirklich nicht an Auseinance rsetzungen mit solch grünem Gemüse gelegen. Wir dachten an unseren Toten. Ein kräftiges Schimpfwort moines Kameraden war die einzige Erwiderung auf die Anptibelung.

            Die Haustür Ist erreicht. Main Kamerad gibt uns zum Abschied die Hand und sieht sich dabel um.

            "Sie komnenl" stüSt er hervor, und wir verschwinden schleunigst in don Hausflur.

            Den Schlüssel aber, der in meiner Tasche steckte, kam ich nicht rechtzeitig mehr herausbringen. Mit Aufbietung aller Kräfte drücken wir von innen zu und zwangen unserer Schuhsohlen unter die Türe. Ein lautloses Kräftespiel von beiden Seiten. Wie lange, ich weiB es nicht.

            Die drauBen erhalten Zuwachs. Uns versagen fast die Muskein.

            Da hëren wir einen von Ihnen flüstern: "Knali dock einfach hineinl" In ihrer Angst rief In diesem Augenblick meine Frau um Hilfe In das dunkle Haus.

            Auf don Treppen waren in wenigen Sekunden aile die Zugewanderten versammelt, die in dieser Gegend lhren Aufstieg begannen, und unter denen zu wohnen wir das mehr als zwelfelhafte Vergrügen hatten. ein schadenfrohes Lachen war das einzige, was sie uns zukommen ließen. Denn wir waren Ihnen ja längst ein Dorn im Auge. Es kam Ihnen sidher erwünscht, daB don verhaBten Hazis eirmal zu Leibe gerückt wurde.

            Ein erneutes Rufen hatte wohl drauBen Menschen aufmerksam werden lassen, dem sie stellten lhre Bemühungen ein. Moine Frau wies blutunterlaufene Flecken am Fuß und an der Hand auf, weil die ganze Zeit

 

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die schweren Marschstiefel meines Kameraden auf ihrem Fuß gestanden hatten. ein Nachgeben nur, und die Tür wäre eingedrückt worden.

            Ein Schupo erschelnt bel uns, der don Hergang wissen und Strafanzelge, allerdings wieder eirmal gegen "Unbekamte", stellen wollte. Daran lag uns nichts. Er notierte sich auch unsere Personalien. Aber auf die Vorladungen reaglerte Ich nicht. Htichstens mit der Mitteilung, daB Ich versuchen würde, mich selbst zu schützen.

            Dem wer hatte damais im Pollzelpräsidium auch nur das wenigste Interesse, einen S.A.-Mam vor roten Wegelagerern zu sichern?I

            Dieser Auftritt jedoch, am Beerdigungstage unseres ließen Kameraden, war für mlch nur der Auftakt zu einer endlosen und wochenlangen Relhe von Verfolgungen durch diese Banditen, die nur zu genau wuBten, daB man Ihnen ernstlich das Handwerk gar nIcht zu legen gedachte.

            Es war kaum.noch menschlich erträglich. In aller wirtschaftlichen Not, denn Schmalhans war bel uns nicht bloB Küchenmeister, sondern Generaldirektor, gesellte sich noch diese ewlge Aufregung.

            Man verfolgte mich am hellichten Tag Tage und bel Dunkelheit fast bis In meine Wohnung hinein. Immer war mir eine jener zweifelhaften Gestalten in einiger Entfernung auf don Fersen. WelB der Teufel, in wessen Auftragi

            Am Abend konnte ich nur noch mit der Pistole in der einen und der Taschenlampe In der anderen Hand don Hausflur betreten. Dem mehrere Male schon hatte das Treppenlicht versagt. Er war an einer Stelle durchschnitten worden.

            Dieses ständige und rrochenlange Gehetztwerden kostete fast die ganzen Nerven meiner Famille. Sie waren nur noch Nervenbündel, keine Menschen mehrl Das schlimmste war, daB wir nirgends einen Ausweg aus dieser Htille sahen. Elne neue Wohnung nehmen? Ja, aber dazu gehörten Willen zum Hungern einfach nicht übrig.

            Unsere Nachbarn, die entweder politisch ausgesprochene Gegner oder an der Politlk vülllg unlnteresslert waren, lebten mit uns und fanden diese hinterlistige Treibjagd hundsgemeln und elnes Kulturstaates unwürdig.

            Wir sollten ja Frelwild seinl Das war lhr gehelmer Wunschl

 

ERINNERIJNGEN AN HORST WESSEL

 

Nach dem tiffentlichen SchluB einer Mitgliederversammlung in einem

 

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Hinterzimmer der Landsberger StraBe meldet sich sin junger Marin zu Wort und erzühlt in überaus launiger Weiss Erlebnisse aus seiner Wiener Studentmzeit. Wir aile kamen aus dem Lachen nicht heraus.

            Aber dam wird sr mit elrmal ernst. Der Ton seiner Stimme erhält sine dunklere Färbung. Ganz natürlich, ohne daB man nur einen Augenblick das Gefühl hätte, es sel auf den Effekt berechnet.

            Er schildert, wie schwer es drübm lin Bruderland wäre, S.A.-Mann zu sein. Sooft man in Wien sine wicht(ge Sache vorgehabt hütte, habe man seinen Rat eingeholt, wie man es am besten bewerkstelligen künnte. Denn sin Berliner habe ja in allem, was S.A. and Kampf für die Bewegung anbelange, seine besonderen Erfahrungen. Keiner von uns kam bel dieser Erzählung auch nur für Sekundenbruchte(le auf den Gedanken, hier "gibt einer an", der sich in don Vordergrund drüngen müchte.

            Weder belehrend, noch mit sich selbst brüstand, oder gar überlegen von oben herab ermahnte sr uns Kameraden, sich (miner and überall vor Augen zu halten, daB der Blick des interessierten Auslandes sehr scharf auf die Partel in Berlin and besonders auf die Berliner S.A. gerichtet sel. Danach sollten wir unser Tun and Lassen einrichten.

            Ich schaute mir daraufhin den jungen Mann 1n seinem blauen Anzug genauer an. Seine lebhaften and durchdringenden Augen gingen ständIg die Relhen seiner Zuhtirer ab. Mit raschen and bestimmten Worten and in gut gebauten Sützen, bald launig, bald ernst and manclmal sogar gebletend, sagte sr das, was sr auf dem Herzen hatte. Wem sr Gedanken besmders herausstellen wollte, kopfte sr mit der Hand auf don Tisch.

            Disse kurze Erzähl mg, so wie sr sis brachte, hob (hn, das fühlten wir aile, schon damais über uns hinaus. Es war in seiner ganzen Art, zu geben and sich zu gebm , sine Natürlichke(t and mmschliche Niche, die unwillkürlich bezwang. Nicht sin winziger akademischer Anflug. Nichts AnmaBendes and nichts Herrischesl Ein Mensch, aus der gleichen Erde geformt, wie wir.

            Und dock sin andererl Bas war eben schon bel diesen ersten Zusammentreffen das Gehe(mn(svolle, was seine geborene Führernatür ausstrahlte. Denn auch das spürte man, daB sr anderen jungen Münnern In seinem Alter im Denken and In seiner Entschlu8festigke(t um Längen vorausgeeilt war.

            als wir das Lokal verließen, sagte Ich (m Vorbeugehen zu Ihm: "Sis müßten uns lifter was erzühlenl"

Er lachte sein groBes Jungenlachen and meinte, sichtbar erfreut,

 

nur: "Sono?!"

Am folgenden Nachmittag traf ich iM zufätlig an einem Zeitungs-

stand am Alexanderplatz, wo sich um disse Zeit (miner Parteigenossen und S.A.-Ifiänner aufhielten. Wir kamen ins Gespräch, und ich mu8te erneut feststellen, dieser jauge Marin war sin ganzer Kerl!

In der Folgezeit kamen wir dienstlich and privait häufig zusammen.

Dabei ternte ich langsam seine Gewohnheiten and seine Ideenwelt kennen.

Eines Tages bat ich h(m, mich dock einmal in meiner Wohnung, und

sooft es (hm bel(ebe, aufzusuchen. Davon machte sr so manches liebe Mal Gebrauch. Wir lasen dam Zeitungen and besprachen die gerade aktuellen Tagesereignisse.

als sr seinen neuen Trupp aufstellte, der ja bekanntlich in nur

v(erzehn Tagen zain Sturm anwuchs, natm sr mich hinüber nach seinem Bez(rk Friedrichshain.

Hier waren wir nur zwei seiner alter Kameraden, die dabei sein

durftm , als sr sein lied aus der Taufe hob:

 

"Die Fable hoch i . . . "

 

            In "Heinrichs Festsülen" (st es gewesen. Sein Sturm mochte in Stärke von etwa 80 Mann in dem kleineren SäIchen beisammen sein. Wir merkten sdmn gleich, daB etwas mit ils umging. Ein seltsames Leuchten war in seinen Augen.

"Mal herhüren!", fing sr mit einmal an, "...Ich have sin Gedicht

gemacht. Das w(11 ich euch vorlesen."

Wer von uns hat damais geahnt, welche Stunde wir nun erleben soll-

ten?

Dam las sr uns sein Gedicht vor. GewiB merkte man aus dem Vor-

trag, daB in den Worten seine Seele schwang, aber sr sprach ohne überschwarg. So, wie es seine Art war, wie sr nichts nebensächlich nahm, was die Bewegung betraf, mit dan ganzen münnlichen Ernst, den Ilm sein unerschütterlicher Glaube an die Sendng Adolf Hitlers eingab. ,

"So, and wollen wir das Lied einüben!"

Ein Dedcet quietscht auf, and Horst Wessel setzt sich an die

"Drahtkommode", wie sr das Instrument namte, das in seiner Jugend sin Klavier gewesen war.

Der erste Vers muBte sin paarmai wiederholt werden, bis sr saB.

Mit dem zwe(ten and dritten ging es schon v(el leichter. Und dann

 

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wurden aile vier Verse hintereinander gesungen.

            Ein Lied, das heute Milllonen singen, die deutscher Art und Zunge sind, hatte seinen Weg in die Herzen Ungezählter angetreten.

            Beim nächsten Ausmarsch horchten aile auf die noue Welse. Bald sangen sie auch andere Stürme mit. In seinem Gesicht aber komte man deutlich die Befriedigung lesen, daB die Klange, die zuerst In ihm geklungen hatten, nunmehr auch seinen Kameraden vertraut wurden.

            Aus seiner Sturmführerzeit fällt mir da noch eine kleine Sache ein, die, so einfadh der Hergang auch gewesen sein mag, dock don Horst Wessel zeit, wie wir ihn oft genug kennenlernten.

            An der Säule vor meiner Wofrxmg hatten wir ein Plakat angebracht, das zu einer Versammlung bel "Haverland" einlud. Die Kommune hatte das Plakat beschmiert.

            In einigen Tagen ist dieselbe Säule von oben bis unten mit gegnerischen Plakaten beklelstert. Horst Wessel kommt zu mir herauf, erbittet slch unseren Hausschlüssel. "In einigen Minuten sel or wieder in meiner Hand. Zu helfen brauche Ich nichtl"

            Von meinem Fenster aus sehe Ich, wie sich einige handfeste Männer daranmachen, mit einer Leiter, Haken und Messern die Plakate der anderen Fakultät zu beseltigen. In Augeblicken war die LitfaBsäule wie abgebürst, und auf dom Boden lagen dicke Papierhäufchen.

            In aller Seelenruhe hbrte Ich ihn wider die Treppe heraufkommen, und als or in die Wohnung trat, sagte or zufrieden: "So, das ware erledigti Wie du mir, so ich dirl"

            Wir warteten erst rmch einige Minuten und verließen dann zusammen unsere Wohnung. Als wir aus dom Hausflur traten, standen schon Schupo und Neuglerige un die Plakatsäule herum, die sich die Arbeit besahen. Wir mischten uns unter don Auflauf und fragten mit Unschuldsmienen, wer denn diese Schweinerel angerichtet habe? Belnahe jeder hatte einen anderen Verdacht.

            Horst Wessel stieB mich in die Seite und zwinkerte spitzbübisch dazu. Dann drückten wur uns kurz die Hände, ein leise gesprochenes: "heil Hitler", und mein Sturmführer ging, auf moine Begleitung verzichtend, allein nach Hause.

            Pflicht und Dienst war lhm oberstes Gebot. Aber wern es galt einen Scherz mitzumachen, war or genau so mit an der Spitze. Seine originellen und drolligen Einfälle riefen wahre Lachsalven hervor.

            So gab or mir einst eine photografische Aufnahme von einem Theaterstück, das or verfa6t hatte und das in unserer Sektion aufgeführt worden war. Sie zeigt ihn mit einem Talar und einer Glatzenperücke,

 

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wle or eifrig in don Akten blättert. Die Beisitzer langweilen sich, denn es Ist ja nur ein Nazi, der sowleso verknadct wlrd, und gegen don Bine "Reichsbanane" rechts als Zeuge auftritt. Der berüchtigte Herr "Isidor" und die ganze "Burg" am "Alex" wurden dabel auf unnachahmliche Weise und mit witzigem Spott "durch don Kakao gezogen". Das konnte Horst Wessel ganz einzlgartig und ausgezeichnet. Als or mir später das Bild schenkte, lachten wir belde noch eirunal mit vollen Kehlen über seine damallgen Einfälle.

            Der junge Truppführer war In 14 Tagen Sturmführer geworden. Sein Sturm war buchstäblich im Sturm gewachsen. Mit 133 Marn war or der stärkste Sturm Berllns.

            Die Kommunisten kamen geschlossen in unsere Relhen und brachen ihre Schalmeien-Kapelle vollzähllg mit. Dlese Muslk ist nlchts ~für deutsche Ohren. Sie klingt fremdrassig. Horst Wessel allein und seinem Sturm 5 wurde sie gestattet.

            Es war das erstemal, daB In die Kommune eine solche Bresche geschlagen worden war. "Tschindara bumi" ging es dann mit ihrer ehemaligen Kapelle durch die rtitesten Vie rtel Berllns. Herrliche Bilder, wenn sie mit erhobener Faust durch die vertrauten Une an die Türen gestürzt kamen. Ihr gewinkelter Rotfront-Arm aber senkte sich rasch, wem sie sahen, daB wir Braunhemden waren.

            Verzerrte Gesichter, und Drohungen und »utgebrüll brachen auf ihre ehemaligen Genossen los, die teilweise noch in lhren grauen Russenblusen marschlerten und nationalsozialistlsche Lieder sangen.

            Auf die denkenden Arbeiter unter don Komnunisten machte dieser Sturm groBen Eindruck, und diese Musik und solche Aufzüge haben sehr viol dazu beigetragen, die KPD. zu unterminieren.

            Horst Wessel verschaffte sich zu jener Zeit als Erdarbeiter bel den Ausschachtungen am Alexanderplatz Einbllck in don Werktag violer seiner Sturmkameraden. Wem Ich ihn hier besuchen kam, so sah ich jedesmal mit Staunen, wie or mit seinen Arbeltskollegen fertig wurde.

            Meistens war or gerade belm Wort. Mit Scherzworten warf or nur so um sich. Darüber kam aber die Politik keineswegs zu kurz. Zum Poiitisieren hatte or Immer Zeit und Laune.

            Auch hier war or, ohne daB es die anderen vielleicht merkten, ihr geistiger Vorarbeiter, Ihr Führer. Dem sonst hktten sie ihm bestimmt nlcht mit der Andacht zugehtirt, wie Ich es oft zu beobachten Gelegenheit hatte.

            AuBerdem muB man bedenken, daB wir Nationalsozlalisten zu dieser

 

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Zeit freiwild waren, das jeder aus dem Hinterhait nlederknallen konnte. Und trotzdem lle8en sie sich mit Horst Wessel auf Diskuss!onen ein end sich von ihm belehren.

            Besorgt bedantete ich ihm einmal, daB es doch ein gefährliches Unterfangen sel, hier unter der Erde end in don Kne!pen in der Nähe während der Arbeitspausen Polit !k zu tre!ben.

            Er lachte nur. Und hinterdreln erzählte or mir, daB or end sein Bruder Werner bel einem Vorbeimarsch der Kommune schnell die Hitlermütze aufgesetzt, Armbindan angelegt, end aus don letzten Fenstern der elterlichen Wohnung mit erhobener Hand don Moskowitern ein kräftiges "Heil Hitler!" zugerufen hätten. Unten h!itte es ein Geschimfe gegeben, aber man hatte wohl geglaubt, es selon hier oben viole Nazis versammeit, sonst wären sicher Steine geflogen.

            Solche kleinen Erlebnissezu erzählen, lachend, unbekümmert end m!tre!Bend, das war so seine e!gensteArt.

            Mir waren verschiedene Aussprüche von Kommunisten zu Ohren gekommen, die für don Sturmführer Wessel nichts Gutes erwarten ließen. Ich versuchte ihn zu warnen. Er schob moine Schwarzmalerel weit von sich. Dem or glaubte an das Gute wie In jedom Menschen, so auch in ihnen, weil or imerlich selbst ein grundguter Mensch war.

            Elne Wollo betätigte or sich als Schofftir. Ich muBte ihm St6Be von zeitungen an seine Taxe bringen. Je mehr, desto lieber. im vorbeifahren warf or sie dam seinen wartmden Kollegen In die Wagon, oder or gab sie Arbeitern hinaus, die beim nächtlichen Buddeln waren. In keinem Auganblick hat or vergessen, zuerst an die Bewegung zu danken.

            Immer dichter schlossen sich die Re!han, immer grtiBer wurde sein Sturm, immer fester k!ttete or die Mümer aneinander, die or der Kommune, Mann für Main, abgerungen hatte. Und Immer mehr wuchs dadurch der f der Herren im Karl-Lieknecht-Haus.

            Das muBte abgebremst end nach Mtiglichke!ten ganz unterbunden werdenl Wenn es in diesen Tempo we!terging, dann würden bald gewalt!ge Breschen in die Re!hen der Rotfrontleute geschlagen sein. Dem aile, die or herübergeholt hatte, wühlten geradezu in don Fronton von Rotfront. Der einzige Horst Wessel hatte es vermocht, aus diesen verb!ssenen Saulussen überzeugte end tatbere!te Hltleranhänger zu machen. Nlemandem sonst in Berlin war ein Bekehrungswerk In dem gleichen Umfang bisher gelungen. Aiso mu8te man diesen jungen Main, der sich erdreistete, gegen die Stellung der Sowjetlegionare Sturm zu laufen end Grabenstück um Grabenstück aufzurollen, mit allen Mit-

 

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teln unschadllch machen.

            Zu der Ausführung ihres teuflIchen Planes, end nichts ist diesem Gesindel ja nichtswürdig genug, wählten sie eine zeit, in der Horst Wessel sehr enter dem Verlust seines gel!ebten Bruders litt. Dieser Tod war ihm seelisch end ktirperlich sehr nahegegangen. Man fühlte es, auch wem or nicht davon sprach, daB der gesunde, hübsche junge Mann, don n!emand ob seines temperamentvollen end 1!ebenswürd!gen Wesens etwas abschlagen komte, der Ruhe bedurfte.

            Diese Zeit hatten sich die Intelllektuellm Drahtzieher ausgesucht, um ihn aus dem Wege zu räumeni

            Diese Menschen kampften ja in don seltensten Fällen mit offanem V!sier. Sie kämpften weder für Moskau, noch für Deutschland, noch für sonst ein Land. Dem Gesindel hat keln Vaterland!

            Was ging sle im Grunde auch die Politik an?! Sie beseitigten ohne Gewissen einen Menschen, der ihnen als !rgendwie lin Wege stehend angegeben wird. Wer am meisten bezahlte, für don machten sle don wertvollsten henschen, wie es in ihrem Sprachgebrauch hie , "fertlg".

            Nach unendlichen (ualen nahm der Tod Horst Wessel von uns. Wir woliten ihn zu Grabe tragen, wie or es um uns end die Bewegung verdient hatte. Aber die Polizeigewaltigen verboten alles. So muBten wir ihn auf dem Friedhof erwarten.

            Johlende Kommxnisten, die Sand end Steinchan über die Mauer warfen, störten fortwährend die Trauerfe!er. Die Polizel, die sich sonst beim Terrorisieren der Nazis unrüimlichst auszeichnete end die immer gleich zur Stelte war, wem jemand etwas lauter "Hell Hitler!" gerufen hatte, Ile dieses Gesindel erst eine ganze Wollo sich austoben end verscheuchte es erst, als die Belästigungen unerträglich wurden.

            Wohl nie in meinem Leben habe lch um einen Menschen mehr getrauert als um diesen Heimgegangenen. Sein Tod hatte eine Lüdce in unsere Re!hen gerissen, die nie mehr auszufüllen war. Das fühltan wir aile.

            Doch dafür ist or in die Unsterblichkelteingegangenl

            Horst Wessel wird nie sterben, so lange es eine deutsche Geschichte glbt!

            Dre! jahre sind soit dem Tode des Sturmführers Horst Wessel ins deutsche Land gegangen. Aber noch ist alles lebendlg end lebensnah, was mit Ihm zusammenhangt.

            Ein Denkstein war ihm errichtet worden. Zu seiner Einwelhung sollte sich die ganze Berliner S.A. versammmeln, um don tunvergeBl!-

 

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chen Kameraden zu ehren.

            In allen gegner(schen Zeltungen wurde dieser AnlaB benutzt, tu Tod und Teufel an die Wand zu malen. Arxist hatten die elnen, "Provokation" nannten es die anderen. Die Kommune aber tobte: "Kein Mensch komme lebend hier wegl Sie würden es unter kelnen Umstanden dulden, daB sich die 'braune Pest', wie s(e uns- betltelten, auf '(hrem' Platz, dem Bülow-Platz, sammele. Lieber tot wollte jeder Rotfrontkämpfer vom Platze getragen werden, als d(ese Schmach überlebenl"

            "Somtagmorgen wird marschiertl" Sollten sis kommeni

            Als unser Sturmführer Maikowsk! noch elrmal darlegte: Wir sammeln uns vos allen Richtungen ber auf dem Bülow-Platz, Front zum Liebknechthaus und noch elrmal e(serne Diszlplin befahl, da rückten wir dicht zusammen wie ein Mann.

            Der Weg dorthin war eine einzige Kette vos Beschimpfungen aus (hren Schlupfwinkeln heraus. De S.A.-Mann hatte anderes im Sime, als auf das feige Gezeter zu htiren. Je naher wir unserer Sammelstelle kamen, desto schlimmer wurden die Anwürfe. Die vorderen Begleitwagen der Schupo kommandierten mit angelegten Karabinern: "Fenster zu, oder wir schieBenl"

            Auf dem Karl-Liebknecht-Haus flatterte, wie immer, die Sowjetfahne. An allen Fenstern verkündeten riesige Plakate: "Berlin bleibt rot!" und ähnlichen Unsinn.

            lnten aber stand ein Reer vos nationalsozialistischen Kämpfern, das die Genugtuung in sich trug, daB nus der Bann gebrochen war.

            Wir waren wieder eingedrungen in das kommunistische Hochburggebiet. Wir waren~ durch StraBen marschiert, die man als "seine" bezeichnete. wir waren, wie Mämer es tus, am hellen Tage gekommen, nicht wie disses lichtscheue Gesindel, das hier sein Hauptquartier hatte, Morde ersarn und ausführen 11eB vos verblendeten und geb1endeten Menschen, die auf (hren Le (m krochen. Die bel Nacht und Nebel über uns herfielen, wem sis uns in der Minderheit wuBten.

            Das wird wohl zutlefst der Grund gewesen sein, weshalb niemand etwas unternahm. Die Kommunisten begarnen einzusehen, daB (hre Macht im Schwinden war. Wir aber standen hier in Re(h und GI(ed und sahen des Tag nicht mehr fern, an dem auf diesem Gebäude die Hakenkreuzfahne geh(Bt würde.

            An der StraBenecke zogen wlr an dem Stabschef vorbei, der des Vorbelmarsch abnahm, und der In seiner schlichten und einfachen Erscheinung Immer wieder dem S.A.-Mann Vorb(Id und Ansporn (st.

Einzeln treten wir an des Grabhügel, unter de@ der Sturmführer

 

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Wessel einem ewigen Tag entgegenschläft. Wir erheben die Hand zum GruB.

            Ich sehe ihn wieder vor mir .... den Truppführer Horst Wessel, der mich mit in seines neuen Sturm 5 hlnübergemonnen batte.

            In disses drei Jahren batte jeder sein ganzes Sein efnsetzen müssen, und wohl alie battes sich seines Vorbildes würd(g gezeigt.

            Es war Abend, als wIr des Heimweg antraten.

            Den schtinsten DeNcstein battes wir Horst Wessel in unseren Herzen gesetztl

 

WIE DAS GESINDEL IN DER ALTSTADT

 

"ARBEITETE"

 

            An meinem Geburtstage batte ich einige Kameraden zu einer bescheidenen Feier eingeladen. Die "Spe(sefolge" batte die Stempelkarte vorgeschrieben. Da traf mittags der Befehl zum Saalschutz ein. Also muBten wir unser Beisammensein bis nach SchIuB der Versamnlung verlegen.

            Es war 11 Uhr durch, als wir in meiner Wohnung ankamen. Wir sangen tmsere Lieder und verzehrten ein paar belegte Brote zum Start in ein neues Lebensjahr, in Bines neuen Kampfabschn(tt.

            Gegen ha lb 1 Uhr brachen wir auf, um Kameraden, die in der LinienstraBe woMten, nach Hause zu begleiten. über unsere Braunhemden battes wir Z(vilrtidce angezogen.

            Wir waren fünf Mann. In dieser geführlichsten Gegend Berlins konnte man sich, erst recht in der DuNcelheit, rxir in kleineren Trupps durch die StraBen und Gassen wagen.

            Wlr kommen unbehelligt der Lin(enstraBe näher. Elne auffallende Totenst(Ile empfängt uns. Keine sterbliche Seele ist we(t und breit zu sichten. Oder schlich da men eine Gestalt in des nii.chsten Hauseingang?

            Drei Kameraden sind beim Gehen ungefähr 50 Meter vos uns abgekommen. Elne Kneipentür tiffnet sich. Ich werfe Bines spähenden BI(ck in die verriàucherte Bude, kann aber durch des Dunst nlemand unterscheiden.

            Zwei Schritte, und ein Schlag saust auf mefnem Hinterkopf nieder. Ich wende mich um und erhaite noch einige H(ebe in das Gesicht. Blut quillt mir aus Mtnd und Nase. Ich spucke aus. Was ist das bloB? Es waren ZKhne mit dabeil

            Moine Augen brennen. Moine Netzhüute sind ein elnziger Sternenhimmel. Alles verschwimmt um mich herum. Ich setze mlch blindlings zur Wehr. Ich taste und greife in das Dunkel hinein, bekomme nichts und niemand zu fassen. Moine Knie beginnen zu versagen.

            Mein Kamerad, der mich um Haupteslange überragt, hatte sich belm ersten Hieb, der mlch traf, umgesehen. Ich htirte lhn nur ein paar unverständliche Worte durch die Ziihne pressen. Er wird zu Boden gerissen. Aber, da or über rlesige Ktirperkräfte verfügt, kam or sich wieder hocharbeiten. Haut nach allen Selten wie ein Berserker um sich.

            Die drei abgekommenen Kameraden sind auf don überfall aufmerksam geworden und wollen uns schnell zu Hilfe eiten. Ein Trupp Iàmer mit einigen Huncen riegelt sie von uns ab und treibt sie zur nächsten StraBenecke zurück.

            Dieser überfall spielte sich so schlagartig und in so kurzer Zeit ab, daB wir sofort auf "Unterweltler" schlossen, auf gekaufte Bestien In Menschengestalt, deren Siegesgebrüll: "Rot Front lebtl" von don Häusern widerhallte. Sie hatten typische "Facharbeit" geleistet.

            Elne derartige Situation li1Bt sich schlecht mit Worten so ausmalen, wie sie sich in Wirklichkeit abspielte. Auch nachher, bel ruhigem überdenken aller Einzelheiten, die haftengeblieben waren, ist es mir bis heute unklar, wie die totenstille StraSe pltitzlich so belebt wurde und woher mit einmal ein ganzer Hundezwirxler gekommen war.

            Meinen Kameraden und mir war ja schon oft aufgelauert worden. Aber an dieser Stelle hätten wir nie mit einem überfall gerechnet. Man wollte uns, wie sie heiser hervorstieBen, "fertig machen". Das würe keine groBe Sache gewesen, da uns das Tragen von Waffen verboten war.

            In das schlimmste Ringen hineln gellen verzweifelte Hilferufe. Schritte drtihnen auf. Man lä8t ab sich von mir.

            Mein Kamerad schwingt sich auf eine vorbelfahrende Autotaxe. Der Schoffdr stöBt ihn vom Trittbrett herunter.

            Immer aufgepeitschter werden die Hilferufe. Da endiich, und wie auf Kommando, (1Bt die Horde von uns ab und Ist, wie sie aufgetaucht war, spurlos verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckti

            Erst an der StraBenecke bemerken wir, daS ein Kamerad fehlte. Elne Polizeistreife kommt heran. Wir bitten sie um Unterstützung. Sie lehnt ihren Schutz mit dem Bemerken ab, daB wir uns an die nächste Wache am Hanke-Platz wenden sollten. Die blauen Zwillinge lassen uns

 

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tatsächlich stehen und gehen weiter!

            Wir suchen einige Minuten vergebens nach unserem verschmundenen Kameraden. Dann wird die Wache angerufen, was wir S.A.-Männer nur in don allerdringendsten F811en der Nbt taten, da wir aus der Erfahrung wuBten, daB man uns nie oder nur widerwillig Schutz angedelhen ließ.

            Nochmaliges und eindringliches Klingeln. In einem Fenster des ersten Stockes zeigt sich ein Schupo, der von uns, von unten herauf, erst elne nähere Erkläruig wünschte. "Unser Kamerad sel verschwundenl" Wir waren durch die Sorgo um ihn ungeduldig.

            Da bffnet sich die Haustür, ein Herr erscheint nur in Hosen und Oberhemd, der sich uns als Hauptmann vorstelite.

            Ehre und Bank, wem sle geVihrenl Es war jener Polizeihauptmann Anlauf, der später von der Kommule vor dom "Babylon"-Kino erschossen wurde.

            Als or gehtirt hatte, worum es sich handelt, geht or, wie or ist, mit uns in die LinlenstraBe und In das Lokal, vor dem der überfall geschehen war.

            In don Ausschrank herrschte Friedhofsstille. Nicht ein Gast ist mehr zu sehen. Anscheinend schläfrig lehnt der Wirt an cor Wand und beteuert, don ganzen Abend keine Gäste gehabt zu haben. Vielleicht sel der überfall, don or undeutlich vernomnen haban wollte, von einem der umliegenden Hüuser ausgegangen. Diese freche Stirn setzt uns doch In Erstaunen.

            Wie aus don Wolken gefallen, steht pltitzlich unser vermiSter Kamerade vor uns. Nun haben wir kein Interesse mehr, zu erfahren, wer die Wegelagerer gewesen waren.

            Wir wollen schon davonstürmen, da hält uns Hauptmann Anlauf zurück, winkt eine Droschke heran und gibt uns die Mahnwg mit auf die Fehrt: "Machen Sie, daB Sie nach Hause kommen. Aber sagen Sie dom Schofftir Ihre Hausnummern erst unterwegs. Denn hier haben die Wànde Ohrenl"

            Zusammerxlepferdht hockten w i r i m Auto, f reuten uns über don w i edergefundenen Kameraden und daS ein Polizeioffizier don damals seltenen Mut gehabt hatte, uns tiffentlich zu beschützen. Es gab aiso doch Ausnahmenl

            Wie schon häufig, verrann auch diese Nacht ester dom Kühlen der Striemen am ganzen Oberktirper. Am unangenehmsten war naturgemäB die "Haupt"angelegenheit. Auch Weil in der innenausstattuig eine Lüdce gähnte, ein paar Zähne, denen ich noch heute nachtrauere. Aber dafür war ein Menschenieben gerettet wordenl Unser Kamerad wäre todsicher

nicht mehr unter uns, wenn die Hilferufe nicht zur rechten Zeit gekommen wären.

            Wocheniang später hob ein Lausejunge die geballte Faust gegen mlch, als er mein Abzeichen gewahrte. Ich nalm ihn mir vor, und er beichtete, daB man uns damais verfolgt und überfallen hatte, um uns zu beseitigen.

            Das ist pur ein kleiner Ausschnitt aus dem Kapltel: "Nachtarbeit in der Altstadtl"

 

NÜRNBERG 1929

 

Nach Nürnberg also so11te es wieder gehenl Zum Parte itagl

            DaB hieB für mich und viele andere sparen, um dabei sein zu ktinnen. Ich hatte damais gerade elne vorübergehende Beschäftigung, und deshalb war jeden Abend groBer Familienrat, was man morgen erübrigen und auf die hohe Kante legen kdnne. Es war sonderbarerwelse Imper etwas. Ganz kleine und noch kleinere Beträge, die sich aber im Laufe der Zeit doch summierten.

            Auch hierbei war es, wie jedesmal, wem es sich un Anschaffungen und Ausgaben für die Bewegung handelte: jeder Sechser und Groschen war erdarbt, war ein Opfer, das irgendwo abgeknappt muBte, wo es an sich kauo reichte. Daher hingen wir aile auch an allem. Jedes lkniformstück hatte sozusagen seine eigene Geschichte, eine Geschichte, die Entbehrung hieB. Deshalb blieb jeder Ausmarsch so fest in der Erimerung, weil die Kosten für Auto usw. an don Vitaminen fehiten. An das Herz wuchs einem alles, was so zusammenkami

            Der Tag rückte näher. Am liebsten hütte man dom Uhrzeiger einen Vorspann angehüngt. Fleberhaft wurden die Zeltungen erwartet. An jedem Zeitungsstand wurde rasch ein Blick auf die Schlagzeilen und überschriften geworfen.

            Weshalb? Wir hatten aus der Erfahrung uns nicht zu früh freuen gelernt. Es lag ja am letzten Tag bel den damaligen Herren Allgewaltigen, uns mit einem Verbot einen dicken Strich durch die Pfennigrechnung und die Freude zu machen.

            Die Erregung steigerte slch zur Hochspamung. Doch nlchts schlen sich ereigrien zu sollen. Am Abend des 1. August sammelten wir uns im "Bullenwinkel" zum Abmarsch nach dem Anhalter Bahnhof. Yiährend wir marschierten, hatte wohl jeder den einen Wunsch, wem wir doch bloB erst im Abtell sKBenl

 

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            Und wirklich muBte man uns wieder einmal schlkanieren. Wir, die S.A., marschierten, auf den Bürgersteigen von Parteigenossen und Parteigenossinnen begleitet, schon in der Leipziger StraBe, als wir von Schupo gestellt wurden, die uns aufmerksam machte, daB wir nicht geschlossen marschieren dürften. Aile muBten stehenbleiben, und einzeln IleB man uns weitergehen.

            Vielleicht wollte man mit dieser MaBnahme errelchen,, daB einigen von uns der Zug vor der Nase abfuhr.

            Nun aber schnell zum Bahnhofl Aile, die den Tag von Nürnberg miterleben wollten, waren endlich beisammen. Wartesäle und der Raum vor den Sperren glichen einem Heerlager. Tornister und Gespäckstücke waren auf dem Boden zusaimnengesetzt, und die S.A. stand, lag und saB herum.

            Der Zug poltert und schnaubt in die Halle herein. Jeder hielt sofort Ausschau nach einem Sitzplatz, und unter den begeisterten "Heil-Hitleri"-Rufen der Zurückgebliebenen rolite der Zug an, den Tagen entgegen, die jedem, der sie als Augenzeuge sah, wohl ewig als "die Tage" der Bewegung im Gedächtnis bleiben werden.

            Unsere Kampflieder drangen durch die offenen Fenster hinaus in die stille deutsche Landschaft. Vorbei ging es an Menschen, die uns von Bahnsteigen und Brücken aus verwundert nachsahen. Denn aus vielen Abteilen wehten unsere Fahnen.

            Wenn der Zug einmal auf freler Strecke kurz hielt, dann bekamen wir meist hämlsche und abfällige Àu(3erungen der Streckenarbeiter zu hören. Kurze und sachliche Antworten, und zurück ließen wir mindestens ein Exemplar unserer Zeitung.

            als es heller wurde, hielten wir nach Fahnen Ausschau, die man uns zuo GruB herausgesteckt hätte. Nicht eine ist zu sehen. Niemand winkt uns freundllch zu. Doch, an einan Glebelfenster zelgt sich die erstel Wir erkennen deutlich, daB sie ein alter Mann schwingt.

            Elne Frau hält mir der einen Hand lhr Kind und die Rechte zum GruB hoch. Ein donnerndes "Heil Hitlerl" wird ihr zurückgesandt. Das war der erste GruB in Bayern, wo wir mittlerweile angelangt waren.

            Die Fahnen wurden häuflger. Das hob unsere Stimmung. Auf dem Hauptbahnhof in Nürnberg stand der Führer, uns mit freundllch ernsten Augen betrachtend. Der Vorbelmarsch an lhm muBte sich rasch vollziehen, da immer neue Züge anroliten. Unser Quartier befand sich auBerhalb der Stadt in einer Schule. Der Bahnhofsplatz und aile StraBen, die wir durchzogen, wimnelten von Uniformen und Menschen, die unser Abzelchen trugen. Man winkte und rief uns von allen Seiten

 

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zu.

            Als wir auf einer langer Strafie marschierten, die etwas stfller war, kam eine wohltuende und beglüdcende Ruhe über uns. Ich muBte dmken, wenn es dock mtiglich wKre, eine d(eser SIraBen nach Berlin zu verlegen, rxar für einen Augenblick, damit man dort sah, wie we!t unsere Bewegung in Wirklichkeit schon fortgeschritten war!

            Menschen, die sich vorher nie gesehen oder gekamt battes, waren sich um des Hals gefallen, nur we(I sie das gleiche Abzeichen trugm , atso auch gekomnen warm, um vor aller Welt zu bekunden: wir sind da, wir marschieren, und es kommt der Tag der Erltisungl

            Vor meinem Auge waren die Augusttage 1914 aufgestiegen. taie damais war es auch jetzt: Ein Volk, ein taille!

            Am Abend bewegteslch ein Fackelzug durch die alte freie Relc sstadt. Die Fadceln meines Trupps batte die Republ(k (m Vorjahr, am 11. August, in fre(g(ebiger We(se und in verschwender(sch verbeiIt. Ich batte damais an die 40 Stück gehamstert, und es war mir Bine besondere Genugtuung, wie sie rxun so schün zu einem anderen Zweck, an unserem groBen Tage, die Nacht erheliten.

            Dre(einhald Stunden solite der Zug in Bewegungsein. überall werden wir mit Blumen buchstäblich überschüttet. Frauen schweNcen Tücher, auf Mauern und auf Haustreppm stehen sie und nehmen Anteil an unserem Wollen. Stunden geht das so. Von einer AMfhe bl(cke ich auf eine endlose feur(ge Schlange zurück, die sich durch die ganze Stadt windet.

            Jetzt slnd wir in der Nhe des Führers! Tritt gefaStl Des Oberkbrper gestrafft. Die Arme erhoben. Auges rechts!

            D(ese Augenblicke sind unsagbar Schön! Der Führer steht hier, wie wir ihn im Geiste imr vor uns sahen: geehrt, geachtet, umgeben vos Menschen, die (hn ileben, deren Glaube, deren Hoftnung er Ist. UnvergeBliche Minuter!

            im Quartier Itist sich die Spamung. Die Irfüdigke(t, die bis dahir nicht batte aufkommen ktinnen, verlangt fur des Ktirper sein Recht. Wir streckten uns auf Stroh wie auf Daunen aus!

            Am frühen Somtag marschierten wir auf dem Luitpoldhain auf. Strahlende Herbstsome beschien das malerische Bild zu unseren Fi:(3en. Die roter Fahnen flatterten im linden Wind über des braunen Uniformes der vielen, man sprach vos 70 000 S.A.-MKnnern.Dies ailes war umrahmt vos demi Grün der BKUme und Wiesen.

            Ein Ruck geht durch die braunen Kolonnen. Der Führer (st gekommm . Sein GruB an uns wird wle aus einer Kehle erwidert, brandet wie Bine

 

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Woge zu itm hin. Mitgerufen vos des unzähligen Parteiangehtirigen, die in des umliegenden Anlagen der Feier beiwohnten. Gottesdienst, Fahnenweihe und Ansprache des Führers.

            Der Nachmlttag aber brachte des Htihepunkt dieser Tage. Es war wie e1n Siegeszug.

            Auf dom Marktplatz steht der Führer im Auto, umgeben vos seinem Stab. Obwohl er immer wiederholte: "Die Blumen der S.A., nicht mir!", füllt sich der Wagen aufs noue. Unser verehrter Gauleiter Dr. Goebbels in der Umgebung des Führers grü8t uns mit freudigem Lächeln. Von der Tribune ktingt noch Binage Schritte weit das "Heill" der Parteigenossen hanter uns ber. Imner neue Trucs folgen uns.

            Lüngst stehen wir und schauan selbst dem Aufmarsch zu, da naht die Jugend. Sichtlich ergriffen sit sie der Führer herankomnen. Sie fasses Tritt, und jeder ist bemüht, in mtiglichst strammer Haltung vor ihm zu erscheinen. Da greift der Führer hanter sich in die Fülle der Blumen und streut sie mit beiden HKnden über seiner jungen Garde aus. Unten wurden sie im Weiterschreiten angegriffen, und marcher wird s(e wohl noch heute als liebes Andenken verwahren.

            Tosender Beifall vos des Tribunes und aller anderen, die diesen Vorgang beobachtet battes, brandete auf. Der Führer wurde geehrt und gefe(ert, und er gab aller Rulm zurück an die Selnen. Ein Symbol auch des Einseins vos Führer und Gefolgschaft.

            In der folgenden dienstfreien Zeit machten wir einer Spaziergang durch die an geschichtlichen Sehenswürd(gkeiten so reiche Stadt. Doch unser Erfolg 1(eB unsere Neider und Widersacher nicht rober. Es batte wieder Tote gegeben. Sogar eine Frau war das Opfer dieser Verhetzten geworden. Die ersten Wermutstropfen fielen in des Becher unserer stolzen Freude. Wir verrichteten Bine kurze Andacht und er(merten uns in einer Ruhepause der Toten unserer Bewegung. Dans marschierten wir weiter.

Denn wir waren Soldates. Ihr Tod verpflichtete uns zu neuen Taten!

            in der Nacht rollte unser Zug wieder der He(mat zu. Auf einem Bahnhof wurde die lüngere Rast zur Erfrischung benutzt. Mit entbltiBtm Oberktirper bespritzten sie sich gegmseitig und diskutierten mit des Reisenden auf dem Batnsteig. Ein lustiges Vtilkchen, dem man die Befriedigung anmerkte, die der hinter ihm Ilegende Tag in ihnen ausstrahite.

            In Berlin wurden wir mit erhobenen Féiusten und anderen Kinkerlitzchen empfangen. Aber das vermochte uns jetzt nur noch ein nebensüch-

 

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liches Lächeln abzuringen.

 

            Dem nun salien wir klar, da8 in Deutschland der Tag erscheinen werde, an dam auch die, die hier die geballte Hand drohend erhohen, sich von der Idee Adolf Hitlers bekehren lasser würdenl

 

So sali und erlebte ich: Nürnberg 1929.

 

MARSCH DURCH DAS SCHEUNENVIERTEL

 

            Unser Standartenführer batte manchmal für die damalige Zeit verwegene und beinahe tollkühne einfälle. Aber das war dan me(sten ganz nach (hrem Sinn. Denn Stilis(tzen war rosten und schl(mmer, als sich aine Nacht mit aller Fährnissen um die Ohren hauen.

 

            "Somabendnachmittag um sieben Uhr antreten!" Zu d(esem Befehl gab es weiter kaiser Kommentar. Nlemand aMte also, wohin der Marsch gehm solite. Provlant war nicht mitzunehmen. Demnach würden wir nicht lange bleiben. Na, unser Standartenführer muBte schlieBlich wissen, was er zu tus und zu lasnsen batbei

 

            Fast aile Unterformationen sind vollzählig zur Stalle. Noch einmal ein kurzes Rätselraten, und die Kolome setzt sich in Bewegung. Wir biegen um die nächste StraBenecke, und rxn gab es keine Zweifel mehr, der Marsch solite durch das berüchtige Scheunenviertel gehen, Jene Gegend im Herzen des alter Berlins, wo sich um Jene Zeit der Abhub der menschlichen Geselischaft aus vleler Herren Lünder in lichtscheuen Schlupfwinkeln, die Halle des Tages meidmd, herumtrieb, ohne daB die damaligen Machthaber diesen StraBmschreck mit dam Einsatz (hrer verfügbaren Mittel daraus battes vertreiben kümen oder wollen.

 

            Vorbei also sollte es gehen an dam Karl-Liedknecht-Haus, wo die geistigen Le(ter des schlimmstm Terrors gager uns ihre Plane ausfeckten! Durch die ans aller so wohl bekannte GrenadierstraBe sollten unsere Tritte baller, durch die noch nie aine S.A.-Standarte geschiossen (bran Weg genommen batbei Das konnte Ja aine schbne Gaudi werden!

 

            Immer an der Spitze oder (m Vordertreffen zu sein, bai Anlüssen, die dan ganzm Mann verlangen, war Ja stets für die S.A. vos besonderem Reiz and (hr stolzes Vorrecht. Haute abend wieder e(rmal mehr.

 

            Die GrenadierstraBe war in jaser "herrlichen Zeiten" (für wen?) das unterste Ghetto Berlins, and deshalb salien wir beim Näherkommen wallende Kaftane, die sich mit BäNcen and Stühlen in der Hand in die

 

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Lticher ihrer Kellerwohnungen, in Hauseingange und in Hoftore verzogen. Wir hatten gewagt, sie in "ihrer" Stra(3e, in der sie sich in Sicherheit wiegten, aufzuscheuchen!

Es fing an, in Deutschland ungemütlich zu werden!

            Wir hatten eigentlich ja nur die Absicht, vor dam Liebknechthaus zu demonstrieren. Um das zu erreichen, muBte unser Weg ganz von selbst durch die GrenadierstraBe ftriren. DaB es nun gerade am "Schabbes" war, wer komte dafür?

            Ain Bülowplatz empfangt uns ein infernailsches Gejohle und Gepfeife. Geballte Füuste und die "Rot-Front"-Rufe ganzer Gruppen wotlen uns einschüchtern. Wir haltes Vordermam und lasser uns mit niemand und auf nichts e1n. Denn die Schupo sali bai etwa(gen Vorkommn(ssen (miner mehr, als in der Tat gesehen war. Die Verbote hingen damais Jederze(t auf Abruf bere(t in der Büroluft am salien Alexanderplatz. Den Gefallen würden wir ihnen Jedoch nicht tus!

            Durch das Monstrekonzert an menschlichen und mechan(schen Lauten war die Mange inzwischen im Eiltempo angewachsen. Allerhand Spal(er war das, was sich da an dan Bürgerstetgen aufgepflanzt hattel Ein Panoptikum hotte aine ganze Gruselkammer damit füllen kümen!

            "Unterweltler" und solche, die es werdm woliten, begleiteten uns in kleineren Trupps in die anges Gassen, in denen ihnen jece M'6glichkeit aines spurlosen Verschwindens genau bekannt war. Denn hier waren ja (lire Revive, tells zain "Verschürfen der Sore", tells zum Ausbaldowern neuer "D(rge, die sie drehen" komten.

            Hier wird dans auch die Haitung unserer unllebsamen Begleitmamschaften immer bedrohlicher. Denn s(e waren inzwischen uns an Kopfzahl überlegen geworden, and das gibt dam einzelnen aster solchen Elementen durch die Monymität der Masse Mut, selbst zu dam irrsinnigstm Gewaltakt.

            Was muBten wir da für Schmeicheleien hüren! Wieviele vos uns t>*àtten, wem sie es vermicht hätten, die Blidce, besorxiers der unholden Weiblichkeit, am I(ebsten auf dam Fledc getütetl Gegenstündchen, mit denen man uns bedachte, IieBen wir zwlschen unseren Reihen der Anz(ehungskraft der Erde folgen. Dam bai Retourkutschen kam Ja doch nichts, oder nur für uns ungünst(ges heraus. Au6erdem wollten wir zeigen, daB unsere Hauptstürke die straffste Disziplin war!

            Die lauten Kommandos unseres Standartenführers schieBen wie Stichflammen an dan atten hlüusern hoch. Die Antwort waren prompt and in Sprechchüren freundliche Wihsche für die Führer and die Bewegmg and abwechselnd ailes Hall für das Parades der "Arbeiter", mit dam

Herrn Stalin als oberstem Paradieswüchter. Was dam einen sin Uhl, !s dam annern sin Nachtigalll Der Tag der Einsicht würde ja kommen, bel dan einen früher, bel anderen vielleicht nie. Aber in Schmührufen hatten sie doch eine fast beneidenswerte Auswahl und Ausdauer!

            W!r ließen uns nicht provozieren. Alles abprallen lassen und durchhalten! Wir wollten unsere Stürke ja nicht in Raufhündeln oder dergleichen zeigen, sondern unser Marsch sollte dafür zeugen und werben, daS die Idee Adolf Hitlers in Berlin unaufhaltsam und unerschrocken vorangetragen wurde. Es sollte ein kümpferisches Bekenntn!s und kein Bruderkampf sein.

            Wir haben es, was mir heute noch wir ein Wunder erscheinen will, an diesem Abend ohne einen Verletzten geschafft!

            Une Kampfgruppe der Armee unseres Führers hatte don VorstoB in dan rötesten Bezirk der Kommune gewagt, und er war diszipliniert und erfolgrelch durchgeführt worden. Das merkte man vor allem unserem wagemutigen Standartenführer an, als er uns nach kurzen Worten wegtreten ließ.

 

MEIN FALL "IDISOR"

 

            Elne überfällte Sportpalast-Versammlung war zu Ende end damit hatten wir unsern Dienst für haute getan. Ein groBer Erfoig war dieser Abend gewesen.

            überall sah man frohgestimmte Gesichter, trotz der perstinlichen Unbequemlichkeiten, die der einzelne durch die drangvoll fürchterliche Enge mit hatte in Kauf netmen missen. Die 16 000 Menschen strebten nun aile dan Ausgangen zu. Die gesamte Masse kam aber nur schrittweise voran.

 

            Die Potsdamer StraBe zeigte das gewohnliche Bild nach SchluB unserer allmähllch durch ganz Deutschland bekanntgeworderen Versammlungen in dam Riesenraum. Ein Menschenmeer wogte zwischen dan Hüusern end wollte nach allen Richtungen hin verebben.

 

            Aber heute sah es fast aus, als ob sümtliche Schupokasernen in Berlin geleert worden seien. Denn hier lief, fuhr, schrie, ritt end brüllte Schupo wie ein aufgeregter Schwarm Hornissen durcheinander end schaffte so erst recht Durcheinander.

            Die alte end ständige Sportpalastgemelnde hatte sich langst dazu erzogen, ruh(g zu bleiben, auch rem es einmal einen Wink mit einer gunnmierten "Salzstange" gab. V!ele unter ihnen waren durch solche

 

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halbprovozierten Gelegenheiten zu einer Porzellanfuhre nach dam Alexanderplatz gekommen und muBten dans nach hochnotpeinlichen Verhüren in tiefster Nacht, das sch!en dan Herren dort aine ganz besondere Fraude zu machen, weil sie sich kein Auto leisten komten und weil keine Bahn mehr ging und keine Elektrische mehr fuhr, die weitesten Wege nach ihren Wohrxungen zu Fuß zurücklegen.

            Andere waren aine Zeitlang Gäste auf "SchIoB Isidor" gewesen und trugen wenig Verlangen nach weiteren Aufenthalten im Polizeiprüsidium. Sie verhielten sich still Oder hatten sich ihre besondere Techn!k im Rufen: "Deutschland erwache!" abgeeignet.

Gefa6t wurden dann hüclstsns Neulinge.

 

            Ich gehe mit einem Bekannter, meiner Wege. Der glaubt nicht, daB die Schupo, ohne angegriffen zu sein, mit dam Gummiknüppel dazwischen fahre.

            wie der Zufall manchmal so sein launlges Spiel tre!bt, muB ich wenig später und zu meiner, ich will ehriich sein: Free sehen, wie der Herr eins über seinen sbeifen Hut bekommt, daB ihm die "Melone" bis enter die Augen rutscht.

            "Aber nain", sage ich harmlos, "...wie ktinnen Sie bloB die Schupo angreffen?I!"

            "Nichts baba ich getan, aber auch nicht das mindeste", mainte er, biieb dabei stehen end "Bruchl" batte er einen zweiten Hieb weg.

            "Kommen Sie, kommen Sie! Hier ist Gefahrenzone, end Sie sind hoffentlich gescheiter geworden!"

            An solchen Abenden zeichnete sich gewühnlich der famose, in die Versenkung geschickte Herr Polizeimajor Heinrich aus. Dieser allmählich in ganz Berlin berüchtigte Herr "Offizier" stand auf der Insel an car Potsdamer Drücke wle ein Beherrscher aller Reué3en, hielt dan Gummiknüppel wippend in der Hand end ging, wenn die verhaBten Nationalsozialisten mit einein Slegeslächeln an ihm vorbeikamen, dreschend drauflos wie einer seiner jüngsten Reichsbannerjünglinge in Schupounlform.

            Am Potsdamer Platz erwarteten mich meine Angehtirlgen mit meiner Windjacke, die man damais nachts imner anzog. Wir fuhren heim. Unterwegs schlossen sich uns ein paar Kameraden an.

            In einem meiner Wohnung gegenüberlegenden Lokal boite ich aus dam Keller das Propagandamater!al, es waren Zeitungen, ab, die am nilchsten Morgen in aller Frühe verteilt werden soliten.

            Ich mochte so 8 Minuten lin Gespräch verbracht haben, als mir ein Kamerad zurief: "Du, die Sclxapo bat mit uns angebandeit end daine

Frau am Arm zurückgerissenl"

 

"Maine Frau? Du bist wohl nicht?i"

            Maine Frau hatte noch nie mit der Pol!zel zu tan gehabt in ail diesen schweren Jahren.

            "Koimnt mit nach Hausel Wir wollen Weitergehen", fordere ich moine Kameradm auf.

            "Hait! Sie bleiben hier! Gerade SIE mit dam verdächt!gen Paket in der Nacht!" Und aile missen wlr mit auf die Wache.

            Da Ich nicht will, daB moine Frau in die Affäre verwickelt wird, die an dan Haaren herbelgozogen war, weise ich uns aus end zeige dan Inhalt des Paketes. Das genügte dan Herrschaften jedoch nicht.

            Es war uns klar, daB man ein Karnickel suchte, damit sich diese Hüter der Gesetze bel (hren Chefs mit Ihrem wachsamen Auge auf die Nazis brüsten komten. Mehrere übeltäter zugleich end dam noch aine Frau, das war wenigstens aine dicke Sachel

            Es blieb uns kelne andere Wahl, als mitzugehen. An der nüchsten StraBenecke raunt mir der elne Kamerad zu: "Ich verschwinde!" Weg ist or auch schon!

            Nun wurde für uns natürlich die Lage brenzlich. Später htirte ich, daS or sich aus dam Staube machen muBte. Man suchte Ihn schon lange, weil or noch ein halbes Jahr abzusitzen hatte, das man Ihm wagon einer politischen Geringfüglgkelt aufgebrummt hatte. Seine Lungen waren aber durch die Entbehrungen derart argegriffen, daB or aine Haft vos dieser LKnge bestimmt nicht durchgehalten hätte. Also hatte or türmen müssen. Er war ein Opfer jener Justiz, die aus politischer Schikane fallen muBten.

            Auf dam Wege zut Wache reizten uns diese sogenamten Polizel"beamtm" durch ihre hbhnischen Bemerkungen, daB es kaum noch erträgIlch war. Wir sagten kein Wort, weil wir einsehen gelernt hatten, daB aine Antwort zwecklos war.

            Auf dam Flur müssen wir enter Bewachung warten. So konnte Ich mich denn hier in aller Ruhe etwas umsehen. Das Namonsschild des Gewaltlgen, der hinter dieser Türe zum Wohie seines Staates wirkte, hatte deshalb auch schwarzrotgelbe Fassung.

            Elnem Marne also würden wir ausgel!efert sein, der bel, kelner Gelegenheit versäumte, selner Liebe zut Republik auf seine Art Ausdruck zu verielhen, die nach oben Eindruck schinden sollte. Vermutlich einer vos jenen Byzantinern, die jeder Strelfe die Nazis ganz besonders auf dan "Kieker" zu nehmen befahl.en. Und welcher kleine Schupo träumte nicht vos Beftirderungen end htiherer Gehaltsklasse?

 

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            Strabon, selbst weiterkommen, leben können, bosser end bosser, so wotlte es Ja auch die marxist(sche Lehre, der sich aine Reihe von Beamten enter dam System verschrieben hatten. Terror gegen die Nazis machte Ileb Kind! Weshalb also mit der Gesinnung schwerfälliger sein, als man bel dan Vorbildern oben sah?

 

            Nach eintger Zeit geht die Tür auf, und ein mächtiger Mann erscheint im Türralmen, der uns wohl für schwerhtirig halten muBte, we!1 or brülite, also ob or sich von Calais nach Dover verstKndlich machen wolite. Die Luft, die or slch dabei in dan Bauch pumpte, ließ seine St(rnadern anschwellen.

            "Sie heiBen? Na, tut ja vorläufig nichts zur Sachel Sie ha!en, Sie haben...S(e haben..." So klang es in einem fort.

            Himmel auch, was hatten wir ailes in der kurzen Zeit verbrochen, seitdem wir mit der Schupo zusammengetroffen warm ! Die Schupo belästigt end verhtihntl Ich batte s(e sogar bedrohtl Das harmlose Zeitungspaket wurde zur Barrikade, die ich dan Beamten als Hindernis in dan Weg geworfen haben solltel

            Dann aber kam der Knalleffekt: die Republikl

            Das schien dam Herrn das wichtigste zu sein, dam ich glaubte zu bemerken, daB seine St(mme noch um ein(ge Kraftstufen lauter wurde. Oder batte ich mir das nur eingebildet? Jedenfalls baba Ich noch nie in meinem Leben vor- end seither ein Gebrüll vernommen, was sich mit dieser übersteigerten Hysterie messes konnte.

            "Ja, die Republik! Sel sie da, sie stehe end bleibe bestehen! (Wozu dam d(eses Gebrilll?) Beleidigen künnten wir s(e zwar, end dafür würden wir entsprechend bestraft, abat essor Bemühen soi kind(sch und lücherlichl" In d(esem Stlle machte car Herr seiner republikanischen Patentseele Luft.

            Wir standen wie Standbilder da end IieBen ailes an uns niederprasseln. Nahm diese Sch(mpfkanonade dam wirklich kein Ende! Durfte man hier überhaupt nicht sprechen? Hatte man uns vos der StraBe nur heraufgeholt, damit dieser Mans ein Publ(kum batte, dam or seine Liebe zut Republik schildern konnte?

            Allmühlich batte sich bel uns der erste Xrger gelegt, end ich nahm disses Theater vos der txamoristischen Seite, wobei ich mit Zwang unten muBte, um nlcht loszuplatzen. Ich nlckte moiser Frau ermunternd zu, weil ich mit einbildete, das soi ntitig. Dem sis war das erstemal in einer Situation, in die deutsche Frauen eigentlich nlcht hineingehtiren, end die uns beiden gleich peinlich war. War sis auf dam Wege nach hier aufgeregt gewesen, so sah sis jetzt ruhig dan

 

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Mann an, und an Ihrem Gesichtsausdruck erriet ich, daB sie ähnliche Gedanken wie mich bewegten.

            Jetzt wurde der Didce furchtbar ernst. "Haben Sie Waffen bel sich?"

            Sofort machte man sich daran, uns Manner eingeherxist zu durchsuchen. Wie über Verbrecher fiel man über uns her, die wir dock schon allerlei gewdhnt waren.

            Meine Frau bemerkte halbiaut zu mir: "So, nun lernen wir mal das System 'Isidor' in der Praxis kennen. Das Ist ja noch viel schlimmer, als es uns Dr. Goebbels schildertl"

            Der Beamte wurde fuchsteufelswild. Er schrieb und schrieb sich ein Protokoll herunter von einer LKnge, daB man zum Schlusse nicht mehr wuBte, was er am Anfang vorgelesen hatte. In der spüten Nacht erst entlieB man uns.

            als der ProzeB In Moabit abgerolite wurde, traten vor den Richter zwel Beamte, die wissentlich falsch aussagten. Die Szene auf der StraBe wurde derart verdreht, daS selbst der Richter seiner Sache nicht ganz sicher gewesen sein mochte. Dem obwohl der artfremde Staatsanwalt für uns beide schwere Strafen beantragte, sprach man mich frei.

            Meine Frau, der der jüdische Rechtsverdreler ein halbes Jahr zugedacht hatte, erhielt sechs Tage Gefängnis. Und diese Gnade nur, Weil sie nie bestraft worden war. Was die S.A.-MKnner ausgesagt und beschworen hatten, war natürlich vtillig belanglos. Auch wem es drei Eide wareni

            Wenn ich heute die Folgen üterdenke, die heraus für uns erwuchsen, dann steigt mir noch Immer das Blut zu Kopf und es juckt in meiner Hand, diesen ewigbeleidigten "Vizeprüsldenten" zu züchtlgen, den man zum beinahe höchsten Chef der Relchshauptstadt gemacht hatte.

            DaB Bine Frau nicht ins Gefängnis will, die aus Buter Famille stammt, ünd die dort vielleicht mit Dirnen und StraBengesindel 6 Tage und 6 Nächte zubringen soll, das kann sich wohl jeder vorstellen.

            Auf Anrat Bines wohlwoll"en Polizeibeamten meldete ich meine Frau ab.

            "Und dann schicken Sie sie ein par Tage irgendwohin zu Becannten." Auch das wurde gemacht.

            Aber durch die Abmeldung fiel der lnterstützungszuschuB für die Frau weg. Das ohnedies schon kärgliches Budget wurde noch geringer.

            In den Versammlungen saB uns immer die Angst im Nacken, daB sie

 

erkannt und verhaftet werden könnte. Jedes Klingeln zu ungewühnlicher Zeit ließ den Schreck durch aile Glieder fahren.

            Das Glück war auf unserer und nicht auf beamteter Seite. Sie haben meine Frau nie gefundeni Doch was die zwei Jahre bis zur Amnestierung 1932 uns an Nerven und Entbehrungen kosteten, ist ein Stück Leidensgeschichte, die ich meinem schlimnsten Feinde nicht wünsche.

            Das war der Tatbestand gewesen: Man hatte eine Frau, wie der Richter selbst zugeben muBte, zu unrecht auf die Wache mitgenommen und hier hatte sie den bekannten Herrn Vize mit "Isidor" in ihrer gerechten Entrüstung tituliert.

            Hierfür muBten drei Menschen, meine Tochter mit, zwei Jahre lang seelisch leiden und sich ihre Stempelpfennige noch dazu kürzen lassen, die an sich knapp bemessen warenl

            Wir haben denn auch dem Staate von Weimar keine Träne nachgeweint.

 

SAALSCHLACHT FRIEDRICHSHAIN

 

            So schrieben am folgenden Tage die Blätter der Linken über ihre blutrünstigen Texte.

            Der Saalbau Friedrichshain hat lnsofern für unsere Bewegung eine Art historischer Bedeutung erlangt, weil er nach don "Pharus-SÜlen" der Schauplatz der meisten "Saaischlachten" war.

            Das lag sozusagen wie der Knüppel beim Hund, da die Gegend fast ausschlieBlich von Marxisten aller Farbtbnungen bewohnt war, und weil die nahen und ausgedehnten Parkanlagen des Friedrichshains die besten Wglichkeiten zu "strategischen Rückzügen" In das schützende Dunkel unter den alten Bäumen boten.

            Aber gerade das war für uns der stärkste Anreiz, mehr als irgendwo sonst, unsere Versammlungen abzuhalten. Wir wollten ja gerade die anständigen Arbeiter in den Reihen des Marxismus zum deutschen Sozialismus bekehrenl Obwohl wir woeten, daB sehr viele nur kommen würden, um die Befehle lhrer Verführer auszuführen, die darauf hinausliefen, unsere Versammlungen auffliegen zu lassen, "auf den Leisten zu hauen", wie der Fachausdruck lautete.

            Elne ihrer ganz grö8en Kanonen sollte uns am Zeuge flicken. Wir hatten sie, wie wir es immer taten, ausdrücklich eingeladen und waren gespamt, mit welchem Heerbann der Moskauhäuptling anrücken würde.

            Na, der Herr hatte beinahe eine ganze Legion zu seinem perstin-

lichen Schutze kommandiertl Das hatten wir g(eich spltz, als wir einen Bllck il mindestens die Hälfte des Saales warfen. Alles Freunde, deren Zune(gung wir in mancher nächtlichen Begegnung schon gespürt hatten!

            Unser Redner wird mit Pfeifen, Johlen und don üblichen käs(gen Randbemerkungen empfangen. Das setzte prompt ein il Handwischer ab, und einlge der lautesten Schreler bekamen Erholungsurlaub bel Mutter Grün, die ja vor der Türe lag. Allmählich jedoch zwangen die Ausführungen unseres Sprechers die vernünft(gen Elemente zum Zuhtiren, so daB die Rede zu Ende gehalten werden konnte.

            Dann legte der Smdling Moskaus zur Diskussion los, dessen Auftreten mit "Rot-Front"-Gebrüll und "Hall Moskaul" begleitet wurde. wir IleBen i M sich seine KPD.-Komplexe ruhig abreagieren. Aber jeder von uns Il dieselbe Rede redan ktinnen. Denn disse Walze hatte man uns schon beinahe bis zum Erbrechen heruntergeleiert.

            Nachdem sich die Herrschaften andächtig Ill Sowjet-Evangel(um angehtirt hatten, war (hr Interesse an weiteren Ausführungen unsererse(Is erloschen. Denn herkommand(ert waren sis nur zum Radau machen. Einzeln und in Trupps wollten sis sich verdrücken.

            "Halt! Hiergebliebeni" Ein Wort gab das andere. Stuhlbeine wurden selbstständig, schwangen sich in die Luft, kamen mit Apparaten in Berührung, die sonst dam Denken dienen. Biergläser entfernten sich von dan Untersätzen, stiegen in die Htihe, suchten sich elektrische Birnen als Ziel aus, die mit einem Knall erloschen, der aber in dem allgemeinen Il Krachen, Dreschen, Schre(en in allen Lautstürken unterging. Noch und noch Bine Birne wird unangenehm berührt. Die Helligkeit 11Bt um ein(ge Grade nach. Die Saaltüren sehen fliegende Menschen. Bel manchon hatten sich rote Blutäderchen geüffnet und rieselten.

            Kurz, sis bezogen schwere Sengel Das Mobil(ar hatte sich In seine Einzelte(le aufgelüst. Nichts war in seinen Fugen geblleben.

            Polizeiflltzer zwitschern heran. Man greift sich welche von uns und von ihnen. Freund und Feind bestelgen dieselben Wagon und werden zu "Alex", unserem alten Bekamten, gebracht...

            Am nächsten Tage schrieben die Ze(tungen von 60 - 80 Verletzten und ließen dementsprechende Schlachtberichte vom Stapel.

            Aber nach dieser Abfuhr hielten sis aine Ze(tlang Il

 

107 ABGEORDNETE

 

            Man schreibt sol schnell Jahreszahlen und spricht so leicht von Eriebnissen - in der Freude des Erfolges. Dam jades Jahr brachte uns, wenn wir rxumehr zurüdcbl(dcen, Fortschritte, die Stein um Stein zum Enderfolg fügten. Aber was disses jahrelange und zähe und jederzeit einsatzbereite Ringen für vigile an Opfer an Habe und Lebon, an Nerven und Gesundheit kostete, das Il in seinem ganzen Umfang und AusmaB mur der ermessen, der Jahr un Jahr in der vordersten Lin(e der nat(onalen Fre(he(tsarmee seine gante Kraft einsetzte.

 

            Stilles Heldentum, das mit keiner Druckzeile erwühnt wurde: jmge Menschen, die zeitlebens Krüppel bleiben müssen, Famlllen, die auseinanderfielen, weil die Heranwadhsenden anderen Zielen zustrebten, als sis die Vüter erreicht zu haben glaubten, Geschwister, für die es keine Brüdcen mehr zueinarxier gab, well die einen sich Adolf Hitler verschrieben hatten und die anderen einem leichteren Lebon, das nur dan Haute il

 

            Wer wefB, wieviele Trtinen von Müttern geweint wurdm um ihre Sühne und Ttichter, dorien das Vaterhaus verschlossen war, we(I s(e zu Deutschland standen? Welche tiberwindungen es einen )ungen und verwühnten Mann gekostet haben mag, auszuhalten in der freiwilllg gewahlten Il und Unterordnung? W(eviel Arbeitslosigkeit mit all ihren Folgen! Denn es gab Tausende von Unternehmern, die ihre Arbeiter und Angestellten oMe mit der Wimper zu zucken, auf die StraBe warfen, sobald bekannt wurde, daB or Nationalsozia(st war.

 

            Semester wurden versäumt, die nie mehr aufzuholen waren. il ich kenne il wo (m nàchsten Jahre der GehaltszuschuB wegfiel und der Sohn, der inzwischen mit selnem Vater ins Reine gecommen war, auf das Studium verzichten muBte. im Vorjahre, als or sich volt für die Bewegung einsetzte, waren die Vermügensverhältnisse noch gihstiger gewesen.

 

            Leibliche Not führt Menschen zueinander, aber erst seelische Not sel sis auf Gedeih und Verderb anelnander. Sle kämpfen dann wie mit eiserner Wehr. Nichts ist lhnen unerreichbar, nichts kann sie schredcen.

 

            Wir waren 1930 noch immer aine verlachte, wenn auch insgeheim schon gefürchtete, aber aine keineswegs überwültigende zahlenmäB(ge Gefolgschaft unseres Führers.

 

B(enenemsige Arbe(t; kleinste Kleinarbe(t, von Mann zu Mann, von

 

97

Frau zu Frau, von Wohrxung zu Wohnung, von Haus zu Haus, straBauf, straBnieder, treppauf, treppab, vom frühsten Morgen bis nach Mitternacht waren wir in der ersten Septemberhälfte auf dan Beinen, in der unbestimmten und doch beinahe in der Luft spürbaren Zuversicht, daB unsere Bewegung vor einem entscheidmen Wendepunkt stand.

            In dan Versammlungen, die sich Schlag auf Schlag in allen Bezirken GroB-Berllns folgten, war ein stimmungsmäB(ger Auftrieb, eine gespamte Erwartmg, eine verbissene Entschlossenheit und ein verhaltener Ingr(mm, dan wir S.A.-Iàmer, die wir in Hunderten von Versammlungen schon dan Saalschutz gestellt hatten, bis jetzt so deutlich noch nicht gespürt hatten. als der Wahltag gekommen, war es bel jedem von uns zur GewiBheit geworden, daB...Ja, das "was" komte eben auch keiner sagen!

            Allzu Kühne, die wir selbst für Phantasten hielten, die mit ihrer blühenden Einbildungskraft zwischen dan Wolken schwebten, t(ppten auf 60 - 62 Mandate. Andere schlossen Wetten auf um die Fünfzlg ab. Da hàtte auch ich zur Not noch mitgehalten, wenn ich nur Bine einz(ge Mark zuviel gehabt hüttel

            Fünfzig Abgeordnete? Oder: von 12 auf 60? Das war ja ein Sprung, der einen Weltrekord bedeuten würde!

            Dam flng der Rundfunk mit dam M1rchenerzählen an. Zuerst noch zaghaft. Vermutlich war dan Zählstellen die Spucke weggeblieben. AIlmählich st(egen die Ziffern auf 5 und 6 Stellen. Das war ja beüngstigend! Nun sollten wir mit einmal mit dam politischen groBen Einmaleins rechnen? Es wurde einem ordentlich bange dabel. Was war Wahrhe(t, was war Dichtung? Kam nicht in der nachsten Meldung vielleicht eine Berichtigung, nach der wir unsere Siegesfreude wleder einsargen komten?

100 Abgeordnebei

Einhundertl

            Also sctmn zralmal Fünfz(g! Oder machen die sich einen grausamen Scherz mit uns?

            Es wurdm 1071

            Und dabel blieb es.

            Wer kemt das stolze Gefühl, nach einem solchen Siege, dan man nach boston Kräften miterfechten half, am anderen Morgen, wem dan anderm noch ganz benommen zu Kopf Ist, durch die StraBen in Un(form zu gehen? Wem elnem Menschen entgegenkommen, deren leuchtende Augen verraten, daB sie gestern ihr Kreuz in dasselbe Feld gezeichnet hatten? Und wem man Leuten begegnet, deren gerIngschätziger Blick vor

 

98

 

ein(gen Tagen nun pltitzlich Bine seitliche Richtwg einschlägt?

 

            Und die Nachbarn und guten Freunde nun mit einmal, die "es ja lüngst gewu6t" haben woliten und von haute auf morgen so taten, als ob s(e dan Nat(onalsoz(alismus mit Ltiffeln geschiuckt hätten! Die "Septemberiinge", wie sie damais Dr. Goebbels getauft batbei

            Ein paar Tage waren die Germer wie vor dan Kopf geschlagen. Sehr wenig "Rot-Front"-Rufe, und auch das "Reidhsbamer" schien die Grundfesten seines Reiches wadceln zu sehen.

 

            Für uns war d(esem Siege der Angriff bis Iris feindliche Vorfeld vorgetragen. Das Ziel lag schon in erkemtlichen Umrissen nahe. Wann wir das letzte Grabenstüdc nermen würden, konnte nur noch aine Frage kurzer Zeit sein.

 

            Wir S.A.-Manner hatten uns dan Endkampf nie leicht gedacht. Aber dieser Erfolg stürkte uns das Rückgrat dock gewalt(g! Auch weil es ein Sieg war, der mit blaNcen Waffen und Mann für Mann, vom Führer bis zum letzten Pg., errungen worden warl

 

            Elne stattliche Anzahl von Volksgenossen hatten eingesehen, daB nur EINER das Schicksal Deutschlands, und damit ihr e(genes, wenden konnte: Adolf Hitlerl

 

            Aber auch dieser Wahls(eg konnte uns nicht darüber hinwegtäuschen, daB unter dan Millionen, die uns (hre Stimme gegeben hatten, noch viole waren, die mit Nationalsozialismus ihre kleinlichen Sonderinteressen verbanden. Die Vereinsmeierei der Deutschen, schossen in Jener Ze(t so üpp(g ins Kraut, daB die Stimmzettel beinahe ein kleiner Roman waren.

 

            So baba ich es mehrere Male erlebt, daB der angebiiche Wirtschaftsparteiler, der einen kleinm Laden besaB, in Wirklichkeit dam Führer seine Stimme gegeben patte. Wem aber von se mer Partes einer aufgestellt war, dan or persünlich Oder aus Erziihiungen se mer Freunde oder Verwandten kamte, oder wenn gar elner von seiner "Brangsche" die Liste zierte, so hieit or es für Ehrensäbel, diesem Manne sein Kreuz anzuhüngen.

 

            einmal sagte mir main Milchhändler, ein biederer Pommer, dan ich mit viel Schwe(B schon voll bekehrt zu haben glaubte: "Diesmal muB ich abat Herrn 'Sowieso' wählen. Das ist der Vorsitzende unseres Milchhändlerverbandes. Na, und wem der reinkommt, der kann dock was zut Verbesserung unserer Lage im Milchgewerbe tun!" Wmn die erhoffte Besserung ausblieb, dam wurde wieder NSDAP. gewiihlt. Daher das SchwaNcen der Stlmmziffern.

 

            Wenn man, wie ich, im Laufe der Jahre so oft bai der Zilhlung der

Stfmmzettel war, dam komte man, was diese Elgenbrtitlerei betraf, schon sein blaues Wunder erleben. In demselben Umschlag zu zwel verschiedenen Wahlen war häufig das Kreuz hanter zwei ganz extreme Parteien gemacht. So baba ich-Deutschnationale mit SPD. In trautem Verein, uns mit Zentrum zusammen, end die K. mit der SPD., also angeb1ich Fer end Wasser, beleinander gesehen.

            Auch an diesem unsicheren Kantonistentum gemessen (st der phantastische Anstieg unserer Bewegung aine Le(stung, die in der Geschichte als einmalig fortdauern wird.

 

"ANGRIFF" WIRD TAGESZEITUNG

 

            Hatten wir wieder einen Toten zu verzeicMen, dam schrieb sich aine gewisse Presse die Finger wund, um ihren Lesern klarzumachen, daB unser Kamerad nichts anders als ein ganz gewöhnlicher Verbrecher gewesen war. Die wirklichen Wtirder abat sollten die bedauernswerten Opfer sein.

            Dem damais gang ja das berüchtigte Wort um: "Nicht der Mtirder, der Ermordete ist schuldig!" Humanitstsduselei auf dam Kopfstand!

            Warin man dam in Z(vil vor dam Aushang einer Zeitungsfiliale die Urteile der Laser über einen Ileben Toten htirte, so krampften sich einem Harz end Hand zusammen über das AusmaB der Verg(ftung der belogenen Volksseele.

            Wie komte man ail d(ese irregeleiteten Volksgenossen aufk bran? Wie ihnen die Wahrheit be(bringen, damit sie slch aine andere Meinung über die bilden konnten, die immer häufiger für Deutschland in dan Tod gingen?

Es gab nur ein Mittel: aine e(gene Tageszeitung in Berlinl

            Der "Vtilk(sche Beobachter" kawaus München. Bis er hier in Berlin in die Hande der Laser gelangte, waren die lokalen Nachrlchten zum mindestm nicht mehr ganz neu. Dam war das Lügengift unserer Gagner bereits enter die Massen verspritzt end zeigte schon seine Wirkungen.

            Unser Berliner Organ "Dar Mgriff" erschien abat nur zweimal in der Woche. In unserer schnelleblgen Zelt, end da damais die Ereign(sse sich zu häufen begamen, war inzwischen das Geschehen schon beinahe vergessene VergangeNheit. Auch kornte ein Blatt, das rxur zwe(mal in der Woche herauskam, beim besten Willen nicht aller bringen end voir allem nlcMt so ausführlich schildern, di diesen Repti-

 

100

 

lien die G(ftzühne ausgebrochen wurden.

 

            Der Aufbau einer Tageszeftung abat würde Unsummen bentitigen. Woher das vigile Geld nehmen? Die S.A. batte dauernd Dienst end komte daher nicht in dam Mange zu Sammlungen eingesetzt werden, wie es für dan bedeutsamen Zweck erforderlich gewesen würe.

 

            Da rief Dr. Goebbels die Frauan auf end schloB sie zu einer festen Gemeinschaft zusammen.

            Unsere Frauen haben sich ihrer Manner end der. Aufgabe würdig gezeigt, die der Gauleiter an sie stellte. In wenigm Wochen erschien unsere eigene Tageszeltungl

            Natürlich muBte das Naziblatt bai jeder sich b.ietenden Gelegenheit verboten werden, um es so vielleicht wieder ganz mundtot machen zu ktinnen.

            Denn die Sprache dfeser Ze(tung war vom ersten Tage ab scharf end eindeutlg. Erbarmungslos r(B man dan Volksverführern die Maske von dan feisten Gesichtern.

            Wer kennt aus dieser Zeit nicht noch die Zeichrxangen, nach denen man immer zuerst sah, end die enter der überschrift: "So sieht er ausf" in gedrängter Folge erschienen? Manches von dan damaifgen GernegroBen wird sich hierbei vielleicht zum erstenmal richtig gesehen haben end zum Nachdenken über sich angeregt worden sein.

            Die satirischen end ironischen Leitart(kel, die schonungslos die MlssetKter end M(Bstände anprangerten, hahen sich manchem KngstIichen SpieBergemüt aine Günsehaut über dan Rücken laufen lassen. Ich bin überzeugt, daB vielle von (hnen nur deshalb abom (erten, weil sie sich ein biBchen gruslich machen wollten!

            Die pol(tischen Mordtaten nahmen in erschreckendem Umfang zu. Das Lesen ihrer Schilderung wird v(elm erst dan blutigen Ernst der Zeit in seinem volt m AusmaB vor Augan geführt haben, muBte sfe aufrütteln end sle langsam zu KKmpfern für die Idee Adolf Hitlers werden lassen.

 

            Dr. Goebbels schrieb, wie es aine Kempfernatur nicht anders komte, alles unerschrocken end unerbittlich n(eder, dan Black geradeaus auf dais groBe Ziel des Führers gerichtet, weder nach rechts noch nach links schielend. Verleumder end Schmeichier hatten bai ihm kein Glüdc. Die Bewegung voranzutragen war die Triebfeder Jades Wortes, das er schrieb. Wall wir "unserem Doktor" kamten, end weil wir wuBten, sein ganzes Sein lebt nur in dam Gedanken der Errettung Deutschlands, deshalb waren seine Artikel Wegwelse end Msporn. Es gab für uns nur ein bedingungsloses: Ihm nach!

            Nur so ist es erreicht worden, daB von dam Schlagwort tnserer Gagner: "Berlin bleibt rot!" ein Buchstabe nach dam anderen abbrtickelte, daB wir der SPD. und ihren Milchbrüdern, der Kommune, die Zähne beharrlich zeigten und aines verfirirten Volksgenossen nach dam anderen in tnsere Reihen herüberzogen.

            Das war das Geheimn(s, weshalb Berlin, die damais wohl stärkste Festung der Moskauer Fremdenlegion und der zweften Internationales, sturmre(f beramt wurde und schließlich fiel! Es bat unendlich viole Angriffe und Patrouillengefechte gekostet, bis der Sieg an unsere Fahnen geheftet war! Bis der Bannertrüger des Dritten Re(àhes, "unser Doktor", oben auf der Bastion stand!

            In )ene erste "Angriff"zeit fällt auch die Verlegung des Gauss in die Hedemamstra6e. Wollten s1e es friiher nicht verstehen, daB es 12 Zimmer sein muBten, damit aile Arbeit bewältigt werden konnte, so gingen sis Jetzt, und weil ich es manctmal erlebt baba, darf ich es so ausdrücken, mit stiller Ehrfurcht durch das noue Heim. Dem auch aus der Mange der Räume und der Emsigkeft, mit der hier gewirkt wurde, erkamten sis die R(esenschritte, die die Bewegung in sine hessere deutsche Zukunft tat.

            Nun trägt das eigene Haus in der VoBstraBe dan stolzen Namen: "Adolf-Hitler-Haus"! Für immer!

 

STENNES WILL PUTSCHEN

 

            Die Nationalsoz(alistische Deutsche Arbefterpartei stand in Berlin wie efn Foison aus Erz in der wilden Brandung der rotes Flut. Nichts konnte sis mehr erschüttern.

            Es war wohl auch dam Dümmstai klargeworden: die Gefolgschaft vertraute dam Führer in blinder Ergebenheit. Die Kerntruppe seiner S.A. gehorchte auf dan le(sestm Wink und zu jeder Minute des Tages und der Nacht. Gerade sfe ze(gte imner und immer wfeder, daB Not und Tod nur Begleiterscheinungm des Kampfes waren, daB Kampf abat sein muBte, rem Deutschland isbas solite.

            Dieser Glaube, wfe or tagtéiglich vor ihnen Blutzeugen erstehen ließ, komte die Gagner natürlich ailes andere abat als beruh igen. Dazu kam der Ehrgeiz einiger, die sich als Führer berufen glaubten, und die nus aines efgenen schmadchaften Brel zu kochen gedachten.

            Wer wei8, welche dunkien Kräfte ihnen dan Bart gestreichelt und das Rückgrat, wenn sfe je welches basasses battes, gestürkt babas

 

102

 

mochten?

 

            ich giaube, es war nur Neld, blasser Ne(d und vielleicht auch beleid(gte Mirxlerwertigkeitskomplexe, die disse Leute nlcht ruban I1eBen. Yrären sfe wirklich so groBe Kanonen gewesen, Soldates, die dan Marschalistab im Tornister trugen, dam lag es ja in ihrer Hand, und es gab viole Mdglichkeiten, nach oben zu kommen, sich auf der Le(ter der Würdigkeit, Stufe um Stufe, emporzuarbeiten.

            Aber Gewisse Herrschaften dachten es sich so efnfach wie Schön, in einem eigenen Laden nach Herzenslust schalten und walten zu ktinnen. Gerüchte wurden ausgestreut. Unwahrheiten wurden aster der Mange verbreitet. Aber immer so, daB man dan Züchter d(eser wilden Entes nicht fasses konnte.

            Ein aufrührerisches Wühlen in dan Reihen der S.A. begam . M allem wurde kein Butes Haar gelasses, alles wurde zu vermiesen versucht.

            Bis es zut offenm Revolte kami

 

            Bel jeder Sache gibt es Mitläufer, die ihre privaten Ylünsche und Hoffnungen babas. So ffelen auch bai dam Sternes-Putsch einige solcher schwankenden Robre ab. Es war gewiB um manches schade. Man

 

batte iM als ehrlichen Kämpfer kennengelernt. Aber Erwerbslosigkeit und andere sozialen N6te battes ihn mürde und reif gemacht für die goldenen Berge, die ihnm Menschen versprachen, dorien es lediglich darum zu tan war, ihr eigenes Schäfchm Iris Trockene zu bringen.

 

            Disse wenigen Tage waren bitterschwer für die Berliner Gauleitung. Nur dam eisernen Zupadcen "unseres Doktors" ist es zu daNcen, daB disse Auflemung gages dan Führer nicht weiter tm sich griff, daB der Aufruhr in so kurzer Zeit wieder in noch strafferer Disziplin endete.

 

            Die S.A. stand nus fester dam je. Sie gab dan Lauen, die immer aines AnstoBes bedürfen, ein vorbildliches Beispiei. Längst babas die Boston wieder zu uns heimgefunden. Wenigstens die, die in der ersten Verblendung und im ersten Impuls gehandelt battes. Bel nüchterner Betrachtung, und nachdem sis die wahren Beweggründe der Aufwiegier durchschaut battes, reihten sle sich wieder aster die Fahnen Adolf Hitlers ein. Man batte sich die ZKhne an einem Talmi-Edelstein ausgebissen.

 

            Es folgten nus bald die Tage, an denen die Bewegung vos Erfolg zu Erfolg emporstieg. N(emand dachte mehr an disse Menschen, auf die man damais so erbittert gewesen war.

 

            Zwel soicher Schläge batte die Berliner Gauleitung mit ganzer und zixher Kraft überstanden, und die Bewegung war nicht wesentlich

zurückgeworfen worden!

ein stolzer Ruhmestitel für "unseren Doktor"!

 

UNIFORMVERBOT

 

            Man batte ailes versucht, um die Bewegung zu spalten und (hre StoBkraft zu léihmen. Aber man batte das Fruchtlose seiner Bemiihungen einsehen "sen. Also muBten andere Mittel ersomen werden, um uns in die Knie zu zwingen und uns womdglich kirre zu machen. Vielleicht, da8 ein Uniformverbot zu dom erwünschten Ziele firirte?

            über Nacht war pltitzlich ailes staatsgefährlich, was an uns erinnerte. Auf braune Hemden, Hosen und Mützen wurden Schnitzeljagden veranstaltet. Ein Heer von Beamten muBte sich disse Mine machen: vor, in und nach Versamnlungen und in den angrenzenden StraBenabschnitten aile Passanten zu mustern, ob ja nicht noch etwas unter der üuBeren Hülle war, was die We(marer Schtipfung in Gefahr bringen konnte.

            Ha, da batte man einer Gesetzesverächter auch schon geschnapptl Der Kerl trug - man dente sich! sine braune Hosei Am Kanthaken gefaBt, und auf das Auto mit Ihm! Fahrtziel: Polizeiprüsid(um. Mit sadistischer Wollust zerrte man ihm disses Bekleidungsstück vom Leibe und nahm es in Polizefgewahrsam. Wie or dam in der Ha lbiertng nach Hause kam, war seine Sache! Die Republik war vor einem braunen Sprengkbrper gerettet, der Geplünderte mochte sich dom Spott se mer Ze(tgenossen aussetzen, dam(t itm für alle Zukunft die Lust an Braun verging!

            Wem man heute und unparteiisch disse marxistisch-spieBerische Verbltidung überdenkt, die man in einer Zeit slch austoben ließ, zu der "Ringvereine" und sonst(ge organislerte "Unterwelt" wie Pilze aus dom Berliner Asphalt schossen, wuchsen und wirkten, in der disse asozialen Elemente Festllchkelten veranstalten komten, die von "prominmtm" Verteid(gern und sogar von Kr(minal(sten besucht wurden, dem man glaubte don Teufel mit Beelzebub austreiben zu k'tinnen, wenn man schlieBlich zugeben muBte, daB man disses Gelichters nicht mehr Herr werden konnte und vielleicht auch gar nicht wollte, dam muB man sich über die Efsenstlrnigkeit wundern, mit der disse Herrschaften sich als die Lenker aines "geordneten Staatswesens" aufspielten. Zu solchen Don Quixoterien waren Beamtengehälter nicht zu schade!

 

104

 

            Jedenfalls aber bewies d(eser Braun-Koller, daB man bel sich einzusehen begam, daB wir nicht mehr ganz zu verbieten waren, daB man sich schon auf die Aust(igung des Schelns beschr2nkte, was unser Sein aber nur stärkte und festigte, wem es uns auch wieder eirniai überflüssigerweise Nerven kostete und das gute Geld, das der Steuerzahler dom Finanzamt ablieferte.

 

            Wir hatten uns an disses Treiben schnell gewühnt. In jenen Wochen sprach Adolf Hitler im Sportpalast. Ich grog auf der Potsdamer StraBe und gewahrte zwel Schupos, die einan jungen Mann in ihrer M(tte hatten und sich seine Hosen besahen. Aber anscheinend waren wir beiden Tschakoträger kurzsichtig oder farbenblind. Dmn sis trauten ihren Augen nicht, daG es heligrauer Stoff sein sollte.

 

            Also an die Laterne mit dom Verdächtlgen! Hier besahen sis sich das corpus delict( noch eirmal von allen Seiten, nah und ferrer, und 1(eBen dam ihren Fehlgriff laufen, don sis doch nicht so ohne welteres zugeben durften! Das hotte der Staatsautor(tüt einige Verzierugnen aus der Krone gebrochen!

 

            Marcher S.A.-Mann geriet allerdings durch das Uniformverbot in peinliche Verlegenhe(t. Er batte sich in letzten Jahren nur braune Sachen angeschafft, um für den kommenden Tag vollständig ausgerüstet zu sein. Und woher solite or sine ungefährliche "Schale" besdhaffen? Von den wenigen Stempelgroschen? Die Kameradschaft half auch aus solchen stoffiichen Ntiten.

 

            Braune Hosen und Hemden sah man jetzt 6ffentlich nicht mehr. Man trug, nach dom Beisplel der Pfälzer in der franztislschen Besetzungszeit, waiBe Hemden, wie sis )eder normale Mitteleuropäer auf dom Leibe bat. Wir dachten, nun ist ailes in Butter. Herz und Gesinrxng ausgenommen, war ja ailes hübsch neutrall

 

            In der Vorhalle des Sportpalastes werden wir einzeln gemustert und durchsttibert. Das batte für slch auch die beabsichtigte Wirkung, daB recht viol Platz versperrt wurde und Stodcungen und Drangele( entstanden, die manchem das Wiederkommen ver leiden würden, wie sle sicher hofften.

 

            Dal Man bat einige "Bährenstiefei" und ein paar Ledergamaschen entdedctl Leder in solchen Mengen, sollte da nicht ein feindl(dier Akt anzunehmen sein? Vieileicht ahnten die Herren schon, wfe jeder Tritt mit diesen Gehwerkzeugen inter morschen Staat zertrampeln sollta!

 

            "Losl Auszlehenl Oder schieunigst nach Hausel" barschten uns die Polizisten an. Die Gummiknüppel winkten freundllch an der Selte.

            Jetzt nach Hause, wo in einigen Minuten der Führer da sein komte?I Ausgeschlossenl

            Ein altes "Frontschwein" we(B sich in jeder Lebenslage zu helfen. Die Schuhe ausgezogen end enter dan Arm geklemmtl Auf Socken end barfuB in dan Sportpalast hinein! Man wollte end muBte doch lobe! seinl Der Fürier welB ja, wie sie uns plesacken. Was lag an solchen Kleinigkelten? Er wollte dan ganzen Kerll Bel solchem Terror mehr denn je.

            Als Adolf Hitler unsere Reihen abschre(tet end jedem, wie wir es von lhm gewohnt sind, in die Augen sieht, ernst end entschlossen, da steiften sich die Brücken hinüber end herüber, Brücken der Treue, die keine wirtschaftliche Not end kein behtirdlicher Hochdruck zu zersttiren vermochten, weil sie nicht zu brechen sindl

            Spüter kamen auch die Hemden an die Re(he. Dre( we(Be Hemden in einem Saale, das konnte doch nur Verschwtirung seinl Oder bezogen einige Herren Prozente von einer Absatzsteigerung in der Textilindustrie? Verrückter Gedanke dasl Es hieB ja: "Nieder mit dam Kapitalismus!"

            Die unglaublichstm Zusammenstellungen halfen das Uniformverbot Iächerlich zu machen. Einer kam im Cut an mit Flanellhose. Ein anderer trug zu einer gestreiften Abendhose sein buntes FuBballhemd. Ein dritter erschien im Smoking mit einem geknüpften Schal um dan Hals. Der vierte hatte überhaupt kein Hemd an end dan Kragen hochgeschlagen.

            Zelten waren das damais?I Der reinste politische Karneval, mit dam sich (hre Veranstalter unsterbllcher Lächerlichkeit preisgaben. Sorgen hatten die Leute am Steuerruder ihres Staatsschiffes?! Der Kurs war dann auch danachl

 

ÜBERFALL ROSINENSTRAGE

 

            Das Jahre 32 bescherte uns bekamtlich einen ziemlichen Wahlsegen.

Wahlen waren für die S.A. GroBkampfwochen. In dam Vieleriel der

Arbeit kam man manchmal tagelang buchstäblich nicht aus dan Klamot

tm . Bald hier, bald da, bald dorthin, bald hlerher. Immer in dan

Sielen, Immer auf der Hutl

            Wlr waren fünf S.A.-MÜmer, die regelmäBlg am frühen Morgan end in

der Nacht die Wotnung verließen, um zu werben, zu kleben oder auf Saalschutz zu ziehen.

 

 

            Fünf Paar faste Stlefel gingen dam die Trappe hinunter. Sollten wir vlelleicht auf Zehenspltzen, wfe die Sioux-Indigner aus der seligen Jugendzeft, zu Tal schleichen? AuBerdem steckten uns dock gant erkledcliche Kilometer, die man in Berlin heruntermacht, olxne daB man darauf achtet, in dan Knochen. Und weshalb stopfte sich unser überempfindllcher Hauswirt, der kein FuBfanterist zu sein brauchte, nicht blatte in die Ohren, wenn er ein so zartes Trommelfell batte?

 

            Deshalb glaubte er uns eins auswischen zu müssen! In jener Zeit wurden gerade die S.A.-Helme ser!enwe(se aufgeltist end die meist erwerbslosen Kameraden mitsamt dem Inventar, das grtiBtenteils oder fast ausschlleBlich von Partelgenossen oder Sympathisiererxien geschenkt worden war, auf die Stra(3e geworfen. Knall end Fall. Ohne Räumungsfristen.

 

            Erschefnen da auch bel uns Pol(zeibeamte, um auch unser Heim aufzuheben. WeiB der Teufel, was der Herr Hauswirt in seinen Rachegelüsten auf der Wache für Räuberhtihlen an die Wand gemalt batbei Doch die Beamten IleBen sich kurz end sachlich davon überzeugen, daB bai uns ailes in Ordnung ging, daB es aile ordnungsgemäB angemeldete "mëbllerte Z(mmerleute" warw , die wir beherbergten. Die an sich schon nicht kleine Nase des Nausherrn wurde bai diesem negativen Erfolg seiner Denunzlation noch lünger, gebogener end verschnupfter.

 

            Wer in Charlottenburg oder überhaupt im Berliner Westen S.A.-Mann war, wird die Gegend kennen, in der die RosinenstraBe Ilegt. Sie war ein Stückchen in dan Westen verpflanzter Wedding oder Friedrichshain. Allgemelnverstündlicher ausgedrückt: Bine kommunistische Hochburg.

 

            Hier sollten wir haute Propagandamaterial vertellen. Und wie das fast immer der Zufail so soilte, war auch die Kommune zu dam gleichen Zweck in der StraBe tütlg.

 

            Zuerst lassen wlr sie links liegen, abat natüriich nicht aus dam Auge. Die Jungs tin abat auffallend harmlos. Für so was batte man mit der Zeit elnen guten "Riecher" bekommen. Das waren gewühnlich vorgeschobene Posten, die dan wirklichen Zweck der übmg verschleiern soliten.

 

            Trotzdem wir auf der Hut waren, rüdct pltitzlich ein ganzer Trupp an, ailes Schlagetote, die uns oMe viel Federlesens enter Feuer nehmen. Wührend die Schttissse krachen end wir Deckung suchen, sehen wlr, daB w1r zahlenmii;Big in der Minderheit sind, daB es also Irrsinn

 

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gewesen wäre, ernstl(eh an W(derstand zu denken. Keiner von uns hat eine Waffe, die zur wirksamen Verteidigung ausgereicht hütte. Uns wir Hasen auf der TreibJagd erledigen zu lasser, verspürten wir keine Lest.

 

            Wir geben also Fersengeld. Schüsse jagen hanter uns her, klatschen auf Pflaster und Wande auf, und die ganze Meute (st uns auf den Sokken. Bis in unser Sturmlokal in der CauerstraBe dauert die Verfol-

 

gong an.

 

            Wir kümen uns ohne Schaden in Sicherheit bringen und haben uns noch nicht recht von dem Garenne verschnauft, da geht die Tür auf und Schupo tritt ein. Wir werden verhtirt und untersucht, da wir auf Kanmun(sten gefeuert htten. wie wir den Vorgang darstellten, war natürlich für die Katz. Auch die ergebnislos verlaufene Untersuctxng entiastete uns nicht.

 

            Wlr verlangten, da man keine Waffen bai uns gefunden hatte, die Verhaftung unserer Gagner. Was hatten wir damais schon zu veriangen! Wir Nat(onaisoz(al(sten, die wir nur warenl Der Tatbestand lag dock einwandfre(offen: es war geschossen worden, und das konnten eben nur Nazis getan haben.Damit bastal

 

            So muBte jeder Schritt in eine kommunistische Gegend mit dan Einsatzdes Lebens erk mpft werden. Hinter jedem Türschlitz, in den wir ein Flugblatt steckten, lauerten Schlagringe, Totschläger und SchieBprügel! Und in jedem Faile waren wir für die Polizei die Besitzer und Hanühaber dieser gefhrlichen Spielzeuge!

 

            Kein Engel war so rein wie die "pol(t(schen Kinder" Karlchen Severings, und voreingenommener war auch n(emand als die "Schutz"pol(zel, die auf "Severings Kinderwagen" me(st erst dann angezw(Isclert kamen, wem der Stechmückenschwarm sich langst verflüchtlgt batte.

 

ALARMBEREITSCHAFT

 

300 Tote batte die Bewegung schon für ein kommendes Deutschland

 

opfern müssen.

 

Tausende hatten mehr oder weniger schwere Verwunderungen erlitten.

 

Wie vigile waren zu Krüppeln geschlagen und geschossen?I Aber die

 

S.A. versah, nach wie vor, ihren selbstlosen und gefahrumlauerten

 

Dlenst.

 

Hatte aine Wahl uns etwas zurückgeworfen, dann ließ s(e den Kopf

 

nicht mutlos hüngen, sondern die ersten Worte, die man hürte, waren

 

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gewtihnlich: "Wir haben nicht genug gearbeiteti"

            Da wird be!splelswe(se nach einer Wahl die Tür aufger(ssen, ein S.A.-Mam stürmt mit einem "Sieg-Heil!" in das Zimmer. Bald erklingen auch die alter, Ifebgewordenen Lieder. Keiner IäBt dem anderen seine Enttüuschung anmerken, Jeder ist bemüht, eine frohe Miene zu zeigen. Vor allem dom Germer!

            Wir hatten zwar einen leichten Schlag in den Nacken bekommen, aber ungebeugt stand der Führer vor aller tiffentlichkeit und mahnte uns durch sein zuversichtliches Beispiel, we!terzuVciimpfen.

            "Alarmbereltschaftl" hieB es aines Augusttages des Jahres 32. .Wie ein Lauffeuer pflanzte sich der Befehi durch unsere,Reihm fort. War es soweit? Sollten wir marschieren? In den "Tag für Freiheit und für Brot"?

            Es dauerte beinahe einem Jedem zu lange, bis angetreten werden solite. Ich machte mich mit einem Studenten, der bai mir rohnte, zu meinem Sturmführer auf den Weg, um ihn zu bitter, den jungm Mann in die S.A. aufzunehmen. Er wolite mit dabei sein, wem es~losging.

            Hans Eberhard Ma(kowski betrachtet den Rekruten von oben bis untm. "Vèrbürgst du dich für IM?"

            "Volt und ganzt", antwortete ich.

            "Geht in Ordnung!", sagt "Maiko". Mehr wurde nicht gesprochen. "Rame" drückt seinem jüngsten S.A.-Mann die Hand, und wir gehen wieder heim.

            Am runden Tisch im EBzimmer sitzen die anderen Mieter und fiebern auf Nachrichten. Wir erlauben uns den Scherz, hereinzupreschen und zu rufen: "Schnell fert(g machen! Es geht los!"

            Aile springen wie erltist und greifen nach ihrm Sachen. Der hat schon den Schulterriemen um, der macht sich mit seinem Brotbeutel zu schaffen, und Jener scMallt das Knoppel singer.

            Nm müssen wir dementleren und zugeben, elnen der üblichen LandsknechtsspüBe verbrochen zu haben. Die Spielkarten werden gemischt. Keiner dachte daran, sich erst noch aufs Ohr zu hauen, dmn wir wollten mit Nasenlangen vor den arxieren am Platze sein.

            Das Sp(el (st noch nicht zu Ende, als die Flurglodce lüutet. De r Scharführer bringt den richtigen Befehl: "Sofort fertig machen!"

            Ein Rennen und Jagen durch aile Zimmer hebt an. Denn Decken, Proviant und Wüsche soliten mitgenomnen wecden. Jeder suchte in Elle seine Siebensachen zusammen. Adresser werden zurückgelassen. Geld und Yertsachen in Verwahrung gegeben. Aile bramten vor Ungeduld, aus dam Hause zu kommen. Es war wie 14.

Der Absch(ed war ernst, aber trotzdem frohgemut.

            Die st(Ile StraBe halite von den Tritten unserer schweren Stiefel w(der. Von alleu Seiten tauchten Braunhemden auf, die es genau so eilig hatten wie wir. Wir zi9hlen die Barbetrüge nach, die wir bol uns hatten. Es reichte noch fur ein Auto fur aile.

            Am Sartnnelplatz ist schon Hochbetrieb. Elne gehobene Stimmung verkürzt die Zeit des Wartens mit Neckereian und allerlei Vermutungen, die mit kräftigen Wftzen gewürzt wurden. Es patte ja Jeder so seine Lieblinge!

            Wir wurden auf sine lange Folterbank gespannt. Bas Wartm sch(en uns Ewigkeiten zu dauern. Warum marsch(erten wir nicht? Wir standen doch bereit!

            als wir dann am Morgen wieder heimkehren, sind wir aile verstimmt. Was war nun wieder dazw(schen gekomnen?

            Aber der Führer wuBte, was er tatl Wir hatten zu gehorchen! In bedingungsloser Treue!

            "Weggetreten!"

            Unser Tag sollte erst noch kommen!

 

HERBERT GATSCHKE

 

            Dampferfahrten sind dem Berliner das liebste Sommervergnügen. Weshalb soilte es der S.A. anders gehen? AuBerdem IüBt sich dabef so zwarglos das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Erholung und Propaganda!

            Wenn nun eine Relhe solcher Dampfer, in K(eilinie fahrend, mit den HakenkreuzfaMen geschmückt, durch die Havel glitten, so nahm ich mir häufig Muge, zu beobachten, welche Wirkung unsere Flotille auf die am Ufer stehenden Menschen ausübte. Da komte man dem schon aus den Gebürden erkemen, wie wir auch auf disse Art unsere Volksgenossen aufrütteltm und dazu brachten, sich Gedanken über unsere Bewegmg zu machen.

            Fuhr unser Dampfer unter efner Brücke hindurch, dam fing man wohl auch Zurufe auf, fur und wider uns. Aber ganz glefchgüit(g verhielt sich selten jenand, der unsere Fable im Winde flattern sah. Elne schtine Genugtuung war fur mich, daB ich glaubte die Beobachtung machen, zu ktinnen, wie die Sdirefer immer weniger wurden, und wie sich von Jahr zu Jahr mehr Hünde zum Gru<3 erhoben.

Auf einer solchen Somtags-Seefahrt auf der Havel ze(gte mir mein

 

 

Sturmkamerad Herbert Gatschke einen Drohbr(ef, den ihm die Kommme ins Haus geschickt batte, und der ihm den baldigen Tod aNcündigte. Am Schlusse disses gemeinen Schreibens stand: "Wir werden dich fertig machenl"

            Bas las sich so bestimmt, daB mich allefn schon der Gedanke an elne sotche hftiglichkeit wie ein Stich durchzudcte. Schan dieser entmenschte Zynismus ze(gte einen Tiefstand moralfscher Verrotxuig, wie IM nur disses seelenlose Gesindel offen an den Tag legen komte.

            Mir war so seltsam zumute, hier unter Menschen, die sich einem harmlosen Vergnügen hingaben, das, weil es nicht alitüglich war, von (bleu in vollen Zügen ausgekostet wurde. Ailes Kameraden, die einem durch gemeinsame Gefahren und dieselbe Weltanschauung ans Herz gewachsen waren. Und unter (bleu stand ein Junger Ehemam , der zu Hause sine Frau und drei kleine Kinder batte. Einer, der Not und Entbehrungen der Arbeitslosigkeit seit langem an sich erfahren batte, und der trotzdem seinem Führer und seinem Vaterlande treu gebileben war.

            Roch gerade dies war der Grund, weshalb man ihn "fertig machen" wollte, wenn er nicht ablieB vom Nationalsozial(smus. Mit keinem Atom seines Gedankens wäre ihm ein solcher Stritt mtiglich gewesen! Aber aach einschüchtern ließ er sich durch die Droixng nicht. Er ging wfe bisher zum Dienst und fard so in der Uniform don Tod, die er so stolz war, tragen zu dürfen.

            Es war einige Tage nach dieser Dampferfahrt, als er mir seine Todesahrxugen mit den Worten gestand: "Nun werde ich wohl an die Reihe kommen, dem sis verfoigen mich bol Jedem Schrittl" Aus dem Hinterhalt, als er mit Kameraden friedlich auf dem hleimwege war, wurde er als letzter in der Reihe erschosen. Das Gesindel hotte nicht eher geruht!

Er war "dran" und muBte weg! Warum gerade er? Aus welchem M faB?

            Sie hatten immer einen auf ihrer Mordliste, alle waren wir ihnen gleich verhaBt.

            Auch Herbert Gatschke bat sein Leben gelassen fur das, was (hm höher stand als Frau und Kinder, sein Vaterland! Ein Opfer mehr, aus dem diesem Pübel verdutzendfacht Rucher erstanden.

 

MEIN STURMFÜHRER MAIKOWSKI

 

als in der Nacht van 30. zum 31. Januar 1933 das nationale Deut-

schland frohgestlmmt dan Sieg nach )ahrelangem Kämpfen feierte, in dieser Nacht, in der n(emand datas dachte, zu Hause odes gar im Bette zu bleiben, als alle nur Leben end Auferstehung fühlten, in dieser Nacht der anbrechenden Frefheit fiel bereits der erste Blutzeuge des Dritten Reiches, main Sturmführer Hans Eberhard Mafkowski, unser "Rame", unser "Mafko".

            Wenn wir in dfesen Tagm in unserem Heim versammlt waren end sich die Tür auftat, dans war mir Jedesmal, als ob der Tote zu uns hereintreten mu<3te, mit kurzem Grufi, wie es seine zurückhalteMe Art war. Wir aile, die wir mit ihm überallhin zu marschieren bere(t gewesan waren, komten es nicht fasses, warum gerade or uns entr(ssen worden war. Wir waren aile nledergeschlagen, wie seiten, end überzeugt, da8 niemand die Lücke würde ausfüllen këmen, die sein Tod vbr unserer Front gäMen ließ.

            MuBten uns (orner die Boston genommen werden, damit 1hr Sterben uns für das Leben nur um so fester aneinanderschwe(Bte? DaB Jeder sich noch mehr einsetzte für unsere heflige Sache?

            Wir kümen ihnen nur in unseren Herzen ein Denkmal errichten end iMes nacheffern!

            Das Staatsbegrëbnis, das or erhfelt, war uns, die wir (M gekamt end geliebt battes, nur ein schwacher Trost. Er batte nur gelebt, um dm Augenblick erleben zu dürfen, seines Führer da zu sehen, wo or Stunden zuvor hingetreten war. An diesem Abend war auch Hanse Mafkowski restlos glücklich gewesen.

            Ich schrefte hanter seinem Sarge end denlce zurück an all die Kameraden, die wir sctwn zut Erde battes bringm müssen, die, wie or, ihr Junges Lien gelasses battes für die Idee Adolf Hitlers, für ein Auferstehen der deutschen Seele.

            Ich denke zurükl an unser erstes Zusammentreffen. Ich batte Bine andere Wohnung genomnen end wurde seinem Sturm 33 zugeteilt, dam Sturm, dan unsere Widersacher als "Mordsturm" durch Ihre Blätter zerrten end verzerrten. Ich war stolz darauf, daB es wieder etn Tradit(onssturm war, dam ich nus angehtirte.

            Aber unser Sturmführer "Maiko", wie or kurz enter uns genamt wurde, war nicht da. Er war "auf Wanderschaft", wefl or sich verborgen haltes muBte.

            Er war abat nur rii;unlich vos sefnem Sturm getremt. Dem im Gefste end in der Rode weflte or enter seinen Kameraden, und ich htirte immer wieder, wie alle an ihm hingen, wie aile die Stunde herbeisehnten, die IM uns wiedergeben würde.

 

            Eines abends stand or wieder enter uns. Er vereldigte mich mit eiriefn kräftigen hkindedrudc, end ich verbrachte dés Abend in semer Nähe. Jetzt komte ich verstehen, warum alle so an itm hlngen. Er war in allem, was or sagte, bestlmmt, klar end fest. Wenn "Hanse" da war, schwiegen auch die lautesten, end es wurde beinahe ernst In unseren Reihen.

Nicht, weil es selbstverstandlich ist, daB ein S.A.-Mam bllnd-

Ifngs sefnem Sturmführer gehorcht, nefs, weil man ihn verehrte end ihm am Ilebsten Jeden Dfenst vos dan Auges abgelesen hotte, war "Maiko" ein Sturmführer, hanter dam die Gefolgschaft durch d(dc end dihn marsch i art .

Unser Sturmführer, unser Kanierad, unser Freund, das war Hans Eber-

hard Maikowski geweseni

als auf dam Tempelhofer Feld enter dan Hunderten auch sein Name

aufgerufen wurde, antworteten Zehntausende mit "Hier!"

Dem auch Hans Eberhard Mafkowski kam niemals sterben. Er geht

immer selnem Sturm 33 votas!

 

30.JANVAR 1933

 

UNSER TAGI

            Wir babas IM mit tausenden Volksgenossen in Berlin erleben dtirfen. Unser Ringen end Opfern wurde belohnt. Unser Ziel war Wirkllchkeit geworden. Unser Führer ist Relchskanzlerl

            Die letzten Tage battes stündig Nachrichten umschwlrren lasses, die meist sehr bald wlderrufen wurden. So htirte man auch haute wieder alleriei Gerüchte - end wahl auch "Latrinenparolen". - wie man deriei Entes im Felde namte -, otne ihnen vollen Glauben zu schenken. Von dam Kameraden wolite dieser das, Jener etwas anderes wissen. Doch war bai diesen Rederefen offensichtlich mefst der Wmsch der Vater des Gedankens.

            Aus dam Lautsprecher quillt mit einmal aine, es war nicht anders, gewltterschwüle Stalle. Man spürte deutlich, daB etwas Entscheidendes zwischen dan Antennes bang.

            Wleder efn Dementi? Sekundenlang lag aine Iähmende Spannung über dam Raum. Man war versucht, in dan Apparat hineinzuschreien: "Heraus mit der Wahrheltl"

            "Adolf Hitler ist zum Reichskanzler ernannt!"

            Endlich!

            Das übermaB von Freude, das wie ein helBer Sturzbach über mich kam, IIeS mich lange Mlnuten in Andacht schweigen. Jahre drängten sich in diesen Minuten zusammen. Namen traten vor mich hin. Ich sehe die Strahlenkrone des Heldentums sich verklärend um die Kbpfe ranken.

            "Sieg Helll" gefallene Kameradenl

            Ihr habt (hn mit dem Hëchsten, was (hr geben konntet, erkimpfen helfen!

            Dann kehren die Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Wie würde nun alles in Deutschland werden?

            Auf der StraBe kommt mir ein Kamerad mit unserer Fahne entgegen. "Mensch, wel8t du noch nicht, daS heute abend Fackelzug lst?!!"

            Woher sollte ich das wissen? Heute ging ja ailes wie (m Wirbelwind. Es wehte wie Frühllngsfühn durch die StraSen und über den Menschen.

            DaB die Stunde auch 60 Minuten haben muBl Den ganzen Nachmittag schon war auf der Charlottenburger Chaussee im Tiergarten wogendes und drängendes Auf und Ab. Wen litt es zu Hause, wenn eine neue Zeit zun Lichte der Geschichte aufstrebte? Und wer wolite es nicht Immer und (mmer wieder bestät(gt haben, daB der Führer (m GroBen Kriege dem unbekamten Gefrelten aus den Schützengrüben die Hand zum Marsch in elne bessere deutsche Zukunft gerelcht batbei

            Es war ein Jubeln und Singer in allen StraBen, durch die ich kam, als ob von Millionen ein drückender Alb gewichen sel. Am stärksten aber war die Bege(sterung in der WilhelmstraBe zusammengebalit und vor dm Hotel "Kaiserhof", wo der Führer wotnte.

            Kopf an Kopf, eine lebende Mauer!

            Was wollten die Tausende, die hier zusammengestrdmt waren, woher kamen sie mit elnmal? In den letzten Monaten waren doch mehrere Relchskanzler und Regierungen ernannt worden!

            In d(eser Zeit hatte mich mein Weg fast tägllch hier vorbeigeführt. Aber nie hatte Ich ein paar Menschen mehr als sonst gesehen.

            Und nun war ein ganzes Volk nach hier aufgebrochenl Wer batte dieses Wunder bewirkt?

            Dann war der Aband da. Die "schwarzen Husaren" und die braunen Kolonnen Adolf Hitlers, der Stahlhelm und andere nationale Verbande marschierten im Fackelschein wie (m Frührot eines neuen Tages, durch das Brandenburger Tor! In endios langem Zuge.

            Hier waren wlr schon oft durclmarschiert. Aber pur (m Geiste. Und nun wehten die belden Fahnen des altan und des neuen Deutschlands

 

van der Hühe des historischen Tr(umphbogens! Man wolite es noch imper für einen schünen Traum halten!

 

            Die Menge der Volksgenossen stand trou der harten KäIte zu be(den Seiten unserer ArmarschstraBe wie festgemauert und jubelte uns fKtxr chenschwenkend zu.

 

            Wlr biegen in die W(IhelmstraBe ein. W(e elnem jeden von uns das Herz htiher schlug! Wir alter Frontsoldaten sollten den Feldmarschali, der uns in unzähl(gen Schlachten geführt batte, der ms stets ein Vorbild soldat(scher Pflichterfüllung geblieben war, grüBen dürfen als den Heros, der durch drel Schicksalsreiche Menschenalter gegangen war und rxun auch, den Redcen der german(schen Heldensage vergleichbar, mit Lms in das Dr(tte Reich einzogi

 

            Die Arme zum GruB empor. In dom Fenster steht der greise Marschall. Seine mKChtlge Gestalt hebt sich überwaltigend grog und ehrfurchtgabietend aus dom Lichtschein heraus. Er grüBt und winkt uns zu.

 

Ein unvergeBlicher Augenbl(ck!

 

            Einige Schritte weiter, in dem Fenster des ersten Stockes, wartet mein Firirer auf uns, "unser Hitler". Ein Leuchten (st in sefnen Augen, das sehen wir deutlich. Mit erhobener Hand blidct er auf seine Braunhemden herab. Es i-st, als wolle er sie segnen für das Vergangene und was die Zukunft noch bringen mochte. Seine Palladine Gtiring und Dr. Fridc flank(eren iM .

 

            Das war der Augenblick, der unserem Kampfe die Krone aufsetzbei

 

            Wir marsch(eren vorbei und treten dann zur Seite, um iM noch Bine We(le sehen zu ktinnen. Er wird nicht mile, aller Volksgenossen in Uniform und Ziv(i, die bis tief in die Nacht hineln an ihm vorüberziehen, mit seinem GruB für den Beweis ihres Vertrauens, der diese Kundgebung sein solite, zu daNcen.

 

            Frost und Külte ktinnen den Tausenden nichts anhaben. Sie halten ats und jubeln in (murer wieder aufwallender Begeisterung. Sie hatten zusammen am Aufbau gearbeitet und wollten nun auch gemeinsam den neuen Tag hereinholen helfen.

 

            In dem überschwang unserer Gefühie, der heute nicht fehl am Platz war, hatten wir lange nicht darauf geachtet, daB einer fehlte, den wir sonst in unserer Mltte zu sehen gewohnt waren, in Gefahr und bel frohen M lüssen, und der gerade hier in Berlin einer Lüwenantell an dem errungenen Siege batte, "unseren" Dr. Goebbels.

 

            Wir r(efen im lawinenart(g anschwellenden Sprechchor seinen Namen durch die fadceldurchflirrte Nacht nach dem Fenster hinauf, bis auch

er uns seine Fraude sagte, diesen Tag erleben zu dürfen.

 

            W(e spot mochte es inzwischen geworden sein? Auch as, haute schlug uns keine Stunde! Aber der Morgen war nicht mehr alizu fern, als wir glüdclich und zufrieden, wie sait langem nicht mehr, nach Hause gingen, einem neuen deutschen Morgen entgegen, in dam aller Leid und aile Schmach der vergangenen Ze(t ihr Ends finden mu6ten.

 

            Wie wir durch dan dämmmrigen Tiergarten marschierten, singt irgendwo ein kleiner Trupp die wehe Weise:

 

°Ich hatt einen Kameraden..."

 

            Mit gedämpften Stimmen nefynen wir das Lied vom guten Kameraden auf...

 

Nicht von einem, nicht von diesem oder jenem guten Kameraden.

 

            Von aller guten.Kameraden, die an aller Fronten des Gro6en Krieges und in aller Kampfabschnitten der nationalen Erhebung in dam unerschütterlichen Giauben ihr Leten einsetzten und Ile6en:

 

DEUTSCHLAND MUß EWIG SEIN!